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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Banken (die Bank von England)

die Entwickelung der wichtigern B. der übrigen Länder Europas sowie der Vereinigten Staaten von Nordamerika.

1) Die Bank von England.

Die Organisation der englischen Bank ist Bd. 2, S. 335 f. auseinandergesetzt worden. Es erübrigt daher nur die Schilderung des Geschäftskreises. Eine ins einzelne gehende Darstellung ist hier dadurch erschwert, daß die englische Bank keine Jahresberichte veröffentlicht. Sie begnügt sich vielmehr mit der gesetzlich vorgeschriebenen Publikation ihrer Wochenausweise in der »Gazette of London«. Die Noten der englischen Bank sind zwar einlöslich, dienen jedoch als gesetzliches Zahlungsmittel (legal tender). Danach ist also jedermann verpflichtet, Noten der englischen Bank von seinem Schuldner in Zahlung zu nehmen, und dagegen berechtigt, von der Bank Einlösung der Noten in Gold zu verlangen. Die Barvorräte der Bank bestehen fast ausschließlich aus Gold. Nach der Peelschen Akte war es indes zulässig, ein Fünftel in Silber niederzulegen. Keine Note der englischen Bank darf auf einen geringern Betrag als 5 Pfd. Sterl. lauten. Daneben zirkulieren Noten von 10, 20, 50, 100, 200, 300, 500 und 1000 Pfd. Sterl. Jeder größere Bankier in London unterhält mit der englischen Bank eine laufende Rechnung. Bei der Zentralisation des englischen Geldmarktes in London begreift man ferner leicht, daß sich auch die Geschäfte der Provinzbankiers nicht ohne die Mitwirkung der Bank abwickeln. So nimmt sie denn den bedeutungsvollsten Platz in dem Bankgeschäft des gesamten Königreichs ein, obwohl sie mit einer ganz geringen Zahl von Filialen arbeitet. Dieselbe bezifferte sich Ende 1888 auf nur zehn, und zwar sind dies, abgesehen von einer im Westend von London befindlichen, folgende: Liverpool, Manchester, Newcastle, Birmingham, Leeds, Hull, Bristol, Plymouth und Portsmouth. Die Bank von England verdankt also ihre einflußreiche Stellung im gesamten Königreich nicht, wie die deutsche Reichsbank, einem weit umfassenden Filialnetz, sondern dem glücklichen Umstand, daß der englische Geldmarkt in London seinen Mittelpunkt findet. Wenn beispielsweise die deutsche Reichsbank mit ihren Depositen eine sehr beträchtliche Summe erreicht, so erklärt sich das ausschließlich aus ihrem ausgebreiteten Filialnetz. Die zinslosen Einlagen beliefen sich bei der mit nur zehn Filialen arbeitenden englischen Bank 1888 während der Monate Januar ins März auf 30-39 Mill. Pfd. Sterl., während der Monate April bis Juli auf 30-36 Mill., während der Monate August bis Dezember auf 28-37 Mill. Pfd. Sterl. Im J.1889 erreichte der Gesamtbetrag der Einlagen nicht die Höhe, welche sich für 1888 nach dem Obigen ergibt. Der Höchstbetrag der Einlagen belief sich im Monat März auf nur 36,6 Mill. Pfd. Sterl. gegen 39,9 Mill. Pfd. Sterl. des Vorjahres. Im Oktober betrug die Differenz gegen das Vorjahr sogar 8 Mill. Pfd. Sterl. Verzinsliche Depositen nimmt die englische Bank nicht entgegen, wohl aber unverzinsliche in laufender Rechnung. Diese sind jederzeit rückzahlbar und erreichen deshalb eine sehr beträchtliche Höhe. Sie erscheinen in den Bankausweisen unter dem Titel »andre Depositen«. Vorschüsse in Form von Blankokrediten gibt die englische Bank nicht. Vielmehr entleiht sie Geld selbst im Lombardgeschäft nur gegen Sicherheiten ersten Ranges, meist nur gegen Staatstitel. Wechsel aufs Ausland diskontiert die Bank nicht. Bei inländischen Rimessen ist die längste Verfallzeit auf 95 Tage bemessen. Die Bank begnügt sich mit zwei sichern Unterschriften.

