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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Musurus Pascha - Myxosporidien
dende (besonders Nückenmarksschwindsüchtige) haben die Unterschiedsempfindlichkeit für Gewichte in hohem Maße verloren. Bei Irren kommen Halluzinationen des Muskelsinnes sehr häufig vor. So sagte ein von Ziehen behandelter Patient: »Ich fühle meinen Kehlkopf und meine Zunge sich bewegen, als ob ich das Wort Vatermörder hörte.«
Gedächtnis des Muskelsinnes, a) Das Gedächtnis der unter dem Namen M. befaßten Empfindungsklassen ist sehr entwickelt, entwickelter beispielsweise als die Erinnerung an die Hautempfindungen.
Da nun innerhalb gewisser Grenzen die Vollkommenheit des Gedächtnisses mit der Feinheit der betreffenden Empfindungsgruppe parallel geht, so ist zu-, gleich ein Rückschluß von jener auf diese erlaubt.
Das Erlernen des Violinspiels z.V. beruht im großen Ganzen auf der Fähigkeit, gewisser Stellungen und Bewegungen der Finger sich so genau zu erinnern, daß sie jederzeit mit Erfolg reproduziert werden können, und die Schulung im Singen hängt vollständig von den: Wiedererkennen bestimmter Kehlkopfempfindungen ab. Noch enger aber als mit der Feinheit des Sinnes ist die Vollkommenheit eines Gedächtnisses milder Lebhaftigkeitder Gefühle verknüpft, sofern dieselben eine konstante Richtung der Aufmerksamkeit auf das bestimmte Vorstellungsgebiet erzeugen. Daher bleiben uns die Spannungen der Gesichtszüge bei den Affekten fehr deutlich im Bewußtsein, d) Die experimentelle Untersuchung ist von H. Beaunis so geführt worden, daß er die Bewegungen für die Zeichnung von Winkeln verschiedener Art oder von verschiedenen Punktabständen in regelmäßigen Zwischenpausen wiederholte. Es hat sich dabei als wichtigstes Ergebnis herausgestellt, daß die Vorstellung der Bewegungsgröße nicht allmählich verblaßt, sondern an einem gewissen Zeitpunkt plötzlich verschwindet, gerade so wie ein vergebens gesuchtes Wort nicht langsam auftaucht, sondern unvermittelt in den Vewüßtseinskreis hineinspringt.
Bewegung. Wenn eine gesunde Person bei geöffneten Augen mit einem normal beschaffenen Körperglied eine Bewegung ausführen will, so setzt sich dieses Wollen aus zwei Gliedern zusammen: .^) aus der Vorstellung des zu erreichenden Zieles; d) aus einem Impuls, der als Innervationsuorstellung oben zergliedert worden ist. Tritt nun die Bewegung ein, so nimmt das Subjekt fünferlei an ihr wahr: a,) Die Ausdehnung oder Exkursion der Bewegung, und zwar entspricht diese der Verkürzung des Muskels;
d) die Geschwindigkeit der Bewegung, welche durch die mechanische Winkelbeschleunigung bedingt ist;
e) die Dauer; ä) die Richtung der Bewegung; e) die Energie der Muskelkontraktion, die durch den der Bewegung entgegengesetzten Widerstand gesteigert und durch Gewichte geinessen werden kann. Daß wir eine jede willkürliche Bewegung derart vorbereiten und beurteilen, besitzt für die zweckmäßige Zusammenordnung oder Koordination eine wesentliche Bedeutung. Man unterscheidet zwischen unbewußter und bewußter Koordination; jene findet z. V. beim Heben des Armes statt, wozu ein uns nicht bemerkbares Zusammenwirken mehrerer Muskeln nötig ist, diese
z. B. beim Tanzen, das deshalb erst erlernt werden muß. Aber ohne die genannten Hilfsquellen würden wir weder zu dem einen noch zu den: andern befähigt sein. Das zeigt sich deutlich in Krankheitsfällen, namentlich ber der sogen. Ataxie. Ataxie nennt man einen Zustand, in welchem die zu einer zusammengesetzten Bewegung notwendig zu innervierenden Muskelgruppen in einer für die Erreichung des Zieles nicht zweckmäßig koordinierten Weise in Thätigkeit versetzt werden. Wenn nun ataktische Patienten auf ihre Sensibilität hin untersucht werden, so finden sich stets erhebliche Störungen im Gebiete des Muskelsinnes, ein Beweis dafür, daß die Unversehrtheit des Muskelsinnes die unerläßliche Vorbedingung für die richtige Ausführung von Bewegungen !st. Ganz ähnlich steht es mit der Erhaltung des Gleichgewichtes. Ein enthirnter Frosch verliert sofort sein Balancieruermögen, sobald ihm die Haut der Hinterbeine abgezogen, d. h. die Erregung durch die Haut und die bedeckten Muskeln, Gelenke, Sehnen 2c. behindert wird. Aus physiologisch-anatomischen Forschungen ergibt sich ferner auch dies, daß sicherlich spezifische Empfindungen für die Lage des Kopfes im Raume existieren, daß dies Empfindungen der Massenbeschleunigung, gewöhnlich der Gravitationsrichtung sind, bei vielen Taubstummen fehlen und im Innern des Kopfes, wahrscheinlich im Otolithenapparate des Gehörorgans entstehen. Nach E. Mach sind es Labyrinthnerven, welche jeden Reiz mit einer Gleichgewichts- oder Vewegungsempfindung beantworten. Dieser Reiz werde aber in der Regel durch den Labyrinthinhalt selbst gesetzt, der bei Bewegungen der Tiere das Schwerpunkt- und Flächenprinzip zu erfüllen strebt und somit Empfindungen hervorruft; zu ihm treten dann die oben aufgezählten Wahrnehmungen, welche den M. zusammensetzen, hinzu. Aus der Summierung von Bewegungsempfindungen und Wahrnehmungen einer Gleichgewichtsveränderung entsteht das Bewußtsein der Ortsveränderung.
Vgl. Mach, Grundlinien der Lehre von den Bewegungsempfindungen (Leipz. 1875); Beaunis, 1^68 86N8ation8 int6i'N68 (Par. 1889); Jan:es, I"rinoipi68 ot P8^c1i0io^ (New York 1890); Münsterberg., Beiträge zur experimentellen Psychologie (Freib. i^Vr. 1889-90); Sunkel, Untersuchungen über den sogen. Kraftsinn (Marb. 1890).
Musurus Pascha, Konstantin, türk. Diplomat, geb. 18. Febr. 180? zu Konstantinopel, griechischer Abkunft, trat 1832 als Sekretär in die Dienste des Fürsten Stephan Vogorides, der ihn 1833 als seinen Vertreter nach Samos sandte, wo er die Einwohner zur Unterwerfung unter die Pforte bewog. 1839 heiratete er die Prinzessin Anna Vogorides und wurde 1840 türkischer Gesandter in Athen, 1848 in Wien, 1850 in Turin und 1851 in London. 1856 erhielt er den Rang eines Botschafters und 1867 den eines Muschirs. Nachdem er 1885 seine Entlassung genommen, starb er 12. Febr. 1891 in Konstantinopel.
Er lieferte eine vortreffliche Übersetzung von Dantes »divina. (Doinmsäia.« in das Griechische (Lond.1882 bis 1885, 3 Bde.).
Myzosporidicn, s. Protozoen.