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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Banken (Zettelbanken in Italien)

der Österreichisch-Ungarischen Bank für Böhmen« unter ausschließlicher Verwendung einer fixen Dotation von 50 Mill. Gulden für dieses Kronland ein. Daneben wurden zahlreiche Wünsche in dem Sinne laut, daß die Vorteile der Bank weitern, insbesondere landwirtschaftlichen und Handwerkerkreisen zugänglich gemacht werden sollten.

Unter diesen Verhältnissen fand es die Bank angezeigt, mit ihrem Ansuchen um Verlängerung des Privilegiums eine Reihe von Vorschlägen über vorzunehmende Statutenänderungen zu verbinden und ihre Stellungnahme durch eine reiche, der Praxis entlehnte Erfahrung zu begründen. Während die Bank an der dualistischen Organisation festhalten zu müssen erklärte und sich gegen eine weitere Teilung der Gewalten entschieden verwahrte, beantragte sie eine wichtige Statutenänderung durch das Verlangen, die direkte Kontingentierung des ungedeckten Notenumlaufs zu beseitigen. Sie wies darauf hin, daß es bei der festen Begrenzung des nicht durch Bar gedeckten Notenumlaufs unmöglich sei, den unabweisbaren Bedürfnissen des Verkehrs zu entsprechen, woraus Störungen hervorgehen könnten, deren Umfang sich kaum vorhersehen lasse. Sie betonte, daß trotz des großen Staatsnotenumlaufs bereits dreimal während der zehnjährigen Dauer des 1878 erteilten Privilegiums, im Oktober 1882, im Oktober 1883 und im Dezember 1884, das Kontingent von 290 Mill. Guld. durch das regelmäßige Eskompte- und Lombardgeschäft, und zwar jeweilig um 6,3, 5,1 und 1,9 Mill., überschritten worden sei; in allen drei Fällen habe man sich, um die Vorschriften des Bankstatuts nicht zu verletzen, zu einer Realisierung der Anlagen des Reservefonds entschließen müssen.

Im öffentlichen Interesse schlug die Bank zwar nicht eine absolute Erhöhung des Kontingents, sondern die Annahme des auch bei der deutschen Reichsbank bestehenden Systems der indirekten Kontingentierung vor. Es sollte fortan jeweilig der Gesamtbetrag der umlaufenden Noten mindestens zu zwei Fünftel (40 Proz.) durch Gold und Silber, der Rest des Notenumlaufs bankmäßig gedeckt sein. Sobald jedoch der nur bankmäßig gedeckte Notenumlauf den Betrag von 200 Mill. Guld. überschreitet, ist für den Überschuß eine fünfprozentige (die Bank hatte nur 4 Proz. in Vorschlag gebracht) Steuer zu entrichten, deren Erträgnis die Bank dem Staat an der Achtzigmillionenschuld abschreibt, und zwar 70 Proz. zu gunsten Österreichs, 30 Proz. zu gunsten Ungarns. Ferner sollte der Bank gestattet werden, ihren Barschatz zu einem Teilbetrag von 30 Mill. Guld. in auswärtigen, metallisch zahlbaren Wechseln anzulegen, so lange, als in Österreich der Zwangskurs fortbestände, um auf diese Weise die Dividende und damit auch den Anteil des Staates an den Erträgnissen der Vank zu erhöhen. Durch einen weitern Antrag auf Aufhebung der bisherigen Bestimmung, daß auf bankmäßigen Wechseln jedenfalls eine protokollierte Firma vorkommen müsse, dann auf Einreihung von im übrigen bankfähigen, aber bis zu sechs Monaten laufenden Wechseln unter die belehnbaren Papiere, kam die Bank manchen durch die Erfahrung erkennbar gewordenen praktischen Bedürfnissen der landwirtschaftlichen und kaufmännischen Kreise entgegen.

