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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bergkrankheit; Bergmann; Berlin; Berthoud; Betonnungssystem

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Berger - Betonnungssystem

Berger, Alfred, Freiherr von, Ästhetiker, geb. 25. April 1853 in Wien als Sohn des spätern österreichischen Ministers Johann Nepomuk B., studierte in Wien, machte große Reisen (Indien) und habilitierte sich 1885 an der Wiener philosophischen Fakultät für Philosophie. Nach dem Rücktritt Adolf Wilbrandts von der Direktion des Burgtheaters 1887 wurde B. dessen provisorischem Leiter, Adolf Sonnenthal, als Dramaturg mit dem Titel »Sekretär des Burgtheaters« zur Seite gegeben. In dieser Stellung verblieb B., still und nützlich wirkend, auch während des Direktorats von A. Förster bis zu dessen Tode (Dez. 1889), legte dieselbe aber nieder, als man ihn, der sich inzwischen (Mai 1889) mit der Burgschauspielerin Stella Hohenfels vermählt hatte, nicht zum Nachfolger Försters erhob. In seiner akademischen Thätigkeit, der er sich seitdem allein widmete, erwarb sich B. durch seine glänzende Vortragsweise viele Freunde; auch außerhalb des Hörsaales hielt B. Vorträge über Poeten und Dramen, die seinen Ruhm als geistvollen Ästhetiker vermehrten. Seine Kritik ist vorwiegend psychologische Analyse. Seinem philosophischen Bekenntnis nach ist er Idealist, polemisch ebenso gegen Dubois-Reymond wie gegen Zola und Ibsen; seine gesamte Weltanschauung hat sich in dem Kampfe gegen den Pessimismus (Schopenhauers und Turgenjews) entwickelt; gegen den Naturalismus ist er mit Schärfe aufgetreten. Er veröffentlichte: »Goethes Faust und die Grenzen der Naturerkenntnis« (Wien 1883); »Önone«, Trauerspiel (das.); »Dramaturgische Vorträge« (das. 1890), »Gedichte« (Stuttg. 1891).

Bergkrankheit, s. Balneologische Gesellschaft, S. 77.

Bergmann, 2) Gustav Adolf, elsäss. Abgeordneter, starb im Mai 1891 in Straßburg.

Berlin. Die Bevölkerung im Stadtkreis B. betrug nach der Volkszählung vom 1. Dez. 1890 (endgültiges Ergebnis) 1,578,794 Seelen (gegen 1,315,287 im J. 1885), hat also seit der letzten Volkszählung um 263,507 (20,03 Proz.) Seelen zugenommen. Die Zunahme der Bevölkerung seit 1885 mit jährlich 3,64 Proz. ist stärker als in den beiden vorhergehenden Zählungsperioden (1880-85: 3,17 Proz., 1875-80: 2,93 Proz.), jedoch etwas schwächer als in den Jahren 1871-75 (3,92 Proz.). Dabei zeigen jedoch die einzelnen Stadtteile die größten Verschiedenheiten. Während die Bevölkerung in der innern Stadt nur wenig zunimmt und sich in den Geschäftsgegenden sogar vermindert, wächst sie in den Vorstädten in ganz überraschender Weise. Die Stadtteile B., Alt Kölln, Friedrichswerder und Dorotheenstadt haben in der Periode 1885-90 um 6,66 Proz., die Friedrichstadt um 1,29 Proz. abgenommen, dagegen die Friedrich Wilhelmstadt, Tiergarten und Moabit um 69,60 Proz., die östliche Luisenstadt jenseit des Kanals um 62,87 und die nördliche Rosenthaler Vorstadt (die beiden letztgenannten sind Arbeiterviertel) um 61,92 Proz. zugenommen. Auch in den die Umgebung Berlins bildenden Kreisen Niederbarnim und Teltow hat sich die Bevölkerung in erstaunlicher Weise vermehrt, dort seit 1885 um 31,66, hier um 36,08 Proz. Von den im Kreis Niederbarnim gelegenen, an B. im O. und N. grenzenden Vororten besaßen (nach vorläufiger Feststellung) Boxhagen-Rummelsburg (1890) 11,048 (+96,65 Proz.), Lichtenberg 22,773 (+43,71), Neu-Weißensee 18,015 (+146,51 Proz.), Pankow 6995 (+38,21 Proz.) und Remickendorf 10,052 (+39,24 Proz.) Einw. Im SO. grenzt an B. Rixdorf mit 35,728 Einw. (+56,87 Proz.), im SW. Schöneberg mit 28,844 (+81,73 Proz.) und Deutsch-Wilmersdorf

