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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Chile (Statistisches, Geschichte)

peter ausgeführt. Die Einnahmen des Zollhauses in Iquique betrugen im Oktober 1880: 1,920,000, die des Zollhauses in Pisagua 1,260,000 Pesos. Der gesamte Salpeterexport vom 1. Jan. 1878 bis 30. Juni 1889 betrug 4,992,470,609 kg im Werte von 245,885.758 Pesos. Die Pampa Tamarugal, in der das Salpeter gewonnen wird, soll mehr als 50 Mill. Ton. Salpeter enthalten. Von dem 1889 ausgeführten Salpeter gingen 7,927,000 Ztr. nach Europa (3,019,552 nach Deutschland, 1,499,616 nach Frankreich, 1,058,672 nach England, 709,168 nach Belgien, 508,000 nach Holland) und 799,560 Ztr. nach Nordamerika. Die mit der Salpeterproduktion in natürlicher Verbindung stehende Jodproduktion wurde durch ein Kartell aufs äußerste beschränkt; sie betrug 1888 nur 91,375 kg im Werte von 913,750 Pesos. Die Produktion von Kohle beträgt jetzt monatlich 50,000 Ton., die Ausfuhr 1888: 128,386 T. im Werte von 1,314,259 Pesos. Die chilenische Kohle, welche über das ganze Territorium von der Bai von Concepcion bis zur Magelhaensstraße ausgebreitet sich

findet, ist tertiäre Glanzkohle, welche der westfälischen Glanzkohle qualitativ gleichkommt. Weizenbau wurde 1885 auf 292,979 Hektar betrieben; 1888 betrug die Ernte 11 Mill. hl. Das Land brauchte selbst nur 6 Mill., konnte daher 5 Mill. ausführen, nimmt demnach unter den Getreide exportierenden Ländern die fünfte Stelle ein. Die Ausfuhr von Weizen (meist nach England) betrug 92,885,447 kg im Werte von 4,548,729 Pesos, die von Mehl (meist nach Ecuador) 3,152,553 kg, von Gerste (meist nach England) 24,260,509 kg (vgl. auch Getreideproduktion). Der Weinbau umfaßt bereits 70,000 Hektar mit einer Jahresproduktion von 1 1/2 Mill. hl, doch ist die Ausfuhr noch gering (1888 für 41,532 Pesos). Von sämtlichen Ausfuhrartikeln entfallen auf den Bergbau 91, auf den Ackerbau 6,3, auf die Industrie 2,7 Proz. Die Handelsbewegung war in den beiden letzten nachgewiesenen Jahren folgende:

Einfuhr Ausfuhr Zollertrag

1888: 60717698 73089935 37406847 Pesos

1889: 65090013 65963100 41074095

Von der 1889er Einfuhr kamen auf England 27,9, Deutschland 14,8, Frankreich 6,5, Argentinien 5,2, Vereinigte Staaten von Nordamerika 3,8, Peru 3,6 Mill. Pesos, von der Ausfuhr auf England 48,4, Deutschland 5,1, Frankreich 2,2, Vereinigte Staaten 3,8, Peru 1,4 Mill. Pesos. Von dem Gesamtexport (65,963,100 Pesos) kamen allein auf Mineralien (besonders Salpeter, Kupfer, Silber) 48 Mill. Pesos.

Der Schiffsverkehr ist in stetiger Zunahme; 1889 liefen 11,109 Schiffe von 9,723,998 Ton. ein. Die Handelsflotte zählt 191 Schiffe von 90,783 T., davon 40 Dampfer von 22,897 T. Die Küste hat 16 Leuchttürme, von denen aber nur einer ersten Ranges ist (der auf der Insel Santa Maria im äußersten Norden), die meisten sind vierten und sechsten Ranges.

Die Eisenbahnen hatten 1890 eine Länge von 2709 km, davon 1068 km Staats- u. 1641 km Privatbahnen. Die Post beförderte 1889 durch 506 Anstalten 17,606,056 Briefe, 42,143 Warenproben, 1,114,001 offizielle Sendungen und 24,715,629 Zeitungen und Drucksachen.

Die Einnahmen der Post betrugen 611,952, die Ausgaben 633,081 Pesos. Die Staatstelegraphen beförderten durch 304 Ämter auf 12,691 km Linien 603,628 Depeschen; die Einnahmen betrugen 152,392, die Ausgaben 386,106 Pesos. Es bestanden 107 Ämter der Privattelegraphen und Fernsprecher mit einer Länge von 8297 km.

