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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Balfour; Balkanhalbinsel

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Balfour - Balkanhalbinsel

malignem Ödem, Endokarditis, Diphtherie, Gonorrhöe, Tuberkulose, Lepra, Rotz, Milzbrand, Typhus, Rekurrens, Cholera, Pneumonie, Rauschbrand, Rotlauf, Hühnercholera, Schweineseuche und einigen andern Krankheiten. Die außerordentlich große praktische Bedeutung, welche die Entdeckung der pathogenen B. besitzt, hat zur unvermeidlichen Folge gehabt, daß die andern Gebiete der Bakteriologie weit weniger bearbeitet wurden und infolgedessen auch an unzweifelhaften sichern Errungenschaften relativ arm sind. Als besonders wichtig mag hier noch hervorgehoben werden, daß man infolge von Entdeckungen Winogradskys zur Zeit die in den humösen Bodenschichten sich abspielende Nitrifikation der Thätigkeit von B. zuschreibt. Durch Kochs epochemachende Entdeckung eines Heilmittels gegen Tuberkulose, des Tuberkulins (1890), dessen Wirkung trotz des vielfachen Widerspruchs nicht in Frage gezogen werden kann, ist eine neue Richtung in Bezug auf die Heilung ansteckender Krankheiten angebahnt, deren Erfolge sich zur Zeit noch nicht voraussagen lassen. Überhaupt lassen sich die in den letzten Jahren gewonnenen Ergebnisse auf dem Gebiete der Biologie der B. nicht gut in den Rahmen einer geschichtlichen Darstellung zusammenfassen, da sie zumeist aus kaum verbundenen Einzelentdeckungen bestehen, die auch noch vielfach der Bestätigung bedürfen. Vgl. Löffler, Vorlesungen über die geschichtliche Entwickelung der Lehre von den B. (Leipz. 1887, Teil 1, bis zum Jahre 1878 reichend). — Über die Ausscheidung von B. durch den Schweiß s. Chirurgenkongreß; leuchtende B., s. Phosphoreszenz.

Balfour, Arthur James, engl. Staatsmann (Bd. 17), wurde im Oktober 1891 nach W. H. Smiths Tode zum ersten Lord des Schatzes ernannt und mit der Leitung der ministeriellen Partei des Unterhauses betraut.

Balkanhalbinsel. Die wirtschaftlichen Verhältnisse dieses zwar noch wenig entwickelten, aber sehr entwickelungsfähigen Gebiets haben sich in den letzten Jahren überraschend gebessert. Sie versprechen bei fortgesetzter friedlicher Entfaltung der innern Verhältnisse den Industriestaaten Europas ein höchst wichtiges Absatzgebiet zu werden und so ihnen wenigstens teilweise einen Ersatz zu geben für die in Rußland wie in Nordamerika durch gesteigerte Erhöhung der Zollschranken mehr und mehr verloren gehenden Märkte. Die Balkanländer, unter welcher Bezeichnung hier das eigentlich zur B. nicht gehörige Rumänien, ferner Serbien, Bulgarien, die europäische Türkei, Bosnien und Herzegowina und Griechenland verstanden sind, haben zusammen ein Areal von 568,382 qkm und eine Bevölkerung von 19,623,000 Einw. Auf das Quadratkilometer kommen also hier durchschnittlich 34,5 Köpfe, während Frankreich 72, Deutschland 91, die britischen Inseln 120 Einw. auf das Quadratkilometer haben. Bei dem im allergrößten Teil sehr ergiebigen Boden müßte das Gebiet demnach mindestens 36-40 Mill. Menschen ernähren können und die Produktions- und Aufnahmefähigkeit des Landes in gleichem, wenn nicht noch größerm Maße steigen. Nach neuesten Zählungen und Schätzungen haben