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mit 5164 (+42,81 Proz.), im W. die Stadt Charlottenburg mit 76,859 (+81,45 Proz.). Weitere Vororte, die mit B. seit der Einführung des Zonentarifs in bequemster Verbindung stehen und meist von Berlinern bewohnt werden, sind Friedenau mit 4211 Einw. (+97,05 Proz.), Steglitz mit 12,530 (+47,39 Proz.), Groß-Lichterfelde mit 8745 (+48,25 Proz.); Zehlendorf mit 3788 (+39,32 Proz.); ferner stehen mit B. in Pferdebahnverbindung im S. Tempelhof mit 5250 Einw. (+49,06 Proz.) und im N. Tegel mit 3094 Einw., dessen Bevölkerung auffallenderweise um 1,56 Proz. abgenommen hat. B. mit den Vororten im einmeiligen Umkreis, deren Einverleibung größtenteils beabsichtigt wird, hat eine Bevölkerung von 1,850,000 Seelen. Der Flächeninhalt der Stadt beträgt 64,52 qkm, wovon 1,79 qkm auf Wasserflächen entfallen. Während im J. 1880 noch über 57 qm auf einen Einwohner kamen, sind es 1890 noch nicht 41. Am dichtesten ist die Bevölkerung in der Luisenstadt jenseit des Kanals zusammengedrängt, wo ein Einwohner sich mit 16,5 qm Raum begnügen muß. Am günstigsten ist das Verhältnis auf dem Wedding (91,8 qm) und in der Königstadt (86 qm), in letzterer wegen der zahlreichen, überwiegend als Geschäftsräume dienenden Gebäude. Nach dem Geschlecht unterschied man 759,623 männliche und 819,171 weibliche Personen, so daß auf 100 männliche 107,8 weibliche entfallen. Die Zahl der bebauten Grundstücke betrug 22,336 (gegen 19,615 im J. 1885), wovon 722 unbewohnt waren. Davon gehörten 552 dem Reich oder Staat, 312 der Stadt, 798 Gesellschaften oder Stiftungen, der Rest Privatpersonen. Im Durchschnitt wurde ein Grundstück von fast 73 Personen bewohnt (gegen 67 im J. 1885). Es gab insgesamt 27,864 Wöhngebäude und 2553 sonstige Baulichkeiten (darunter 1184 Schiffe), die zum Wohnen bestimmt waren. Die Bevölkerung lebte in 369,027 Haushaltungen, von denen 23,068 nur aus einer Person bestanden; außerdem gab es 922 Anstalten für gemeinsamen Aufenthalt. Die aktive Militärbevölkerung betrug 19,596 Köpfe. Dem Zivilstand nach entfielen auf je 10,000 Personen der beiden Geschlechter

Ledige 6093 männliche, 5603 weibliche

Verheiratete 3658 3387

Verwitwete 202 938

Geschiedene 30 62

Ohne Angabe 17 10

Die Zahl der gebornen Berliner ist seit 1885 von 424 auf 407 pro Mille gesunken; insgesamt waren 642,633 Personen in B., 936,161 außerhalb geboren. Man zählte 17,886 Reichsausländer, darunter 7295 Österreicher, 2416 Russen, 1462 aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika, 1173 Engländer 2c. Ihrer Muttersprache nach waren nichtdeutsch 26,402 Personen, darunter sprachen 18,245 slawische Sprachen (15,857 polnisch, 1064 tschechisch 2c.), 2251 englisch, 1084 französisch, 1067 dänisch 2c. Nach der Konfession unterschied man 1,356,648 Evangelische, 135,031 Römisch- und 378 Griechisch-Katholische, 79,286 Juden, 4899 Dissidenten 2c. Im Zeitraum 1885-90 hat die Zunahme bei den Evangelischen 18,4, bei den Katholiken 36,1 und bei den Juden 23,2 Proz. betragen. Gegenwärtig sind 85,9 Proz. evangelischer, 8,6 Proz. katholischer und 5 Proz. jüdischer Konfession.

Bernhardt, Sarah, Schauspielerin. Ihr Gatte Jacques d'Amala, von dem sie sich bald nach ihrer Verheiratung wieder trennte, starb im August 1889.

Berthoud, Henri, franz. Schriftsteller, starb 27. März 1891 in Paris.

Betonnungssystem, s. Seezeichen.