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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Österreich (Geldmarkt, Kreditanstalten, Staatsfinanzen, Sozialpolitik)
und 36,790 km Telephondrähten, 54 Zentralen und ebensoviel Sprechstellen, 8911 Teilnehmern und 9216 Telephonen. Die größte Kabellänge entfällt auf Wien mit 23,351km, dann kommt Prag mit 1953, Graz mit 1389 und Trieft mit 1172 km. 'Die Zahl der 1890 hergestellten Verbindungen betrug 13,147,050 (gegen 7,975,884 im I. 1889). Die Verbreitung der Z'eitungen läßt sich, da dieselben dem Zeitungsstempel unterliegen, aus diesem finanziellen Ertrag beurteilen. Der Zeitungsstempel brachte 1891:1,^92,400 Guld. ein (1881: 1,038,000), die Zahl der abgestempelten Exemplare betrug 157,i Mill. (1881: 102,4 MM.). Hierzu kommen die gebührenfreien Zeitschriften (amtliche Zeitungen) mit 49,8, so daß sich die in den Verkehr gesetzten Zeitungsexemplare auf 206,9 Mill. belaufen.
l Geldumrkt, Kreditanstalten.) Der österreichische Geldmarkt zeigte 1890 und 1891 eine geringe Empfindlichkeit, weil der börsenmäßige Handel meist nur erprobte Papiere und wenige neue Effekten umfaßt. Der Goldturs schwankte zwischen 118 und 110 Proz. und stellte sich im Jahresdurchschnitt 1890 auf 115,48, 1891 auf 115,82 Proz. (1889: 118,59, 1888: 123,:j0 Proz.), der offizielle Bankzinsfuß im Eskomptegeschäfte betrug 1891 durchschnittlich4,4 (1890: 4,4«5)Proz. Die Vanknotenzirkulation belief sich Ende 1891 auf: 445,2, der Staatsnotenumlauf auf 378,8, die gesamte Notenzirkulation auf 824 Mill. Guld. (gegen 1890 um 7,? Mill. mehr). Die Münzenprägung lieferte 1890 und 1891 in O.-Ungarn neue Goldmünzen im Betrage von 5,8, bez. 5,99 Mill., Silbermünzen im Betrage von 6,4 und 5,95Mill.Guld. Die Postsparkasse hatte auch 1891 eine weitere Entwickelung im Spar- sowie im Check- und Clearingverkehr zu verzeichnen. Es betrug nämlich im Sparverkehr die Zahl der Einleger 847,716 (gegen das Vorjahr um 60,213 mehr), das Guthaben 24,2 Mill. Guld. (-f~ 2,9? Mill.), im Checkverkehr die Zahl der Einleger 19,391 (-> 1466), das Guthaben 37,i Mill. Guld. (^2,0), der Betrag der Einlagen 907,5, der Betrag der Rückzahlungen 904,2 Mill. Guld. (> 26,8, bez. > 26,2 Mill.). Sonstige Sparkassen bestanden
Die hervorragendsten Einnahmeposten sind:
Zahlungen (> 30,7 Mill.) leisteten und mit Jahresschluß einen Einlagenstand im Betrage von 1282,8 Mill. Guld. O 47,2 Mill. gegen das Vorjahr) aufwiesen. Der Zinsfuß ist noch immer in sinkender Tendenz und stellt sich durchschnittlich auf 4,075 Proz.
Über d^e österreichischen »Bruderladen s. Knappschaftskassen.
Staatsfinanzen. Sozialpolitik.
Das österreichische Finanzgesetz für das Jahr
1891 ist infolge der Auflösung des Reichsrates und der dadurch hervorgerufenen Verzögerung der Budgetberatung erst 22. Juli 1891, dagegen für das Jahr
1892 nach langer Zeit wieder rechtzeitig, nämlich 29. Dez. 1891, veröffentlicht worden. Die Staatsausgaben wurden hiernach 1891 mit 564,853,027, 1892 mit 583,947,553 Guld., die Staatseinnahmen mit 568,375,521, bez. 585,954,126 Guld. festgesetzt, so daß sich 1891 ein Überschuß von 3,522,494 Guld., 1892 ein solcher von 2,006,573 Guld. ergibt.
