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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Seismit-Doda; Selbstreinigung

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Seismit-Doda - Selbstreinigung.

S. (Fig. 7, S. 853) besteht aus dem von Rotguß oder schmiedbarem Eisenguß hergestellten Körper a, welcher in seiner Längenrichtung ausgebohrt ist. Der untere Teil dieser Ausbohrung ist mit einem Gewinde für eine gehärtete Stahlschraube c versehen, während der obere Teil zur Aufnahme der beiden Zweige s und s_{1} der Seilschlinge dient, welche in zwei schräge seitliche Öffnungen eintreten. Die Befestigung wird dadurch gebildet, daß man die Seilzweige s und s_{1} durch einen Druckkonus b mittels der Schraube c in den Körper a gegen die innern Wandungen preßt. Die Handhabung des Strohdachschen Seilschlosses geschieht folgendermaßen: Man steckt das eine Ende des festzuklammernden Drahtseils von oben durch eine der schrägen Öffnungen hindurch und zieht es durch die andre schräge Öffnung wieder zurück. Hierauf wird der Keil b von untenher durch das Schraubenloch eingeführt und mittels der Schraube angepreßt.

Seismit-Doda, Federico, ital. Staatsmann, geb. 1825 zu Ragusa, verbrachte seine erste Jugend in Venedig und studierte die Rechte in Padua, wo er sich lebhaft mit Poesie und Litteratur beschäftigte Ende 1847 wurde er mit andern Studenten verhaftet und in Triest interniert, entkam aber nach dem Ausbruch der venezianischen Revolution von 1848 und beteiligte sich an den Kämpfen von Vicenza und Treviso. 1849 redigierte er eine Zeitung in Florenz, ging dann zur Zeit der Republik nach Rom, flüchtete nach deren Besiegung nach Griechenland und später nach Piemont. In Turin veröffentlichte er: »I volontarii italiani«, »Romanzi dell' esilio« und war seit 1857 Generalagent einer großen Versicherungsanstalt. 1865 wurde er für Comacchio in die italienische Deputiertenkammer gewählt, in welcher er der Partei der Linken angehörte und sich hauptsächlich mit Finanzfragen beschäftigte; seit 1882 vertritt er den ersten Wahlkreis von Udine. 1876 wurde S. im ersten Kabinett Depretis zum Generalsekretär im Finanzministerium ernannt, legte aber dies Amt im November 1877 beim Austritt Zanardellis aus dem Ministerium nieder. Unter Cairoli war er vom März bis Dezember 1878 Finanzminister und entwarf einen Plan zur Abschaffung der Mahlsteuer. Im März 1889 wurde er unter Crispi abermals zum Finanzminister ernannt, mußte aber im September 1890 seine Entlassung nehmen, nachdem er auf einem Bankett zu Udine taktlose irredentistische Anreden ohne Widerspruch entgegengenommen hatte.

