Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Botrytis bassiana; Boulanger; Brancaccio; Brandenburg; Branntweinsteuer

120

Botrytis bassiana - Branntweinsteuer

der intellektuelle Urheber der Revolution 15. Nov. 1889 und übernahm unter der republikanischen Regierung das Kriegsministerium, dann das des Unterrichts und der Posten, starb aber 21. Jan. 1891 in Rio de Janeiro.

Botrytis bassiana, s. Tierplagen.

Boulanger, Georges Ernest Jean Marie, franz. General, siedelte 1891 von Jersey nach Brüssel über wegen des Gesundheitszustandes seiner Geliebten, Madame Bonnemain, die dennoch im Juli in Brüssel starb. Schon niedergedrückt durch das völlige Scheitern seiner politischen Rolle wurde B. von diesem neuen Schlage so schwer getroffen, daß er sich 30. Sept. 1891 am Grabe seiner Geliebten auf einem Kirchhof bei Brüssel erschoß. Er hinterließ ein vom 29. Sept. datiertes sogen. politisches Testament, welches aber ganz nichtssagend war und bewies, daß B. ebensowenig politische Ideen wie im entscheidenden Augenblick den Mut der That besaß. Es enthielt nur außer der Mitteilung, daß er den Verlust seiner Geliebten nicht länger ertragen könne, die Versicherung, daß er sein ganzes Leben lang seine Pflicht und nichts als seine Pflicht gethan habe: »Die Geschichte wird nicht streng gegen mich sein, sie wird streng sein gegen die, welche mich verbannten, welche Gewalt gebrauchten und mir die Aburteilung vor ordnungsmäßigen Richtern verweigerten, weil sie wußten, daß meine Freisprechung sicher war. Indem ich aus dem Leben scheide, bedauere ich nur das eine, daß ich nicht auf dem Schlachtfeld als Soldat für mein Vaterland sterbe.« Der Selbstmord des einst, besonders von den Frauen, so vergötterten Generals machte in Frankreich wenig Eindruck, und der Boulangismus oder die Boulange wird bald zu den halb vergessenen Episoden gehören, an denen die französische Geschichte so reich ist.

Brancaccio, Carlo, ital. Maler, geb. 6. März 1861 zu Neapel, widmete sich zuerst dem Studium der Mathematik, wandte sich aber mit 22 Jahren der Malerei zu, wobei er durch die Unterweisung und die Ratschläge des neapolitanischen Genre- und Landschaftsmalers Eduardo Dalbono (geb. 1843) gefördert wurde. Zu seiner Spezialität erkor er sich die Landschaft in und um Neapel und das neapolitanische Straßenbild. Im Gegensatze zu den fremden Landschaftsmalern, die den Golf und den Strand von Neapel in den sattesten Farben bei intensiver Beleuchtung zu schildern gewohnt sind, bevorzugt B. im Zusammenhang mit der neuern realistischen Richtung die Frühjahrs-, Herbst- und Winterstimmung bei gebrochenem Licht, legt jedoch innerhalb der kühlen Tonstimmung einen großen Wert auf sorgfältige Detailzeichnung. Seine neapolitanischen Ansichten werden darum von den Neapel besuchenden Fremden hoch geschätzt und gern gekauft, und auch auf deutschen Ausstellungen haben die Landschaften und die mit zahlreichen Figuren ausgestatteten Straßenbilder Brancaccios durch ihre geistvolle lebendige Auffassung und durch die Feinheit des Kolorits viele Freunde gefunden.

Brandenburg. Die Bevölkerung in der Provinz B. betrug (ohne die Stadt Berlin mit 1,578,794 Einw.) nach der Volkszählung vom 1. Dez. 1890 2,541,783 Seelen und hat seit 1885 um 199,372 Seelen oder 8,51 Proz. zugenommen. Davon entfallen auf:

Einw. Zunahme

Reg.-Bez. Potsdam 1404626 178505

Frankfurt 1137157 20866

Die jährliche Zunahme betrug im Durchschnitt 1,63 Proz. und war stärker als in den drei vorhergehenden

^[Spaltenwechsel]