Die Beratungen der parlamentarischen Körperschaften ergaben eine unumwundene Zustimmung zu den Anträgen der Bank. Namentlich trug dazu bei, daß die Bank während ihrer verhältnismäßig kurzen Thätigkeit in Ungarn sich daselbst viele Freunde

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erworben hatte. Im österreichischen Reichsrat vermochte die Opposition ebenfalls nicht durchzudringen. Die vorzugsweise von tschechischer Seite aufgestellte Forderung wegen Anbringung der Wertbezeichnungen auf den Banknoten in den Landessprachen sowie der von der deutschen Linken erhobene Anspruch, die Teilung des Bankgewinnes zwischen beiden Staatsverwaltungen schon nach 6 Proz. (statt 7 Proz.) Dividende eintreten zu lassen, wurden mit Majorität niedergestimmt. Das neue Privilegium gilt auch für Bosnien und die Herzegowina.

Die Hypothekenabteilung der Bank trägt einen völlig selbständigen Charakter. Nicht die Notenbank als solche, sondern ein Pfandbriefinstitut ist es, das unter der Firma der Notenbank Hypothekargeschäfte abschließt, und nicht das Notenprivilegium, sondern ausschließlich das eigne Kapital und der Kredit der Pfandbriefe des Instituts geben die Mittel, mit welchen dieser Geschäftszweig betrieben wird. Den Umfang des Hypothekengeschäfts zeigt die nachfolgende Statistik. Es betrugen (in Tausenden Gulden):

1. Jan. Hypothekardarlehne Pfandbriefumlauf Rückstände an Kapital und Zinsen Erworbene Realitäten

1858 14392 5874 4 -

1868 68929 59381 1063 13

1878 103140 102514 955 3

1888 96702 90036 550 -

Unter hervorragender Mitwirkung der Österreichisch-Ungarischen Bank ist nach dem Vorbilde des englischen Clearing-Hauses auch in Wien eine Verrechnungsstelle ins Leben gerufen worden, während die auf das gleiche Ziel gerichteten Bestrebungen in Budapest scheiterten. Die Höhe der erzielten Umsätze, an denen nur zehn Anstalten, allerdings die ersten Wiener B., beteiligt sind, schwankten seit 1872 zwischen 5081 Mill. Guld. (geringster Stand 1875) und 7323 Mill. Guld. (höchster Stand 1873). Mit 1. Jan. 1889 waren 3400 Hypothekardarlehne im Gesamtbetrag von 105,75 Mill. Guld. aushaftend, wovon auf Österreich 26,1 Mill. Guld., auf Ungarn 79,6 Mill. Guld. entfielen. Auf Grund dieser hypothekarischen Sicherstellung waren mit 1. Jan. 1889 drei Gattungen Pfandbriefe, und zwar 28,7 Mill. in 4 1/2 proz., 46,4 Mill. in 4 proz. 40 1/2 jährigen und 24,8 Mill. in 4 proz. 50 jährigen, zusammen daher Pfandbriefe im Betrag von 100 Mill. Guld. im Umlauf. Am 1.Jan. 1891 war die Zahl der Hypothekardarlehne 3523 mit 114,3 Mill. Gulden.

4) Zettelbanken in Italien.

Der Umstand, daß sechs Zettelbanken (vgl. Bd. 2, S. 338) den Vorteil des Legalkurses genießen, macht es notwendig, den wechselseitigen unmittelbaren Austausch der Noten (die sogen. riscontrata) unter den B. zu regeln; diese Aufgabe ist gesetzlich der Regierung vorbehalten. Der Austausch findet an jedem zehnten Tage, d.h. dreimal monatlich, statt, früher jede Woche einmal. Jede Anstalt löst ihre Noten entweder mit Noten der vorzeigenden Bank, mit Münze oder mit Staatspapiergeld ein. Eine besondere Höhe weist bei den italienischen B. der Diskontosatz auf, was nicht am wenigsten mit der geringen Festigung der Goldwährung zusammenhängt. Solange der Legalkurs dauert, dürfen denn auch die Zettelbanken weder den Diskontosatz noch den Zinssatz für Vorschüsse auf Wertpapiere ohne Genehmigung der Regierung ändern. Im übrigen ist der Geschäftsbetrieb ganz wie bei den zum besten organisierten europäischen Zettelbanken statutarisch geregelt. Und so pflegen