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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Krankenkassen - Krebs
sowie in den Betrieben der Marine- und Heeresverwaltungen (außer der Besatzung von Seeschiffen, auf welche die M48 u.49 der Seemannsordnung Anwendung finden). Handlungsgehilfen und -Lehrlinge unterliegen der Versicherungspflicht nur, sofern durch Vertrag die ihnen nach Artikel 60 des Handelsgesetzbuches zustehenden Rechte (sechswöchentliche Fortzahlung des Gehaltes bei Krankheit) aufgehoben oder beschränkt sind. Doch kann auf dieselben, soweit sie nicht bereits nach H 1 versicherungspflichtig sind, ebenso nunmehr auch auf Betriebsbeamte der Land- und Forstwirtschaft durch Ortsstatut der Versicherungszwang erstreckt werden. Solche ortsstatutarischen Bestimmungen waren auch früher für Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken zugelassen, jetzt aber sind diese Personen ausdrücklich eines jeden Versicherungszwanges nach dem Krankenkassengesetz enthoben worden. Befreit von dem Versicherungszwang sind Betriebsbeamte, Werkmeister und Techniker. Handlungsgehilfen und -Lehrlinge, die bei Anwälten, Notaren :c. beschäftigten Personen, wenn ihr Arbeitsverdienst 62/3 Mk. für den Arbeitstag oder, sofern Lohn oder Gehalt nach größern Zeitabschnitten bemessen ist, 2000 Mk. für das Jahr gerechnet, nicht übersteigt. Solche Personen mit höherm Einkommen sind in Zukunft auf die freien Hilfskassen angewiesen.
Auf ihren Antrag sind von der Versicherungspflicht zu befreien Personen, welche infolge von Verletzungen, Gebrechen, chronischen Krankheiten oder Alter nur teilweise oder nur zeitweise erwerbsunfähig sind, wenn der Unterstützungspflichtige Armenverband der Befreiung zustimmt, sowie solche, welchen gegen einen genügend leistungsfähigen Arbeitgeber ein Anspruch auf zureichende Unterstützung zusteht; ähnliche Bestimmungen gelten für Lehrlinge sowie für in Arveiterkolonien und andern Wohlthätigkeitsanstalten beschäftigte Personen.
Ferner wurde der Kreis der Personen erweitert, welche der Gemeindekrankenversicherung beitreten können, sofern ihr jährliches Gesamteinkommen 2000 Mk. nicht übersteigt. Die Gemeinde (ebenso das Kassenstatut für Ortskrankenkassen) kann bestimmen, daß Versicherten, welche die Gemeinde-Krankenversicherung (bez. die Ortskrankenkasse) durch eine mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bedrohte strafbare Handlung geschädigt haben, für die Dauer von 12 Monaten seit Begehung der Strafthat das Krankengeld gar nicht oder nur teilweise zu gewähren ist. Früher konnten Mitglieder von Ortskrankenkassen, welche die Kasse wiederholt durch Betrug geschädigt hatten, von der Mitgliedschaft einfach ausgeschlossen werden. Gemeinden können beschließen, daß Krankengeld allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen schon vom Tage des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit ab sowie für Sonn- und Festtage zu zahlen ist, daß Versicherten aus ihren Antrag auch die gesetzlichen Leistungen für ihre dem Versicherungszwang nicht unterliegenden Familienangehörigen zu gewähren sind, in welchem Falle jedoch besondere, von der Gemeindekrankenversicherung allgemein festzusetzende Zusatzleistungen und zwar nur von den Versicherten, nicht aber auch von deren Arbeitgebern erhoben werden; ferner können sie, von dringenden Fällen abgesehen, den Arzt-, Apotheken- und Krankenhauszwang einführen und Vorschriften über das Verhalten der Kranken und über die Krankenaufsicht 2c. erlassen. Gleiche Bestimmungen können auch in den Etatuten von Ortskrankenkassen getroffen werden.