Selbstreinigung, Vorgänge in der Natur, durch welche Boden und Gewässer von verunreinigenden Beimengungen befreit werden. Selbstverständlich ist bei der Betrachtung dieser Vorgänge von teleologischer Anschauungsweise durchaus Abstand zu nehmen. Wenn die dicht unterhalb Paris enorm verunreinigte Seine bereits bei Meulan die fremden Beimischungen weder durch das Auge noch selbst durch chemische Untersuchungen mehr erkennen läßt, wenn die mit Elberfelder Fabrikwässern überladene Wupper schon nach einem Laufe von 2 Meilen so rein ist, daß ihr Wasser zur Türkischrotfärberei benutzt werden kann, so sind diese Vorgänge auf dem Boden rein mechanischer Anschauungsweise verständlich zu machen. Spülicht, Stadtlauge (der Inhalt der Kanäle und Röhren bei Schwemmkanalisation) etc. in hohen Gläsern sich selbst überlassen, erfährt eine Klärung durch Absinken der suspendierten Stoffe, außerdem aber unterliegen gelöste Stoffe einer Oxydation, wobei organische Substanz in Kohlensäure, Wasser und Ammoniak verwandelt, letzteres aber zu salpetriger und Salpetersäure oxydiert wird. Sämtlicher Stickstoff des Ammoniaks wird auf diese Weise in Salpetersäure übergeführt, ob aber salpetrige Säure nur in minimalen Mengen beobachtet wird oder sich als Zwischenstufe länger hält, hängt von Nebenumständen ab. Störungen dieses Prozesses in zweierlei Richtung kommen in der Natur dadurch zu stande, daß im Wasser lebende Pflanzen Ammoniaksalze aufnehmen, so daß das Wasser schließlich weniger Salpetersäure enthält, als es enthalten sollte, und daß anderseits eine reiche Algenvegetation im Wasser bei ihrem Absterben die Menge der organischen Substanz vermehrt. Aber auch diese von den Algen stammende Substanz unterliegt schließlich der Oxydation. Man hat sich gedacht, diese Oxydation durch den Sauerstoff der Luft vollzöge sich einfach infolge der Berührung der Wasseroberfläche mit den niedern Luftschichten, unterstützt durch die Bewegung des Stromes, durch den Wind, welcher eine stets neue Oberfläche schafft, auch durch die Sonnenbestrahlung. Das Experiment bestätigt indes diese Annahme nicht, ja wenn man durch Schütteln die Berührung des unreinen Wassers mit der Luft vergrößert, so wird der Oxydationsprozeß, die Salpetersäurebildung, eher verlangsamt als beschleunigt. Eine solche Störung des Oxydationsprozesses findet auch statt, wenn man das in S. befindliche Wasser mit Chemikalien versetzt, welche die in dem unreinen Wasser enthaltenen Bakterien töten oder doch lähmen. Solange die Lähmung dauert, wird die Salpetersäurebildung verzögert, und wenn man durch Auskochen die Bakterien tötet, so findet auch bei höchst energischer Berührung des Wassers mit Sauerstoff gar keine weitere Oxydation statt. Dieselbe beginnt aber alsbald von neuem, wenn man ein wenig nicht gekochtes, in S. begriffenes Wasser zusetzt. Es ergibt sich zweifellos, daß die S. nicht eine einfache Folge der Berührung des unreinen Wassers mit Luft ist, sondern daß sie sich nur vollzieht, wenn oxydierende Spaltpilze mit genügender Lebenskraft im Wasser vorhanden sind.

Wesentlich dem mechanischen Gebiet scheinen jene Reinigungsakte anzugehören, welche sich im Boden vollziehen und zweifellos in nahen Beziehungen zum Quell- und Grundwasser stehen. Nach Frankland können auf 1 cbm humushaltigen Sandboden mit 1 qm freier Oberfläche täglich 25-30 Lit. Kanalwasser mit dem Ergebnis gegossen werden, daß das abfließende Wasser ganz rein erscheint und die organische Substanz zu Kohlensäure, Wasser und Salpetersäure oxydiert wird. Das Wasser fließt farb- und geruchlos, oft kristallklar ab, auch wenn die aufgegossene Flüssigkeit allerübelste Fäulniszustände zeigte, aus gärenden Gemischen, aus septikämischer Blutflüssigkeit oder aus Milzbrandblut bestand. Hierbei werden selbstverständlich alle suspendierten Stoffe einfach durch Molekularanziehung zurückgehalten, die gelösten aber unterliegen einem Prozeß, welcher an den Stoffwechsel im lebenden Organismus erinnert; der Boden verhält sich gegen das unreine Wasser wie die Lunge gegen das Blut, und dem entspricht, daß die größte Leistungsfähigkeit dem porösen Boden innewohnt, der bei intermittierender Berieselung Sauerstoff aufnimmt und Kohlensäure abgibt. Es sind im Boden zahlreiche Bakterien nachgewiesen worden, und wenn auch noch nicht direkt festgestellt werden konnte, daß diese wie die Bakterien des Wassers oxydierend wirken, ja wenn gewisse isolierte Formen dies bestimmt nicht thun, so wird man doch annehmen müssen, daß die S. des Bodens eine Folge der Thätigkeit von Organismen ist. Einige Experimen-^[folgende Seite]