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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hautfarne - Hautüberpflanzung
die entweder auf der Rücken- und Bauchseite ver- l schieden (dorsiventral) oder ringsum gleichartig (ra-! diät) gebaut ist; im erstern Falle bilden die Blätter und Sprosse zwei seitliche Zeilen an der längsgestreckten Achse; andernfalls sind die Sprosse radiär beblättert und gestaucht. Die Blätter erscheinen einfach oder mehrfach gefiedert bis fein Zerschlitzt; die Nerven sind einfach oder in verschiedener Weise gabelig verzweigt oder gefiedert. Bisweilen sind sterile und fertile Blätter zu unterscheiden, von welchen die letztern mehr oder weniger starke Reduktion des Blattparenchyms und der Fiederung aufweisen. Den Stamm wie auch die Adventivwurzeln durchzieht ein zentrales, von einer Schutz- und Hartscheide umgebenes Leitbündel. Andre Formen sind wurzellos oder entwickeln, dicht der Unterlage angeschmiegt, reichliche braune Haarwurzeln, die außer der Ernährung auch als Haftorgan dienen. In Zusammenhang mit der schwachen Belichtung des Urwaldbodens sind die tz. ausgeprägte Schattenpflanzen, deren Blätter vielfach nur eins einzige Zellenlage mit außenwandständigen Vlattgrünkörnern entwickelt; sind die Blätter mehrschichtig, so tritt das Chlorophyll nur in der äußersten Zellschicht auf. Ober- und Unterseite verhalten sich hierin gleich, wenn bei aufrechter Stellung der Blätter das Licht beide Seiten derselben trifft; wenn dagegen, wie dies bei dem interessanten, von Hildebrandt auf St. Johanna gesammelten, durch kriechende, abgeflachte Stämmchenteile ausgezeichneten II. 6piiül)tniu //. vorkommt, dorsiventral zweizeilige, der Unterlage angedrückte Blätter vorhanden sind, so entwickeln nur die Zellen der Blattoberseite Blattgrünkörner. Die schildförmigen, in der Mitte befestigten, unterseits mit zahlreichen Haarwurzeln ausgestatteten Blätter genannter Art lassen außerdem in einer andern Eigentümlichkeit den Einfluß äußerer Kräfte sehr deutlich erkennen; sie sind nämlich in ihrer Jugend völlig kreisrund; sobald sie aber mit einem Nachbarblatt in Berührung kommen und von demselben teilweise bedeckt werden, hört in den betreffenden Stellen beider Blätter das Wachstum auf, weil für den überdeckten Teil die Beleuchtung und für den deckenden Teil die Zufuhr von Nährstoffen aus der Unterlage ungenügend wird; das Blatt nimmt hierdurch eine unregelmäßig lappige Form an. Die durchscheinende Beschaffenheit teilen viele H. mit Wasserpflanzen, wie Niollsg. und I>0tain00'6t0n, da in beiden Fällen eine Durchleuchtung des Gewebes von Vorteil erscheint; auch die für die Assimilation bedeutungsvolle Zerteilung der Blattfläche in viele zarte Zipfel kommt sowohl bei einigen Arten der H. als bei Nasserpflanzen vor. Das epiphytische Wachstum vieler H. auf Baumstämmen, wo sie von dem wasserdurchtränkten Waldboden abgeschnitten sind, macht besondere Einrichtungen zur Sicherung der Wasseraufnahme notwendig. Aus diesem Gründe benetzen sich die Vlattoberflä'chen der H. ohne Schwierigkeit mit Wasser, während dasselbe von zahlreichen andern Blättern ohne Benetzung in Tropfenform abfließt.
Außerdem besitzen die Außenwände der Blattzeilen verdünnte Hautpartien (Tüpfel), durch welche das Wasser leichter eindringen kann. Auch die Dornhaare, die als Schutzvorrichtung n:n Vlanrande einer Anzahl von^!'icd0MclU68-Arten (besonders bei den win zigen Formen der Hemi^Iüedium-Gruppe) vorkommen, entwickeln zarte, zur Wasseraufnahme geeignete Außenwandungen, dagegen stark verdickte, dem Vlattrande zugekehrte Innenwände. Als Einrichtungen der Wasserspeicheruna. dienen die dichten Haurüberzüge Meyers Konv.» Lexikon. 4. A^fl.. XIX. Bd.