Die wichtigsten Ausgabeposten sind 1892:
Gulden
Hofstaat .... 4650000 Gemeinsame Angel. 104474 350 Inneres .... 20296203 Landesverteidigung 18524 782
Kultusu. Unterricht 2333247? ,, Staatsschuld.
Gulden
Finanzministerium 88 670 750 Handelsministerium 105 979020 Ackerbau .... 16045159
Justiz.....21673262
Gulden
Tirekte-teuern. .. 106 872000
Zölle.....40551770
Verzehrungssteuern 100 935 980
Talz.....20909 706
Tabak.....84 2 li 300
Lotto.....19401000
Stempel, Taren ü.
Gebühren. .. .
Post und Telegraph
Staatseisenbahncn.
Domänen u. Bergwerke ....
Gulden
54650000
32674000
77 792270
12551995
149053104
Eine erhebliche Steigerung zeigen unter den Ausgaben der Beitrag zu den gemeinsamen Angelegenheiten (um 2,2 Mill.), die Landesverteidigung (umI Mill.) und das Handelsministerium (um 14,?Mill.), letzteres hauptsächlich wegen der erhöhten Kosten des Staatseisenbahnbetriebes. Von den Einnahmeposten haben sich insbesondere erhöht: direkte Steuern (um 1,i: Mill.), Stempel, Taxen und Gebühren (um 1,9 Mill.), Post und Telegraph (um 1,8 Mill.), Staatseisenbahnbetrieb (um 2 Mill.).
Die österreichische und gemeinsame Staatsschuld hatte Ende 1890 einen Stand von 4190,84 Mill. Guld., d. h. um 5,ii Mill. mehr als Ende 1889, erreicht.
Hiervon kommen auf die konsolidierte Schuld 3759,58, auf die schwebende Schuld 47,19, auf kapitalisierte Entschädigungsrenten 13,7i und auf die Staatsnoten 370,36 Mill. Guld. Die Frage der Regelung der Valuta ist aus dem Stadium der Erwägungen bereits in das Gebiet der praktischen Lösung gelangt (s.
Währung).
Sozialpolitik.^ Das Jahr 1890 war in O. außerordentlich reich an Arbeitseinstellungen behufs Verbesserung der Arbeits- und Lohnbedingungen, ohne daß in den meisten Fällen von der Arbeiterschaft der gesetzliche Weg der Geltendmachung ihrer Wünsche verlassen worden wäre. Die Mehrzahl der Streiks entbehrte übrigens sowohl der wirtschaftlichen Begründung als auch der entsprechenden Organisation, weshalb denn auch der Erfolg der für beide Teile mit großen Opfern verbundenen Arbeitseinstellungen für die Arbeiter ein sehr geringer war.
Die Arbeiterführer haben nunmehr auf diese in Ö. bisher mangelnde Organisation der Arbeiterschaft in Gewerkvereinen das Hauptgewicht gelegt und Zu diesem Zweck wiederholte Arbeiterkongresse der verschiedenen Branchen abgehalten. Gesetzvorlagen, welche auf sozialpolitischem Gebiet 1890, bez. 1891 eingebracht worden sind, betreffen die Ausdehnung der Unfallversicherung auf weitere Kreise von Arbeitern, den Verkehr mit Lebensmitteln, die Bekämpfung der Trunksucht, die Ausschreitungen des Ratenhandels, die Steuerreform, endlich die Einführung von Einrichtungen zur Förderung des Einvernehmens Zwischen Arbeitgebern und Arbeitern. Nach der letzterwähnten Vorlage sollen bei allen Fabriken Arbeiterausschüsse (behufs Geltendmachung von Wünschen und Beschwerden der Arbeiterschaft in Bezug auf den Lohnvertragunddiesonstigen Arbeitsbedingungeinc.)
errichtet, ferner die Fabrikunternehmungen bestimmter Bezirke genossenschaftlich organisiert und Einigungsämter (behufs Herbeiführung eines gütlichen Übereinkommens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses) bestellt werden. Eine analoge Vorlage betrifft die Errichtung von Genossenschaften und Einigungsämtern beim Bergbau. Das Gesetz über die Errichtung von Hilfskassen, welches eine wichtige Ergänzung der Versicherungsgesetze bilden wird, ist erst im Abgeordnetenhaus angenommen worden. Über die bisherigen Ergebnisse der Arbeiterversicherung liegen statistische Nachrichten bis Ende 1899 vor.