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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Telegraphenbüreau, internationales; Telegraphengesetz

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Telegraphenbüreau, internationales - Telegraphengesetz.

errichten und demselben ein solches Nachrichtenmaterial überweisen, daß die kleine Konkurrenz wegen augenscheinlicher Dürftigkeit ihrer durch die bescheidenern Mittel bedingten Nachrichten in kurzem brach gelegt sein würde.

Als 1869 deutsche oppositionelle Blätter und Parteien durch den Telegraphen Sensationsnachrichten verbreiteten, die, vollständig erfunden oder doch tendenziös entstellt, nur darauf berechnet schienen, die Maßnahmen der Regierung zu verdächtigen, das Publikum zu beunruhigen und die politische Entwickelung in Preußen, namentlich die Assimilierung der neu erworbenen Landesteile zu stören, war Grund zu der Annahme vorhanden, daß bei der Verbreitung solcher Nachrichten das Büreau Reuter und die Agence Havas nicht unbeteiligt waren; ja, gewisse Anzeichen ließen sogar darauf schließen, daß jene beiden das Wolffsche Büreau und damit jede erfolgreiche Konkurrenz zu beseitigen strebten Angesichts dieser Sachlage hielt es die preußische Regierung für geboten, dem Wolffschen Büreau zu Hilfe zu kommen, und that dies dadurch, daß sie demselben ihre eignen politischen Nachrichten zur Verbreitung zuwandte. Im Interesse möglichster Beschleunigung der Nachrichtenübermittelung wurde den im innern Verkehr gewechselten sogen. A. C. (Allgemeinen Correspondenz-) Telegrammen politischen Inhalts der Vorrang in der Beförderung eingeräumt. Das Wolffsche Büreau ging 1865 in den Besitz der zu diesem Zweck gegründeten Kommanditgesellschaft auf Aktien (seit 1874 Aktiengesellschaft) Kontinentaltelegraphenkompanie über, deren Direktor Wolff bis 1871 blieb. Die Gesellschaft hat innerhalb und außerhalb Deutschlands ständige Korrespondenten, sie erhält ferner Nachrichten von auswärtigen Korrespondenzbüreaus; diese in Verbindung mit den Verhandlungen der gesetzgebenden Körperschaften und den von der Regierung der Gesellschaft zur Veröffentlichung zugehenden Mitteilungen bilden das Material für die in Berlin zur Ausgabe gelangenden gedruckten Telegramme und für die den verschiedenen Zeitungen übersandten telegraphischen Nachrichten. Zu den Abonnenten der Kontinentaltelegraphenkompanie gehören die gelesensten und einflußreichsten Zeitungen aller politischen Färbungen des Landes mit Ausnahme derjenigen wenigen, welche sich den Luxus eines telegraphischen Spezialdienstes mit eignen Korrespondenten gestatten können.

Wesentlich anders hat sich das Nachrichtenübermittelungswesen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika gestaltet, wo die Telegraphie in den Händen von Privatgesellschaften ist. Es bestehen dort, ähnlich den T., Telegraphenagenturen und Preßgenossenschaften zu dem Zweck, Telegramme für alle Zeitungen zu sammeln und an dieselben weiter zu befördern. Diese Genossenschaften stehen mit den Telegraphengesellschaften im Vertragsverhältnis, demzufolge ihnen niedrigere Gebührensätze bewilligt werden. Außerdem ist den gegenseitigen Beziehungen als Schutz gegen Konkurrenz ein exekutiver Charakter gegeben, indem die Zeitungen sich verpflichten, sich mit konkurrierenden Telegraphengesellschaften nicht einzulassen, wogegen die Telegraphengesellschaften versprechen, von denjenigen Zeitungen, welche den Preßgenossenschaften nicht angehören, höhere Gebührensätze zu beanspruchen. Dabei behalten sie indes insofern eine gewisse Kontrolle über die Zeitungen der Genossenschaften, als sie sich weigern, Kontrakte von längerer Zeitdauer mit ihnen abzuschließen. Das Ergebnis dieser Zustände ist die Niederhaltung des Unternehmungsgeistes in der Zeitungslitteratur. Die Preßgenossenschaften, eifersüchtig auf ihr Vorrecht, erschweren den Beitritt andrer Zeitungen, indem sie meistens Einstimmigkeit des Votums bei Aufnahme neuer Mitglieder fordern, und die Gebührensätze für die Spezialtelegramme der in den Genossenschaften nicht vertretenen Tagesblätter sind so hoch, daß sie in den meisten Fällen ein Hindernis für die Entstehung neuer oder für die gedeihliche Entwickelung bestehender Zeitungen bilden.