der Sprossen und Blattstiele, von denen das Wasser festgehalten wird, desgleichen seitlich übereinandergreifende Dornhaare (bei den Hemiphlebien), die als ein aus dichten Maschen bestehendes Gitterwerk dicht über der Blattfläche liegen und in. ihre kapillaren Hohlräume das Wasser einsaugen. Ähnliches leisten Bekleidungen mit sternförmigen Haaren oder flügelartige Auswüchse des über den Blattnerven liegenden Gewebes. Die wurzellosen I^ioiioiuaneg-Arten besitzen mit Blattrudimenten versehene oder gan) blattlose, wurzelähnliche Sprosse, die dicht mit Sang-Haaren bekleidet sind und nach allen Richtungen auf der Unterlage umherkriechen. Der Aufgabe der Stoffleitung dienen die Leitbündel, die allerdings bei den einfachsten, wurzellosen Formen stark rückgebildet sind und bisweilen ganz der Gefäße entbehren (Scheinnerven); in letzterm Falle sitzt jedoch dem Nerv niemals ein Svorangienhäufchen (Sorus) auf, sondern zu einem solchen führt stets ein wirkliches Leitbündel, das die für die Entwickelung und das Wachstum der Vermehrungsorgane notwendigen Baustoffe herbeiführt. Um die Leitung von den assimilierenden Zellen des Blattes in die Leitbündel desselben zu ermöglichen, sind dieselben meist nur alt zwei Seiten mit Hartgewebe (Sklerenchym) umgeben, während sonst dünnwandiges Gewebe angrenzt.
Stärker verdickte Wände werden außerdem von zahlreichen Tüpfeln durchsetzt, die auf den Wänden senkrecht zur Richtung vom Blattrande nach den Nerven reichlicher auftreten als in den dazu parallel laufenden und damit die vorwiegende Saftströmung in der Richtung vom Vlattrande gegen die Nerven hin andeuten. Durch die Leitbahnen des Stengels wird der Ernährungsstrom den jungen, in Entwickelung begriffenen Organen, wie dem Sproßscheitel, den Vl'attanlagen und den Entwickelungsstellen der Sporangien, zugeführt. Diese einfache Form der Stromleitung genügt für Pflanzen, die im Moose kriechen oder der Oberfläche eines bewachsenen Baumstammes sich anschmiegen; für größere, ihre Blätter vom Boden abhebende Formen müssen aus letzterm Nährstoffe in das assimilierende Gewebe geleitet werden, weshalb in diesem Falle die Gefäßbündel sich stärker ent! wickeln und Adventivwurzeln oder Saughaare der! Sprosse die Aufnahme der Vodenstoffe übernehmen.
! Radiär gebaute H. ohne Wurzeln kann es daher nicht geben, da der sich vom Boden erhebende Stamm auch bei reichlichster Bekleidung mit Saughaaren eine ausreichende Aufnahme anorganischer Stoffe nicht zu! vermitteln vermöchte. Auch eine Reihe von Festil gungs- und Schutzeinrichtungen, wie z. B. eigentümz lich eingerollte Schuppen am Blattrande von^i'ioko-1NKN68 memdi'^nkeeuin, kommt bei den Hautfarnen vor. Die geschilderten, mit den Standortsverhälti nissen und der Lebensweise der Arten eng zusam^ menhängenden Vaueigentümlichkeiten lassen nun erkennen, daß die H. gewisse Merkmale der Schattenpflanzen .. der Epiphyten und der Wassergewächse in! sich vereinigen und also bedeutend von dem Schema! abweichen, das man als das normale des Pflanzen! reichs anzusehen pflegt. Als überlebende Urform der! Farne lassen sich die H. nicht auffassen, da sie in! zahlreichen Beziehungen den höchsten Gliedern dieserz Pflanzenklasse nahestehen und nur in einzelnen vegez tativen Teilen, wie den Wurzeln, den Blättern u. a,! starke Rückbildungen aufweisen. Vgl. Göbel, Veiz trag zur Keimungsgeschichte einiger Farne (»^imNi63^ äu M'äiu d0tg.11. äß Iiuiteu^or Z'«, Bd. 7); Giesenhagen, Die Hymenophyllaceen (»Flora« 1890).
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