Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schwedische Litteratur

848

Schwedische Litteratur (wissenschaftliche).

behandeln die Aufklärungszeit und die Romantik in Schweden. Außerdem hat er eine andre umfassende Arbeit: »Svenska Akademiens historia«, herausgegeben, die zum 100jährigen Jubiläum desselben erschien und ihre Geschichte in diesem Zeitraum schilderte. Von Henrik Schücks »Svensk literatur-historia« ist nun der erste Band vollendet. Das Werk beabsichtigt in einem enger begrenzten Umfang eine Übersicht über die s. L. von den ältesten Zeiten bis heute zu geben, und der erste Band behandelt den Stoff bis zur Reformationszeit mit Einschluß derselben. Verschiedene Litteraturperioden, die bisher in hohem Grade von der Litteratur vernachlässigt waren, z. B. das Mittelalter, sind hier zu ihrem vollen Rechte gekommen. Auf mehreren Gebieten ist der Verfasser der erste, der die Quellen gründlich durchgearbeitet hat. Die Arbeit ist im höchsten Grade verdienstvoll, und nicht zum wenigsten dadurch, daß sie mehr, als es bis dahin geschehen, die s. L. in Zusammenhang mit den Strömungen in den andern Kulturländern Europas darstellt und sich nicht auf die schöne Litteratur im engern Sinne beschränkt. Einige glänzende Monographien (»Olof von Dalin«, 1884; »Anna Maria Lenngren«, 1887, und »Bengt Lidner«, 1889) wurden von Karl Varburg herausgegeben, und Oskar Levertin hat dem »Teater och drama under Gustaf III« (1889) eine feine Behandlung zu teil werden lassen. Außerdem haben litterarhistorische Schriften A. U. Bååth, Cecilia Holmberg, geb. Bååth, Birger Schöldström, C. R. Nyblom, Th. Hagberg u. a., kleinere kunsthistorische Arbeiten Ludvig Looström, Georg Göthe, Karl Varburg u. a. herausgegeben.

Von der »Allmän Kulturhistoria« von Anton Nyström, der ersten Arbeit dieser Art von einem schwedischen Autor, sind in dieser Periode vier Teile erschienen. Obgleich das Werk in geringerm Grade auf eignen Forschungen beruht und, in Comtes Geist geschrieben, nicht ganz ohne Einseitigkeit ist, hat es doch im ganzen genommen große Verdienste. Auf dem Gebiete der schwedischen Kulturgeschichte wurde von mehreren Kräften mit Erfolg gearbeitet. In der Archäologie standen die Schweden immer in erster Reihe, und die alten Traditionen wurden in rühmenswerter Weise aufrecht erhalten, namentlich von Hans Hildebrand und Oskar Montelius. Des letztern Arbeit »Om tidsbestämningen inom bronsåldern« (1885) dürfte auf ihrem Gebiet epochemachend sein, indem der Verfasser nicht allein genau und wie es scheint unumstößlich die Zeitgrenzen für das nordische Bronzealter bestimmt, sondern auch sechs verschiedene Perioden innerhalb desselben feststellt und charakterisiert. Seine Beweisführung begründet der Verfasser namentlich auf typologische Forschungen, Zusammenstellungen und Vergleiche mit Bronzezeitaltersfunden im übrigen Europa, besonders Italien und Griechenland, und mittelbar durch sie mit phönikischen und ägyptischen Altertümern. Hans Hildebrand hat eine außerordentlich umfassende und großartig angelegte Arbeit über »Sveriges Medeltid« begonnen, welche die Kultur des Mittelalters nach allen ihren verschiedenen Seiten schildert und sich durch die gründlichste und ausgedehnteste Forschung und die vielseitigste Gelehrsamkeit auszeichnet. Zu den kulturhistorischen Arbeiten gehört auch das »Nordiskt forntidslif« (1890) von A. U. Bååth, worin nach den isländischen Sagen in malerischer, fast dramatischer Form das Leben in Island zur Sagenzeit geschildert wird.