Telegraphenbüreau, internationales, s. Telegraph, S. 910.

Telegraphengesetz. Die in Deutschland bisher gültigen Bestimmungen in Bezug auf die Ausübung und den Betrieb des Telegraphenwesens beschränkten sich auf § 48 der Reichsverfassung, nach welchem das Post- und das Telegraphenwesen für das gesamte Reichsgebiet als einheitliche Staatsverkehrsanstalten einzurichten und zu verwalten sind. Auf Grund dieses Artikels nahm der Staat das Recht der ausschließlichen Anlage und des Betriebs von Telegraphen- und (nach Einführung des Fernsprechwesens) auch von Fernsprecheinrichtungen als ein Regal in Anspruch. Außer der angeführten grundlegenden Bestimmung sind zum Schutze der telegraphischen Einrichtungen gegen Beschädigungen noch einige strafgesetzliche Bestimmungen in den § 317-320 des Reichsstrafgesetzbuchs erlassen worden, welche die gegen den Telegraphen gerichteten Vergehen und die durch den Telegraphen begangenen Gesetzesübertretungen mit Strafe bedrohen. Es fehlte hiernach in Deutschland an einer eigentlichen Telegraphengesetzgebung, deren Mangel namentlich nach Einführung des Fernsprechers als öffentliches Verkehrsmittel sich recht fühlbar machte. Das Bestreben, eine Ordnung und Festlegung der betreffenden Verhältnisse auf der festen Grundlage des Gesetzes herbeizuführen, veranlaßte die Reichsregierung zu der im Januar 1891 erfolgten Einbringung eines Telegraphengesetzes, dessen Hauptpunkte die folgenden sind: 1) Das Recht, Telegraphen- oder Fernsprechanlagen herzustellen und in Betrieb zu nehmen, steht, abgesehen von einigen Ausnahmen, ausschließlich dem Reiche zu; die Ausübung dieses Rechtes kann aber für einzelne Strecken oder Bezirke unter bestimmten, die Interessen des Reiches sichernden Bedingungen an Privatpersonen etc. verliehen werden; 2) ohne Genehmigung des Reiches dürfen nur solche Telegraphenanlagen hergestellt werden, welche dem innern Dienste von Behörden gewidmet sind, ferner Anlagen, welche von Transportanstalten auf ihren Linien zu Zwecken ihres Betriebes benutzt werden, endlich Anlagen, welche Privatpersonen innerhalb der Grenzen eines Grundstücks oder mehrerer, nicht weiter als 15 km voneinander entfernter Grundstücke lediglich für ihre eignen industriellen oder persönlichen Zwecke einrichten; 3) um dauernd überwachen zu können, daß die unter 2) bezeichneten Anlagen nur zu den gesetzlich erlaubten Zwecken benutzt werden, wird dem Reiche ein Aufsichtsrecht über diese Anlagen eingeräumt; 4) die Verletzung der unter 1-3 angedeuteten Vorschriften wird, je nach der Verschiedenheit der Fälle, mit entsprechenden Strafen bedroht; auch wird dem Reiche die Befugnis übertragen, die widerrechtlich hergestellten oder benutzten Anlagen einstweilen, vorbehaltlich der Austragung der Angelegenheit im Rechtswege, beseitigen zu lassen; 5) für Bayern und Württemberg finden, gemäß der verfassungsmäßigen Sonderstellung dieser beiden Staaten, die Bestimmungen des Gesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß die dem