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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Promis; Proschko; Protoptĕrus; Protozoen

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Promis - Protozoen.

Promis, Carlo, ital. Historiker und Archäolog, geb. 18. Febr. 1808 zu Turin, erwarb 1828 das Diplom als Architekt und begab sich sodann nach Rom, um hier und später in Florenz bis 1837 archäologische Studien zu betreiben. 1839 schuf König Karl Albert von Sardinien für ihn das Amt eines königlichen Archäologen, 1842 wurde er Mitglied der Turiner Akademie, 1843 Professor der Baukunst an der Universität Turin. Er starb 20. Mai 1872. P. schrieb unter anderm: »Antichità di Luni e d'Alba fucense« (1836), »Archeologia architettonica«, »Antichità d'Aosta« (1862), »Storia di Torino antica« (1869). 1848 und 1849 redigierte er mit dem Grafen Baudi di Vesme die Zeitung »La Nazione« und verfaßte im speziellen Auftrag und unter Leitung des Königs Karl Albert das urkundliche Geschichtswerk »Guerre dell' indipendenza d'Italia nel 1848 per un ufficiale piemontese«. - Sein älterer Bruder, Domenico, geb. 1804, gest. 6. Febr. 1874 als Bibliothekar in Turin, hat sich durch tüchtige Arbeiten über Münz- und Siegelkunde einen Namen gemacht.

Proschko, Franz Isidor, österreich. Romanschriftsteller (s. Bd. 17), starb 6. Febr. 1891 in Wien.

Protoptĕrus, s. Fische, S. 286.

Protozoen. Bütschlis große Monographie der Urtiere teilt dieselben in vier Klassen: Sarkodetierchen (Sarcodina), Sporentierchen (Sporozoa), Geißeltierchen (Mastigophora) und Aufgußtierchen (Infusoria). Die Sarkodetierchen entsprechen ungefähr der frühern Abteilung der Rhizopoden und zerfallen in die Ordnungen der Strahlentierchen oder Strahlinge (Radiolaria), Sonnentierchen (Heliozoa) und Wurzelfüßer (Rhizopoda). Von diesen Ordnungen haben die Strahlinge den größten Zuwachs an neuen Arten erfahren, indem durch Häckels Monographie über die auf der Expedition des Challenger gesammelten Radiolarien die Zahl derselben von 810 auf 4318 gestiegen ist, die sich insgesamt auf 739 Gattungen verteilen; auch von den Wurzelfüßern sind zahlreiche neue Arten beschrieben worden. Die überwiegende Mehrzahl der Sarkodetierchen besitzt ein Gehäuse, sei es aus chitiniger Masse, oder aus kohlensaurem Kalk, oder aus Kieselsäure, oder aus agglutinierenden Fremdkörpern. Das Baumaterial, aus welchem bei den einzelnen großen Abteilungen der Sarkodetierchen das Skelett aufgebaut wird, ist von großem Einfluß auf die Wahl des Formtypus des Gehäuses und auf das weitere Wachstum desselben. Am gröbsten und einfachsten konstruiert sind die Gehäuse aus Fremdkörpern, von größerer Festigkeit sind die Gehäuse aus kohlensaurem Kalk, und die bedeutendste Festigkeit bei größter Mannigfaltigkeit und Zierlichkeit der Form zeigen die Kieselskelette der Strahlinge, die an die kühnen, luftigen Eisenkonstruktionen menschlicher Bauwerke erinnern. Eine weitere Ursache für die verschiedenen Formtypen des Skeletts der Sarkodetierchen liegt in der verschiedenen Lebensweise dieser Urtiere. Frei schwimmenden, im Wasser rotierenden Formen kommt Kugelgestalt zu, die Pseudopodien treten nach allen Seiten gleichmäßig aus, und ebenso ist die kugelige Schale gleichmäßig von gleichwertigen Löchern durchbohrt (perforater Formtypus). Bei Tieren dagegen, welche beim Schwimmen oder Kriechen eine bestimmte, senkrecht stehende Hauptachse besitzen, sind nicht alle Pseudopodien, die austreten, gleichwertig, sondern eine größere Anzahl tritt gemeinschaftlich aus einer größern Öffnung der Zentralkapsel, dem Oskulum, aus, welchem eine größere Öffnung in der Schale, das Pylom, entspricht (pylomatischer Formtypus). Wird beim Kriechen eine bestimmte Richtung festgehalten, so entsteht der eudipleure (bilaterale) Typus, dessen erste Andeutung in einer Biegung des das Pylom tragenden, röhrenförmigen Halses besteht. Die Art und Weise des weitern Wachstums ist entweder konzentrisch oder terminal; ersteres findet sich nur bei den Kieselskeletten der Strahlinge, während bei dem terminalen Wachstum der gehäusebesitzenden Wurzelfüßer die Kammern aneinandergesetzt, zugleich aber häufig spiralig eingerollt werden, wobei sie denselben Windungsgesetzen folgen wie die Molluskenschalen. Die Skelettsubstanz wird bei der Mehrzahl der Sarkodetierchen von dem Protoplasma ausgeschieden; bei denjenigen Formen, welche, wie die Süßwassergattung Difflugia, ihr Gehäuse aus Fremdkörpern bauen, erfolgt die Aufnahme des Baumaterials durch Reflexvorgänge; sobald eine Reizung der ausgestreckten Pseudopodien des herumkriechenden Tieres erfolgt, werden jene höckerig und runzelig, so daß Sandkörnchen u. dgl. hängen bleiben, welche dann in das Innere des Tieres, das Entoderm, aufgenommen werden; erst nachträglich wird dieses Material dann wieder auf der Oberfläche zum Bau einer Schale zur Ablagerung gebracht. Die Fähigkeit, Verletzungen der Schale zu ersetzen und ebenso, sich aus Teilstücken zu regenerieren, fehlt den einschaligen Sarkodetierchen und kommt nur den mehrschaligen zu, hängt aber hier von der Anwesenheit des Kernes ab, welchem demnach eine bedeutsame Rolle bei der Sekretion zufällt. Von den Sarkodetierchen sind die Radiolarien ausschließlich marin, die Sonnentierchen leben vorzugsweise im Süßwasser, die Wurzelfüßer teils im Meere, teils im Süßwasser; sie sind allermeist freilebend, nur die unbeschalten Amöben finden sich auch als Parasiten im Darme höherer Tiere und des Menschen; ob sie hier als Krankheitserreger wirken können, ist noch unentschieden; bei Vorhandensein von Darmkatarrh und geschwürigen Prozessen im Darme jedoch können sie die Krankheit steigern und die Heilung verhindern.