Im übrigen haben fleißige Arbeiten auf dem Gebiete der schwedischen Geschichte neues Terrain entdeckt. Das große illustrierte Werk: »Sveriges historia från älsta tid till våra dagar«, das 1877 begonnen wurde, kam 1881 zum Abschluß. Es ist in seinen sechs Teilen von verschiedenen Verfassern (I. O. Montelius, II. H. Hildebrand, III. O. Alin, IV. Martin Weibull, M. Höjer u. a., V. Rudolf Tengberg und L. Boethius, VI. T. Save) bearbeitet, von denen jeder ein Spezialist für die Zeit ist, die er geschildert hat. Wenn eine Abteilung sich vor den andern auszeichnet, so ist es Martin Weibulls Schilderung von Gustav II. Adolf, welche auf der Höhe der Geschichtschreibung steht. Derselbe Autor hat in der »Historisk Tidskrift« mit »Mémoires de Chanut« eine Serie kritischer Untersuchungen der Quellen zur Geschichte der Königin Christine begonnen, welche ihre Persönlichkeit für die Nachwelt in ein andres und besseres Licht stellen, als in dem sie bis jetzt gestanden. Von F. Carlsons großem und berühmtem Werke »Sveriges historia under konungarne af pfalziska huset« ist 1885 der siebente Teil erschienen, welcher den Anfang von Karls XII. Regierung schildert, G. E. Axelson hat »Bidrag till kännedomen om Sveriges tillstånd på Karl XII's tid« (1888) herausgegeben, und beide Arbeiten sind dazu angethan, die Bewunderung, welche Schweden lange genug seinem Nationalhelden gezollt, etwas zu moderieren. Eine historische Arbeit ersten Ranges ist des Reichsarchivars C. T. Odhners »Sveriges politiska historia under Gustav III's tid«, von der 1885 der erste Teil erschienen, ein Werk von gediegenster Forschung und der sachlichsten, klarsten und konzisesten Form. Gustav Mauritz Armfeldt, Gustavs III. Günstling, wurde nach seinen eignen Briefen und Denkwürdigkeiten von Elof Tegnér geschildert, der auch Trolle Wachtmeisters »Anteckningar och minnen« herausgegeben und damit wichtige Beiträge zu Schwedens Geschichte in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts geliefert hat. Verdienstvolle Arbeiten im Fach der Geschichte, Statistik und Biographie haben außerdem geliefert: V. E. Svedelius, C. G. Malmström, O. Alin, S. Boethius, H. Hjärne, H. Wieselgren, N. Höjer, J. ^[Julius] Centervall, W. Berg, E. P. Fahlbeck, C. Björlin u. a. Die schwedische Kirchengeschichte hat in zwei Bänden C. A. Cornelius behandelt. Eine Arbeit auf dem Gebiete der Mythologie ist wohl geeignet, die größte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wenn auch die meisten Mythologen sich ihren Resultaten gegenüber zweifelnd verhalten, nämlich Victor Rydbergs »Undersökningar i germansk Mytologie«. Mit großer Gelehrsamkeit, durchdringendem Scharfsinn u. lebendiger Phantasie hat er sich bemüht, die verschiedenen und weit auseinander gehenden Angaben betreffs des ältesten germanischen Götterglaubens, welche bei dem Römer Tacitus, dem Dänen Saxo, indem angelsächsischen Beowulfslied, in den isländischen Eddas, bei den isländischen Dichtern und anderwärts vorkommen, zusammenzustellen, in Einklang zu bringen und mittels eines Identifizierungssystems von Namen und Persönlichkeiten eine großartige Einheit und Ganzheit, eine erhabene urgermanische Kosmogonie, Götter- und Heldensage herauszufinden (manche werden sagen: zu schaffen). Diese soll ausschließlich ein Werk des germanischen Stammes sein, im Gegensatz zu dem, was der Norweger Bugge und mehrere deutsche Mythologen zu beweisen gesucht: das Stammland der Germanen soll das südliche Skandinavien sein. In populärer Form hat der Verfasser diese Götter- und Heldensage in »Fädernas gudasaga« behandelt.