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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Leichenbretter; Leichhardt; Leitfeuer; Lendenfeld; Leo XIII.

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Leichenbretter - Leo XIII.

schaft an dem von ihm veröffentlichten System bezweifelt. Im Laufe der Jahre geriet L. mit seinen eignen Anhängern wegen Änderungen am System in Streit und wurde schließlich aus der Leitung der Schule herausgedrängt. Nur ein kleiner Stamm von Anhängern blieb ihm treu; in Gemeinschaft mit diesen bildete er das System weiter und gab ihm den Namen "Schnellstenographie". Der Hauptteil der Schule hinwiederum nahm selbständig andre Modifikationen an dem System vor, behielt aber den Namen "Stenotachygraphie" oder "Engschnellschrift" bei. Hinter L. selbst stehen nur 2 Vereine zu Berlin; die von ihm abgefallene Schule bildet den "Allgemeinen deutschen Stenotachygraphenverband" mit 6 Bezirksverbänden, ihr gehören rund 130 Vereine mit 2400 Mitgliedern an. Das bedeutendste Blatt der Schule ist das "Journal für Stenographie" (Verl., seit 1889). Lehmanns ursprünglicher "Leitfaden" ist in den Händen der Stenotachygraphen verblieben und liegt in 16. Auflage (Berl. 1890) vor; derselben Richtung gehört der "Lehrgang" von Dahms an (5. Aufl., Halle a. S. 1890). Dagegen hat L. für seine Schnellstenographie ein neues "Lehrbuch" (Berl. 1890) herausgegeben. Vgl. Sandow, Verzeichnis der stenotachygraphischen Litteratur (Berl. 1891); Günther, Kritische Beleuchtung der Stenotachygraphie (Bresl. 1885); Dahms, Ist die Stenotachygraphie eine rationelle Kurzschrift? (Halle 1886); "A. Lehmann, ein Charakterbild" (2. Aufl., Münch. 1885); G. Müller, Kritik der Stenotachygraphie (Freib. i.B. 1886); Reiße, Kalender für Stenotachygraphen (Schweidnitz 1891).

Leichenbretter. Die Sitte, das Brett, auf welchem die Leiche vor dem Begräbnis gelegen hat, nach demselben öffentlich auszustellen, ist uralt. Wir finden sie schon erwähnt im Nibelungenlied, in welchem das Brett, auf das des erschlagenen Siegfried Körper, nachdem er gewaschen war, gelegt wurde, rê genannt wird. Und noch jetzt ist in den Alpen die Bezeichnung "Rêbrett" (Rechbrett) üblich. In der Schweiz heißt das Brett "Laden", in der bayrischen Oberpfalz "Trudenbrett". Die Leichen wurden ursprünglich nicht in Särgen bestattet, vielmehr nur in Tücher gehüllt oder in ausgehöhlten Bäumen, den Totenbäumen. Zum Schutz gegen die nachfallende Erde legte man ein Brett (lignum insuper impositum) auf die Leiche, wie das in den Reihengräbern von Gauting beobachtet worden ist. Als mit dem Christentum die Bestattung in Särgen jene ältere heidnische Bestattung verdrängte, da behielt man doch aus Sorge für das Seelenheil des Verstorbenen die L. bei, welche man nun nicht mehr in das Grab legte, sondern an vielbetretenen Fußpfaden aufstellte. Heute finden wir diese Sitte noch in der Schweiz, in Tirol, Salzburg, Ober- und Niederbayern, in der Oberpfalz und in Böhmen. Im Züricherlande, wo die Leiche noch im vorigen Jahrhundert nur in ein Tuch gehüllt auf einem Brette, der Lade, zu Grabe getragen wurde, wird noch heute der "Laden", auf dem die Leiche aufgebahrt gewesen, beim Wohnhaus als Steg über den nächsten Wassergraben gelegt; diese Verwendung des Leichenbrettes findet sich bis in die Oberpfalz hinein. In St. Gallen richtet man dem Verstorbenen eine hölzerne Gedenktafel mit seinem Namen in Form eines Sargbrettes auf. Im Salzburgischen sind die L. häufig nicht mehr das ursprüngliche Ruhebett des Toten, sondern ein stellvertretendes Machwerk des Tischlers. In Niederbayern, namentlich im Bayrischen Walde, und im Böhmer Walde ist das Leichenbrett am häufigsten vertreten. Es wird hier, nachdem der Tote auf demselben gelegen, zum Schreiner gebracht, der es mit grellen Farben bemalt, mit einem Schutzdach versieht, Inschriften und Heiligenbilder darauf anbringt. Im Bayrischen Walde und in Böhmen stehen die L. meist nicht einzeln, sondern in Gruppen, gewöhnlich um ein Kruzifix herum. Dagegen werden sie in Oberfranken nicht mehr ausgestellt. Man hat hier in jedem Hause ein Totenbrett vorrätig, das seine Verwendung schon bei Ahn und Urahn gefunden hat und auf dem die Leiche liegt, ehe sie im Sarge gebettet wird.