Zu der zweiten Klasse der P., den Sporozoen, gehören die Ordnungen der Gregarinen, der Coccidien oder eiförmigen Psorospermien, der Myxopsoridia oder Fischpsorospermien und der Sarcopsoridia oder parasitischen Schläuche. Die Morphologie und Biologie dieser merkwürdigen Lebewesen ist noch wenig bekannt; die Entwickelung scheint meist in einer Reihe aufeinander folgender und sehr verschieden gestalteter Stadien zu verlaufen, zwischen welchen Ruhezustände, Encystierungen, liegen. Sie sind durchweg Parasiten höherer Tiere, besonders der Säugetiere und des Menschen, halten sich entweder in den Körperhohlräumen (Darm, Leibeshöhle) oder in den Geweben ihrer Wirte auf und dringen in letzterm Falle in das Innere der Zellen selbst ein, sogar in die Blutkörperchen. Neuere Untersuchungen lassen in ihnen sehr gefährliche Parasiten vermuten, denn es scheint, daß die Entstehung von Malaria, Febris recurrens und ähnlicher Krankheiten auf derartige Formen zurückzuführen ist. Bekannt sind sie als die Ursachen zweier gefährlicher Vogelkrankheiten, des ansteckenden Epitheliums der Hühner und Tauben und der Flagellatendiphtherie der Vögel. Im erstern Falle ist es eine eigentümliche Hauterkrankung, die als warzenartiger, äußerst ansteckender Hautausschlag auftritt, der Parasit findet sich im Innern der Epithelzellen und erscheint als einfach geformtes, rundliches Gebilde. Die zweiterwähnte Krankheit charakterisiert sich als diphtheritische Entzündung der Schleimhäute, die häufig auch auf tiefere Teile, selbst Knochen und Knorpel, übergreift und meist zum Tod