Zählungsperioden (1880-85 jährlich 0,66 Proz., 1875-80: 0,99 und 1871-75: 1,46 Proz.). Doch fand eine erhebliche Steigerung der Bevölkerung nur in den größern Städten und den um Berlin liegenden Kreisen statt. Nach dem Geschlecht entfallen auf 100 männliche 109,3 weibliche Personen. Städte mit mehr als 20,000 Einw. besitzt die Provinz 9, nämlich: Charlottenburg mit 76,859 Einw., Frankfurt a. O. 55,738, Potsdam 54,125, Spandau 45,365, Brandenburg a. H. 37,817, Kottbus 34,910, Guben 29,328. Landsberg a. W. 28,065, Forst i. L. 23,539 Einw. Landgemeinden mit mehr als 20,000 Einw. sind Rixdorf (35,728), Schöneberg (28,844) und Lichtenberg (22,773), sämtlich Vororte Berlins.

Branntweinsteuer. Das deutsche Reichsgesetz vom 24. Juni 1887 hatte den kleinen, insbesondere landwirtschaftlichen Brennereien im allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse vor den größern gewerblichen Brennereien mehrere Begünstigungen zugestanden (vgl. Bd. 17, S. 160). Die letztern sind neuerdings durch Gesetz vom 8. Juni 1891 noch erweitert worden. Nach dem Gesetz von 1887 sollten in Zukunft für die bisher beteiligten Brennereien nach Ablauf von je 3 Jahren die Mengen Branntwein, für welche nur der niedere Abgabesatz von 50 Pf. vom Liter zu entrichten ist, nach dem Durchschnitt der zu diesem Satz in den vergangenen 3 Jahren wirklich hergestellten Mengen erfolgen. Nunmehr wurde bestimmt, daß für diejenigen bisher beteiligten landwirtschaftlichen Brennereien, welche in keinem der Jahre 1887/88 bis 1869/90 mehr als 267,750 Lit. Bottichraum bemaischt haben, statt der in den letzten 3 Jahren durchschnittlich zum niedrigern Abgabesatz hergestellten Jahresmengen um ein Fünftel der letztern erhöhte Mengen in Rechnung gestellt werden sollen. Diese Erhöhung des Kontingents war anfänglich nur für die kleinen Brennereien vorgesehen, welche vom 1. Okt. bis 15. Juni nicht mehr als 1050 L. täglich bemaischen; sie wurde damit begründet, daß diese Brennereien bei der zum 1. Okt. 1887 eingetretenen Kontingentierung gegenüber den andern Brennereien deshalb zu ungünstig weggekommen seien, weil sie nach den frühern Bestimmungen nur fünf Sechstel der Maischraumsteuer zu entrichten gehabt und demgemäß auch nur diese fünf Sechstel der Maischraumsteuer bei der Berechnung des Kontingents zu Grunde gelegt seien. Der Reichstag aber hatte diese Begünstigung über dieses Maß hinaus noch erweitert. Niedrigere Steuersätze waren vorgesehen für kleinere landwirtschaftliche Brennereien, welche nur während der Zeit vom 1. Okt. bis 15. Juni betrieben werden, und zwar sollen von denselben erhoben werden nur 60 Proz. der Maischbottichsteuer, wenn sie an einem Tage durchschnittlich nicht mehr als 1050 L. Bottichraum oemaischen, nur 80 Proz. bei 1500 L. und nur 90 Proz., wenn der Bottichraum nicht über 3000 L. beträgt. Das neue Gesetz gesteht einen größern Spielraum für den Brennereibetrieb zu, indem es die Begünstigung landwirtschaftlichen Brennereien gewährt, welche nur während eines Zeitraumes von höchstens 8 1/2 Monaten innerhalb der Zeit vom 1. Sept. bis 15. Juni betrieben werden. Diese Änderung war deswegen notwendig, weil Brennereibesitzer, namentlich in den östlichen Gebieten Deutschlands, oft durch Witterungs- und Futterverhältnisse gezwungen sind, den Betrieb schon im September zu eröffnen. Dann wurde die Materialsteuer für einige Stoffe ermäßigt. Von Baden aus war gewünscht worden, es möchte der sogen. Haustrunk, d. h. diejenige Menge, welche zur eignen häuslichen Verwendung im kleinen erzeugt