Leichhardt, Ludwig, Australienreisender. Spuren seiner Expedition sind angeblich von Mac Phee aufgefunden worden. Mit der nähern Untersuchung derselben wurde eine von dem Großkaufmann Sir Thomas Elder ausgesandte Expedition unter Lindsay beauftragt, die jedoch ergebnislos verlaufen ist.

Leitfeuer, s. Seezeichen.

Lendenfeld, N. von, Australienreisender und Zoolog, geb. 1858 zu Graz, zeichnete sich früh als Alpinist aus, studierte bis 1881 in Graz Naturwissenschaften, begab sich dann nach Melbourne zur Untersuchung der niedern Meeresfauna, von dort nach Neuseeland, wo er mit seiner Frau den Tasmangletscher vermaß und den Hochstetterdom bestieg. Nach Australien zurückgekehrt, besuchte er von Sydney aus die Australischen Alpen, deren höchste Gipfel er bestieg. 1887 wurde er nach London an das University College berufen. Nach Ausarbeitung seiner australischen Sammlungen in die Heimat zurückgekehrt, habilitierte er sich als Dozent für Zoologie an der Universität Innsbruck. Er veröffentlichte außer den geographischen Arbeiten: "Der Tasmangletscher und seine Umrandung" (Ergänzungsheft 75 zu "Petermanns Mitteilungen" 1884); "Forschungsreise in den Australischen Alpen" (das. Nr. 87, 1887), zahlreiche zoologische Schriften, namentlich über den feinern Bau der Spongien und Cölenteraten; hervorzuheben ist seine große Monographie der Hornschwämme (Lond. 1889).

Leo XIII., Papst, wurde, je länger sein Pontifikat dauerte, desto ungeduldiger in seinem Verlangen nach Herstellung seiner weltlichen Herrschaft. Er geriet mehr und mehr unter den Einfluß der Intransigenten bei der Kurie, denen jedes Mittel zur Erreichung jenes Zieles recht war. Denn wenn auch die Macht des Papstes über die römische Kirche, ihren Klerus und die gläubige Laienwelt unbestrittener war als je, und er auch in weltlichen Dingen, wie in der Encyklika vom 18. Mai 1891 über die Gefahren des Sozialismus und die Mittel, ihnen zu begegnen, sein Urteil öffentlich kundgab, so empfand er es um so schmerzlicher, daß in Rom selbst, vor den Thoren des Vatikans, seine Stimme ungehört verhallte. Noch immer hatte er gehofft, daß Österreich und das Deutsche Reich entweder ihren Einfluß bei Italien zu gunsten seiner weltlichen Stellung geltend machen oder sich von dieser Macht lossagen würden. Als aber keins von beiden geschah, vielmehr im Juni 1891 der Dreibund förmlich erneuert wurde, wandte er seine Blicke nach Frankreich, "der ältesten Tochter der Kirche", mit dessen republikanischer Regierung offen zu brechen er trotz aller kirchenfeindlichen Gesetze der französischen Republik stets sorgfältig vermieden hatte. Einer förmlichen Versöhnung, einem Zusammengehen mit ihr stand der Umstand im Wege, daß bisher der französische Klerus sich zu den Monarchisten gehalten und die republikanische Regierung nicht unterstützt, ja sogar bekämpft hatte. Der Kardinal Lavigerie, von brennendem Eifer sowohl für