Gewerbszweige und Betriebsarten, für welche eine Ortskrankenkasse nicht besteht, können von der
Gemeinde einer bestehenden Ortskrankenkasse zugewiesen werden. Ein Necht, solchen Kassen beizutreten, haben nicht mehr alle nichtoerficherungspflichtigen Personen, welche den im Kassenstatut bezeichneten Gewerben angehören, sondern nur noch diejenigen, welche ein jährliches Einkommen von nicht über 2000 Mk. haben. Wöchnerinnen erhalten in Zukunft eine Unterstützung für mindestens 4 (seither 3) Wochen nach ihrer Niederkunft, und soweit ihre Beschäftigung nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung für eine längere Zeit untersagt ist, für diese Zeit, allerdings jetzt nur unt^r der Voraussetzung, daß sie innerhalb des letzten Jahres, von: Tage der En Mndvu'g ab gerechnet, mindestens 6 Monate einer der gesetzlichen Kassen oder der Gemeindekrankenversicherung angehört haben. Ortskrankenkassen können nach Beendigung der Krankenunterstützung für ein Jahr für Rekonvaleszenten durch Unterbringung in eine Anstalt 2c. Fürsorge treffen. Die Beiträge können sie für die verschiedenen Gewerbszweige oder Betriebsarten je nach dem Grade der Gefährdung derselben verschieden bemessen. Wird zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit einer Kasse eine schleunige Vermehrung ihrer Einnahmen oder Verminderung ihrer Ausgaben erforderlich, so kann die höhere Verwaltungsbehörde eine sofortige vorläufige Erhöhung der Beiträge oder Herabsetzung der Leistungen (letztere bis zur gesetzlichen Mindestleistung) verfügen. Hiergegen ist Beschwerde Zulässig, doch hat dieselbe keine aufschiebende Wirkung. Im Falle der Erwerbsunfähigkeit werden für die Dauer der Krankenunterstützung Beiträge nicht entrichtet, die Mitgliedschaft dauert jedoch in dieser Zeit fort.
Geht von mehreren Betrieben eines Unternehmers, für welche eine gemeinsame Betriebs- (Fabrik-) Krankenkasse besteht, einer in den Besitz eines andern Unternehmers über, so scheiden die in diesem Betriebe beschäftigten Personen auf Antrag aus; das Vermögen ist dann zu teilen. Mehrere Kassen für Betriebe desselben Unternehmers können zu einer Kasse vereinigt werden. Sind Innungskrankenkassen errichtet, so müssen die von den betreffenden Innungsmeistern beschäftigten Personen denselben angehören, sofern sie nicht Mitglieder einer eingeschriebenen Hilfskasse sind.
Freie (eingeschriebene) tzilfskassen haben jedes Ausscheiden eines Versicherungspflichtigen Mitgliedes aus der Kasse und jedes Übertreten eines solchen in eine niedrigere Mitgliederklasse bei der Meldestelle anzuzeigen. Mitglieder solcher Kassen sind von der Verpflichtung, einer gesetzlichen Krankenversicherung anzugehören, befreit, wenn die Kasse mindestens diejenigen Leistungen gewährt, welche von der Gemeinde zu gewähren sind. Tritt ein Mitglied einer eingeschriebenen tzilfskafse an einem Orte in Beschäftigung, an welchem das Krankengeld hinter dem der Gemeindekrankenversicherung zurückbleibt, so gilt die Befreiung noch für die Dauer von 2 Wochen. M^M^ern einer solchen Kasse, welche zugleich der Gemeindekrankenversicherung oder einer gesetzlichen Krankenkasse angehören, kann an Stelle der freien ärztlichen Behandlung und Arznei eine Erhöhung des Krankengeldes um ein Viertel des ortsüblichen Tagelohns ihres Beschäftigungsortes gewährt werden. '
Die Strafbestimmungen sind, zumal gegenüber dem Arbeitgeber, strenger gefaßt als seither. Vgl.
Zeller, das Krankenversicherungsgesetz !c. in der
Krebs, Hugo, Schriftsteller, starb 10. Dez. 18W in Dessau.