In zweiter Reihe ist die Stellung der Bank von England dem Staat gegenüber in Betracht zu ziehen. Ohne daß sich die Regierung in die Verwaltung selbst einmischt, zieht sie in doppelter Weise Gewinn aus den Geschäftsunternehmungen der Bank: a) durch eine Steuererhebung für die emittierten Noten in einem Betrag von jährlich 60,000 Pfd. Sterl., b) durch eine jährliche Leistung der Bank von 120,000 Pfd. Sterl. als Äquivalent für die gesetzlich gestattete Ausgabe von 14 Mill. Pfd. Sterl. ungedeckter Noten. Der letztgenannte Betrag hat sich um etwa 20,000 Pfd. Sterl. erhöht, als die Summe der von der Bank metallisch ungedeckt verausgabten Noten sich infolge Einstellung der Thätigkeit verschiedener Provinzbanken bis auf 16,2 Mill. Pfd. Sterl. hob. Umgekehrt zahlt der Staat an die Bank für die aus alter Zeit her bestehende Schuld von 14 Mill. Pfd. Sterl. einen Zins von 3 Proz. jährlich. Von dem gesetzlich feststehenden Betrag abgesehen, ist es der Bank verboten, der Regierung Vorschüsse zu machen. Da sie jedoch Staatsbankier ist, so kommt es nicht selten vor, daß der Staat im einzelnen Falle infolge langsam eingehender Einkünfte kurzfristige Anleihen bei der Bank macht. Aber auch hierüber gibt es gesetzlich geregelte Bestimmungen, namentlich hinsichtlich des Maximalbetrags des einzuräumenden Kredits. Ein Staatspapiergeld existiert in England nicht.

Auch die Verwaltung der Staatsschuld ist in die Hand der Bank gelegt. Sie führt die Rechnung über die Staatsschuldtitel, bucht deren Übergang aus der Hand des einen Eigentümers in die eines andern, zahlt die halbjährlichen Zinsen bei Verfall und macht auch hierbei innerhalb der gesetzlich erlaubten Grenzen für den Staat Auslagen.

Das Grundkapital der englischen Bank hat sich im Laufe der Jahrhunderte von 1,200,000 bis auf 14,553,000 Pfd. Sterl. erhöht. Besonderes Interesse bietet ein Überblick über die Höhe des Kurses der Bankaktien sowie über die im Laufe von mehr als 40 Jahren gezahlten Dividenden. Während der Jahre 1844-49 betrug der höchste Aktienkurs 210 Proz., der niedrigste 178 Proz., die Dividende schwankte in diesen Jahren zwischen 7 und 9 Proz. In den Jahren 1850-52 war die Dividende ständig 7½ Proz., der höchste Aktienkurs stieg auf 234¾, der niedrigste war 206 Proz. Während der Jahre 1853-63 erteilte die Bank eine Dividende von 8-10 Proz., der höchste Aktienkurs betrug 1861: 237 Proz., der niedrigste 1855: 209 Proz. Im J. 1864 gab die Bank zum erstenmal eine Dividende von 11 Proz., der höchste Aktienkurs betrug in diesem Jahre 244, der niedrigste 236 Proz. 1866 stieg die Dividende weiter auf 11¾ Proz., eine Höhe, welche sie bis 1885 nicht wieder erreicht hat. Der höchste Aktienkurs betrug in diesem Jahre 249, der niedrigste 241 Proz. Während der Jahre 1867-74 schwankte die Dividende zwischen 8 und 10 Proz., der höchste Aktienkurs schwankte in diesen Jahren zwischen 245 und 263 Proz. In den Jahren 1875-85 schwankte die Dividende zwischen 9 und 10½ Proz., der höchste Aktienkurs zwischen 260 und 312 Proz., der niedrigste zwischen 248 und 294 Proz.

Der Barvorrat hat sich ebenso wie bei andern B., insbesondere der deutschen Reichsbank, in der letzten Zeit erheblich erhöht. Es war in Mill. Pfd. Sterl.:

Totalreserve Barvorrat Diskontsatz

12. Oktober 1887 11,52 20,00 4 Proz.

10. " 1888 11,09 20,33 5 "

9. " 1889 10,52 19,52 5 "

8. " 1890 10,59 19,44 5 "

13. " 1891 13,02 23,66 3 "