QKilom. Bevölkerung

Europäische Türkei 175883 5753000

Rumänien 131020 5000000

Bulgarien und Ostrumelien 96660 3154000

Griechenland 65119 2217000

Bosnien und Herzegowina 51110 1336000

Serbien 48590 2163000

Zusammen: 568382 19623000

In allen diesen Gebieten macht sich in den letzten 10 Jahren eine überraschende Zunahme des Handels bemerkbar. Daß ein solcher in der europäischen Türkei stattgefunden hat, läßt sich aus den vorliegenden Handelsausweisen zwar ziffernmäßig nicht klarlegen, ist aber nichtsdestoweniger sicher. Die deutsche Einfuhr aus der Türkei stieg zwischen 1880 und 1889 von 1,576,000 auf 6,483,000 Mk., die deutsche Ausfuhr nach der Türkei von 5,368,000 auf 26,154,000 Mk., was einer Zunahme von 204,88, resp. 240,30 Proz. gleichkommt. Unter den Ausfuhrartikeln sind in erster Linie Gewehre, baumwollene Garne und Waren, Schießpulver, Chemikalien und Farbewaren, Eisenwaren, wollene Artikel, Metallwaren, Patronen, Zünder, Kleider etc. zu nennen. Diese Zunahme ist um so überraschender, als das türkische Zollgebiet durch die Ereignisse von 1885-86 sich etwas verringert hat. Am 26. Aug. 1890 wurde ein neuer Handelsvertrag auf 21 Jahre zwischen Deutschland und der Türkei geschlossen. Der deutsche Handelsverkehr mit Rumänien ist zwar noch klein, aber doch in rascher Zunahme begriffen; 1889 importierte Rumänien für 294,355,279 Mk. und exportierte für 219,333,717 Mk. Waren. Davon gingen nach Deutschland für 13,286,000 Mk. und kamen aus Deutschland für 27,443,000 Mk. Die Zunahme in dem gedachten zehnjährigen Zeitraum beträgt bei der Einfuhr aus der Türkei 34,52, bei der Ausfuhr nach der Türkei sogar 107,96 Proz. Die letztbezeichnete starke Verkehrszunahme ist zum Teil auf Rechnung der Handelsfeindseligkeiten zu setzen, welche zwischen Österreich-Ungarn und Rumänien beim Erlöschen der am 22. Juni 1875 abgeschlossenen Handelskonvention ausgebrochen sind. Der mit Deutschland abgeschlossene Handelsvertrag lief 10. Juli 1891 ab. Doch war festgesetzt, daß, wenn am Tage des Ablaufs des Vertrags Rumänien noch mit irgend einem dritten Lande im Vertragsverhältnis stehen sollte, auch die deutsche Konvention so lange in Kraft bleibt, als jenes der Fall ist. In dieser Beziehung kommt nur noch der niederländisch-rumänische Vertrag in Betracht. Die zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn getroffenen neuesten handelspolitischen Abmachungen werden auch die Basis für Vertragsverhandlungen mit Rumänien und Serbien geben. Unsre Einfuhr aus Rumänien umfaßt namentlich Weizen, Roggen, Gerste, Mais und Hülsenfrüchte, wovon ein erheblicher Teil über Österreich-Ungarn und Belgien zu uns kommt und als Provenienz dieser Länder erscheint. Unsre Ausfuhr nach Rumänien begreift namentlich grobe Eisenwaren, Tuch- und Zeugwaren, Baumwollgewebe und Strumpfwaren, schmiedbares Eisen in Stäben, Maschinen und Maschinenteile und Zucker. Von Serbiens Einfuhr 1889 im Betrag von 26,874,400 Mk. entfallen auf Deutschland 1,394,000 Mk., von seiner Ausfuhr (31,252,800 Mk.) waren deutsch 3,948,000 Mk. Die Einfuhr Deutschlands aus Serbien hat seit 1880 um 68,45 Proz., die deutsche Ausfuhr nach Serbien um 36,78 Proz. zugenommen. Von Serbien empfangen wir hauptsächlich Obst und Beeren sowie Weizen, während wir freilich in weit geringerm Betrag dorthin schmiedbares Eisen, Stahl, grobe Eisenwaren, leinene und baumwollene Webstoffe senden. Als ganz besonders leistungs- und entwickelungsfähig erscheint Bulgarien. Seit 1886 ist zwischen dem ehemaligen Ostrumelien und der Türkei eine Zollgrenze errichtet, während im Innern des vereinigten Bulgarien eine solche nicht mehr besteht. Dadurch kamen zu dem frühern bulgarischen