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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Osterreich (Eisenbahnen, Schiffahrt, Post, Telegraph)
^Eisenbahnen, Schiffahrt, Post, Telegraph.) Im I.
1890 wurden in Ö.-Ungarn im ganzen 524 und im I. 1891: 990 km neue Eisenbahnen dem Verkehr übergeben. Hiervon kamen auf Ö. 152, bez. 294, auf Nngarn 372, bez. 696 km. Von den neu eröffneten Linien ist die wichtigste die 70 km lange Strecke Iaslo-Rzezow, welche eine Verbindung zwischen der galizischen Transversal- und der Karl Ludwigbahn herstellt. Am Ende des Jahres 1891 hatte das'österreichische Eisenbahnnetz eine Ausdehnung von 15,581 km, wovon 7131km fich im Staatsbetriebe befinden, das ungarische Netz eine Ausdehnung von 11,962km. Von hervorragender Bedeutung ist die 2. Aug. 1891 erfolgte Eröffnung der letzten Teilstrecke der Eisenbahn Serajeuo-Metkovic, welche die Handelsstraße von den Gestaden der Adria durch das ganze Okkupationsgebiet bis zum ungarischen Staatsbahnnetz zum Abschluß bringt. Eine strategische Eisenbahn, deren Vau von österreichischer und ungarischer Seite gleichzeitig ausgeführt werden wird, ist die Linie Stanislau-Marmaros-Sziget, welche ein neues Verbindungsglied zwischen dem galizischen und ungarischen Eisenbahnnetz bilden wird. Der Verstaatlichungsprozeß der Eisenbahnen hat in Ö. - Ungarn weitere Fortschritte gemacht. Vom 1. Jan. 1892 an geht auf Grund des mit der galizischen Karl Ludwig-bahn abgeschlossenen Übereinkominens diese Bahn mit einem Netz von 856 km in das Eigentum des österreichischen Staates über. Die Aktionäre erhalten eine Jahresrente von 10 Guld. für ihre auf 210 Guld. lautenden Aktien, welche in Staatsschuldverschreibungen umgewandelt werden. Auch übernimmt der Staat die Prioritätsschuld und die sonstigen Verbindlichkeiten der Bahngesellschaft. Nach Ausführung dieser Vereinbarung wird der Staat im Besitz des gesamten galizischen Eisenbahnnetzes sein. Anderseits wurden die ungarischen Linien der österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft von der ungarischen Regierung gegen eine an diese Gesellschaft zu zahlende fixe Rente von jährlich 9,588,000 Guld. angekauft, eine Maßregel, durch welche der ungarische Staat nun vollkommen Herr der Verkehrspolitik innerhalb seines ganzen Gebietes geworden ist und sich der Notwendigkeit enthoben sieht, auf seinen Linien das zweite Geleise zu legen. Der am I.Iuli 1890 im Personenverkehr der österreichischen Staatsbahnen eingeführte Kreuzer-Zonentarif hat auf die Frequenz dieser Bahnen einen belebenden Einfluß ausgeübt. Die Anzahl der beförderten Personen ist in der Periode vom 1. Juli 1890 bis 30. Juni 1891 gegen das Vorjahr von 20,778,300 auf 29,778,930, also um 9 Mill. oder um 43,3 Proz. gestiegen. Ein weiterer Schritt in gleicher Richtung wurde mit der am 1. Juli 1891 eingeführten Reform des Frachtentarifs der österreichischen Staatsbahnen gemacht, welche eine erhebliche Ermäßigung der Frachtsätze und eine Begünstigung des Verkehrs für kleinere Distanzen in sich schließt. Der finanzielle Erfolg dieser Reformmaßregeln war allerdings kein günstiger. Die Einnahmen aus dem Staatsbahnbetrieb übertrafen zwar im I. 1891 mit 68,475,000 Guld. die des Vorjahres um 979,600 Guld. oder 1,45 Proz.-. zugleich aber sind die Betriebsausgaben namentlich infolge der gesteigerten Personenfrequenz gegen das Vorjahr um'3,765,000 Guld., und zwar auf47,564,000 Guld. gestiegen,so daß der Reinertrag mit20,910,900 Guld. gegen das Vorjahr um 2,785,000 Guld. zurückblieb. Es ist daher wieder eine teilweise Erhöhung der Frachtentarife beabsichtigt.