Die Staatseinnahmen bezifferten sich 1889

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auf 90,645,735, die Ausgaben auf 59,387,209 Pesos, so daß auf 1890 ein Überschuß von 31,257,526 Pesos übertragenwerden konnte. Das Budget für dieses Jahr war mit 89,257,526 Pesos Einnahmen und 67,069,809 Pesos Ausgaben, darunter 21,164,567 Pesos für öffentliche Ärbeiten, veranschlagt. Die Staatsschuld betrug 1. Jan. 1890: 93,617,955 Pesos, davon 47,116,460 äußere, 24,013,579 innere Schuld und 22,487,946 Papiergeld. Das Heer zählte 1890: 940 Offiziere (9 Generale, 26 Obersten, 97 Oberstleutnants, 148 Majore, 298 Kapitäne, 362 Leutnants) und 6671 Mann (3 Bataillone Infanterie, 3 Regimenter Kavallerie, 2 Regimenter u. 1 Bataillon Artillerie, 1 Bataillon Pioniere). Dazu kam eine Nationalgarde von 42,120 Mann Infanterie und 8970 Mann Artillerie, zusammen 51,090 Mann. Die Marine zählte 3 Panzerfregatten, 3 Korvetten, 2 Kanonenboote, 1 Kreuzer, 2 Transportdampfer und 3 Pontons, zusammen mit 82 Kanonen, 14,870 T. und 3812 Pferdekräften. Außerdem gehören zur Marine 2 Schulschiffe, 5 kleinere Dampfer und 10 Torpedofahrzeuge. Mehrere andre waren bei Beginn des Bürgerkrieges im Auslande im Bau und sind seitdem von dort abgegangen. Die Bemannung bestand aus 1925 Mann, darunter 5 Konteradmirale, 11 Linienschiffskapitäne, 24 Fregattenkapitäne, 24 Korvettenkapitäne 2c.

Geschichte.

Der südamerikanische Freistaat, welcher wegen der Ruhe und Ordnung im Innern und seiner Erfolge nach außen stets gepriesen worden war, wurde 1891 durch einen langwierigen verderblichen Bürgerkrieg erschüttert. Der Präsident Valmaceda, der als Führer der Liberalen 1886 zum Präsidenten gewählt worden war, stellte sich bald auf den bisher auch von den frühern Präsidenten, namentlich von Montt, vertretenen Standpunkt, daß der vom Volke gewählte Präsident nicht von der Mehrheit des Kongresses abhängig sei, daß er gleich dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika für die Zeit seiner Amtsdauer eine monarchische Gewalt, vor allem das Recht des Veto und der Ernennung der Minister nach seinem Belieben habe. Balmaceda rechnete besonders auf die Unterstützung der demokratischen Partei. Dagegen verlangte die aus der Aristokratie hervorgegangene Mehrheit des Kongresses, daß der Präsident nur solche Ministerien ernenne, die ihr genehm seien. Der Konflikt wurde verschärft durch die Günstlingswirtschaft Valmacedas. Zum neuen, 1891 zu erwählenden Präsidenten wünschte Balmaceda seinen Freund, den Minister des Innern Sanfuentes, er nannt zu sehen. Um dies zu verhindern, beschloß der Kongreß ein Gesetz, welches die Freiheit der Präsidentenwahl gegen den unberechtigten Einfluß der Regierung schützen sollte, Valmaceda ließ nun Sanfuentes als Präsidentschaftskandidaten fallen, legte aber gegen jenes Gesetz sein Veto ein. Der Kongreß verweigerte darauf seine Zustimmung zum Staatshaushaltsgesetz von 1890/91, und Balmaceda sah sich genötigt, 43 Tage ohne Budget und ohne Steuern zu regieren, was große Verwirrung hervorrief, bis ein aus allen Parteien zusammengesetztes Ministerium die Bewilligung des Staatshaushalts erlangte. Sobald dies erreicht war, berief Valmaceda wieder seine alten Freunde in das Ministerium, und als der Kongreß die Ernennung eines ihm genehmen Kabinetts forderte, schloß er ihn im Oktober 1890, noch ehe er das Budget für 1891/92 und das Gesetz über den Bestand der Kriegsmacht für 1891 genehmigt hatte. Der Verfassung gemäß hatte nun ein parlamentarischer Ausschuß, die Comision Conserva-