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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Serao

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Seminare - Serao.

keit als Lehrer zu befähigen. B. Das Probejahr dient vorzugsweise der selbständigen praktischen Bewährung des im Seminarjahr erworbenen Lehrgeschicks und wird in der Regel an solchen höhern Lehranstalten abgelegt, welche nicht bereits durch die Aufgaben der Seminarausbildung in Anspruch genommen sind. Ein Unterschied zwischen Anstalten von neun Jahrgängen und solchen von kürzerer Lehrzeit findet hierbei nicht statt. (§ 4.) Das Schulkollegium jeder Provinz bildet unter Beachtung der Hauptlehrbefähigung der Kandidaten und mit Rücksicht auf die für die Anleitung in der Methodik der einzelnen Fächer besonders geeigneten Lehrkräfte vor jedem Schulhalbjahr entsprechende Gruppen von Seminaristen und überweist sie den für diesen Zweck ausgewählten Anstalten. Auf die einzelne Anstalt sollen im Durchschnitt sechs Kandidaten jährlich entfallen. (§ 5-7.) Dem Direktor und den vom Provinzialschulkollegium besonders beauftragten Lehrern liegt die planmäßige Unterweisung und Anleitung der Kandidaten ob. In theoretischer Hinsicht umfaßt diese a) pädagogische Besprechungen des Direktors mit den Kandidaten (2 Stunden wöchentlich); b) kürzere Referate der Seminaristen über einzelne Punkte der allgemeinen Lehrpläne, der Prüfungsordnungen, der Verhandlungen preußischer Direktorenkonferenzen, der amtlich veröffentlichten Speziallehrpläne höherer Schulen; über wichtigere neuere Erscheinungen auf dem Gebiete der Pädagogik, beachtenswerte Methoden, Unterrichtsmittel, Apparate, Grundsätze der Schulgesundheitspflege u. dgl.; c) eine 3 Monate vor Schluß des Seminarjahrs von jedem Seminaristen einzuliefernde Arbeit über eine vom Direktor gewählte konkrete, pädagogische oder didaktische Aufgabe. In engem Zusammenhang mit diesem Lehrgang findet geordnete praktische Beschäftigung der Seminaristen statt. Diese besteht zunächst im Besuch von Unterrichtsstunden des Direktors und der von ihm bezeichneten Lehrer, dann in eignen unterrichtlichen Versuchen nach besonderer Anweisung. Auch auf dem Spielplatz, in Arbeitsstunden, bei Schulausflügen sind die Kandidaten thunlichst zu beteiligen; soweit es die örtliche Gelegenheit gestattet, wird das zeitweilige Hospitieren an Volksschullehrerseminaren und Volksschulen empfohlen. Die Versuche werden vom Direktor und den beteiligten Fachlehrern überwacht und beurteilt. Über den Gesamterfolg des Seminarjahrs erstattet der Direktor gegen dessen Schluß dem Provinzialschulkollegium Bericht, dem die wissenschaftlichen Arbeiten und die Meldungen zum Probejahr beizufügen sind. Wechsel der Anstalt während des Seminarjahrs ist, von ganz besondern Ausnahmen abgesehen, nicht gestattet. (§ 8.) Das Probejahr kann an vollständigen, neunjährigen oder auch an unvollständigen Anstalten abgelegt werden; doch sollen an einer Anstalt jener Art nicht über drei, an einer solchen dieser Art nicht über zwei Probekandidaten gleichzeitig beschäftigt werden. Auch hier soll Wechsel während des Jahres nur ausnahmsweise zulässig sein. (§ 9.) Die Kandidaten sind unter genauer Beachtung ihrer Lehrbefähigung sofort mit größern zusammenhängenden Lehraufgaben zu betrauen und mit 8-10 Stunden wöchentlich zur unentgeltlichen Unterrichtserteilung heranzuziehen. Diese Thätigkeit vollzieht sich unter Leitung des Dirigenten der Anstalt und derjenigen Ordinarien und Fachlehrer, in deren Klassen die Kandidaten unterrichten, bez. deren Stunden sie stellvertretend übernehmen. (§ 10.) Diese Lehrer haben die Thätigkeit der Probekandidaten fortlaufend zu überwachen und ihre Wahrnehmungen in besondern Konferenzen auszutauschen. (§ 13.) Wo die Verhältnisse es dringend erheischen, können die Probekandidaten mit Genehmigung des Provinzialschulkollegiums bis zu 20 Stunden wöchentlich herangezogen werden; sie erhalten dann angemessene Vergütung. In diesem Falle haben sie in der Lehrerkonferenz in betreff der von ihnen geführten Klasse oder der von ihnen unterrichteten Schüler volles Stimmrecht. (§ 14.) Die Kandidaten haben am Schlusse ihres Probejahrs dem Leiter der Anstalt einen Bericht über ihre Thätigkeit zu erstatten, worauf (§ 15.) dieser seinerseits an das Provinzialschulkollegium berichtet. (§ 16, 17.) Die Behörde entscheidet auf Grund der erstatteten Berichte über Seminar- und Probejahr und etwaniger Beobachtungen ihrer Schulräte nunmehr über die Anstellungsfähigkeit der Kandidaten. Im günstigen Falle erhalten diese darüber ein Zeugnis, das als Ergänzung des Prüfungszeugnisses bei jeder Bewerbung etc. mit vorzulegen ist.