Die österreichische Handelsmarine hatte am
Schlüsse des Jahres 1891 einen Stand von 1723 Schiffen mit 173,776 Ton. Gehalt und 7767 Mann Besatzung gegen 1748 Schiffe von 176,042 T. Gehalt und 7910 Mann Besatzung am Schlujje des Jahres 1890. Es hat sonach sowohl die Anzahl der Seehandel^schiffe als deren Tonnengehalt und Besatzung abgenommen. Dagegen ist die Zahl der Fischerboote und andern kleinen Fahrzeuge von 8165 Stück mit 19,860 T. Gehalt und 19,685 Mann Besatzung im I. 1890 auf 8389 Stück mit 20,449 T. Gehalt und 20,070 Mann Besatzung im I. 1891 gestiegen. Die Dampferflotte betrug Ende 1891:135 Dampfer mit90,161 T.Gehalt und 104,514 Pferdekräften. Im I. 1890 sind in sämtlichen See.-Häfen 66,271 Schiffe von 8,773,713 T. ein- und 66,527 Schiffe von 8,759,632 T. ausgelaufen. Gegen das Vorjahr ergibt sich eine Zunahme im Tonnengehalt des gesamten Seeschiffahrtsuerkehrs um 657,724 T.
Über den mit der Lloydgesellschaft im Mai 1891 abgeschlossenen neuen Vertrag s. Lloyd.
Die Flußschiffahrt (s. auch Donau) zeigte 1890 namentlich auf der Elbe lebhaften, gegen die Vorjahre gesteigerten Verkehr. In der Thalfahrt passierten die österreichisch-sächsische Grenze 11,917 Fahrzeuge, darunter 2113 Dampfer, welche zusammen 24,3 Mill. metr. Ztr. Waren beförderten. Den Hauptartikel bildeten, wie immer, Braunkohlen (19,5>5 Mill. metr. Ztr.), dann Werkholz und Getreide.
Auf der Bergfahrt wurden 2,5 Mill. metr. Ztr. Waren, gegen die Vorjahre wie in der Thalfahrt ein erheblich höheres Quantum, über die Grenze eingeführt.
Auf der Weichsel und deren schiffbaren Nebenflüssen (Premsza, San, Dunajec) verkehrten 1890: 3635 Fahrzeuge (2540 Schiffe und 1095Flöße) und transportierten eine Warenmenge von 1,6i Mill. metr.
Ztr. (hauptsächlich Werkholz, dann Steinkohle, Brennholz, Kalk und Steine); gegen das Vorjahr (3670 Fahrzeuge mit 1,69 Mill. metr. Ztr. Waren) ist der Verkehr etwas zurückgeblieben.
Für den Post- und Telegraphenverkehr bestanden Ende 1890: 4744 Post- und 1964 Staatstelegraphenanstalten (nebst 1817 Eisenbahn- und Privattelegraphenstationen) mit einem Personalvon zusammen' 25,174 Köpfen. Der Briefpostverkehr umfaßte 1890: 473,« Mill. Briefe und Korrespondenzkarten, 64,7 Mill. Drucksachen und Warenproben, zusammen (nebst den etwa 94,2 Mill. beförderten Zeitungsexemplaren) 632,5 Mill. Stück (im Vorjahr 598,2 Mill. Stück). Der Fahrpostverkehr belief fich auf 35,3, der Postanweisungsverkehr auf 19,2 Mill.
Stück. Der Telegraphenverkehr, welchem 42,278 km Linien mit 112,944 km Drähten zur Verfügung standen, bezifferte sich auf 4,05 Mill. inländische und 4,3i Mill. internationale, zusammen 8,36 Mill. gebührenpflichtige Depeschen, nebst 0,72 Mill. gebührenfreien und Diensttelegrammen. Die Betriebseinnahmen des Post- und Telegraphenwesens beliefen sich auf31,i4, die Ausgaben auf 27,30 Mill. Guld.
Vom ^0. Mai bis 4. Juli 1891 fand in Wien der vierte Weltpostkongreß (f. d.) statt. Für den Telegraphenverkehr zwischen Ö.-Ungarn und Deutschland wurde ein Übereinkommen dahin abgeschlossen, daß vom 1. Jan. 1892 ab im gegenseitigen sowie im inländischen Verkehr dieser Länder mit Wegfall der bisherigen Grundtaxe eine Gebühr von 3 Kreuzer (5 Pf.) für jedes Wort, jedoch für jedes Telegramm mindestens 30 Kreuzer (50 Pf.) erhoben werden. Das Telephonwesen ist auch in O. in erfreulichem Aufschwünge. Ende 1890 bestanden 53 Stadtnetze und 14 Verbindungslinien mit 3554 km Telephonlinien