Kein Zweifel, daß mit diesem Erlaß des Ministers die Angelegenheit in eine glückliche Bahn geleitet worden. Bedenken erweckt nur die eine (leicht zu beseitigende) Vorschrift, daß die Gruppierung der Kandidaten nach ihrer Hauptfakultas geschehen soll. Es werden dabei leicht Fachseminare für die mathematisch-naturkundliche, die alt- und neuphilologische, die historisch-muttersprachliche etc. Richtung herauskommen, die in beständiger Gefahr schweben, das fachwissenschaftliche Interesse dem eigentlich pädagogischen voranzustellen. Die Erfahrung eines Jahrhunderts spricht dafür. Gerade in der Vereinigung junger Lehrer aus den verschiedenen Wissenschaften zu gemeinsamer praktischer Vorbildung würde vollwichtige Bürgschaft gegen die bedenkliche Absonderung der einzelnen spezialistischen Kreise des höhern Lehrstandes liegen. Ferner ware es wünschenswert, daß die angehenden Lehrer im Seminarjahr das eigentliche Erziehungsgeschäft an Alumnaten aus Erfahrung kennen lernten. Doch ist schon vieles gewonnen. Die Einrichtung der etwa 70 geplanten Seminaranstalten ist zur Zeit noch nicht abgeschlossen. Für die Praxis in ihnen liegen in der Litteratur der letzten Jahre, namentlich den Schriften von Frick und Schiller, bereits ausreichende Handhaben vor.

Vgl. Frick, Das Seminarium praeceptorum zu Halle (Halle 1883) und zahlreiche Aufsätze in dessen Zeitschrift »Lehrproben und Lehrgänge« (das., seit 1885); Schiller, Pädagogische Seminarien für das höhere Lehramt (Leipz. 1890, mit zahlreichen Litteraturnachweisen); Brzoska, Die Notwendigkeit pädagogischer Seminare (Halle 1836; neu hrsg. von Rein, Leipz. 1887); Voß, Pädagogische Vorbildung zum höhern Lehramt in Preußen und Sachsen (Halle 1889); Fischer, Das königliche pädagogische Seminar in Berlin 1787-1887 (in der Berliner »Zeitschrift für das Gymnasialwesen«, 1887, Bd. 42).

Serao, Matilde (verehelichte Scarfoglio), ital. Schriftstellerin, geb. 7. März 1856 zu Patras in Griechenland als Tochter des italienischen politischen Flüchtlings Franz S. und einer Griechin aus vornehmer Familie, erhielt von ihrer hochgebildeten Mutter eine gute Erziehung und ward schon als Kind bald nach der Rückkehr der Familie nach Italien eine unermüdliche und unersättliche Leserin. Im J. 1878 begann sie für die Zeitungen zu schreiben, und ihre Novellen, Skizzen und kleinen Artikel erregten bald die allgemeine Aufmerksamkeit. Nachdem sie einige Zeit in den Redaktionen von »Tribuna«, »Capitano Fracasso« und andern Journalen thätig gewesen war, gründete sie den »Corriere di Roma«,