Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sibley; Sicherheitshaken; Side

837

Sibley - Side

gedeckt worden, und der Zar selbst hat angeordnet, daß oen Aufsehen erregenden Mißständen schleunigst ein Ende gemacht werde. Nach einem Gesetzentwurf des verstorbenen Ministers Tolstoi soll die bisher übliche Verbannung zur Ansiedelung durch Gefängnisstrafe ersetzt, die Versendung von Bauern durch ihre Gemeinden überhaupt unterdrückt werden. Im Reichsrat ist indessen dieses Projekt auf Hindernisse gestoßen, und es sind neue Erhebungen angeordnet worden, deren Dauernoch nicht abzusehen ist. Man hat sich aber entschlossen, die zu Strafarbeit Verurteilten nur noch nach Sachalin und den Minen von Nertschinsk zu senden. An beiden Orten befinden sich 10,667 Gefangene, davon über die Hälfte auf Sachalin, wo außerdem 3500 Verbannte als Kolonisten angesiedelt sind. Die Insel hat ihre eigne Verwaltung und 1500 Mann Soldaten. Den Verkehr mit der sibirischen Küste, woher die Insel meist die Lebensmittel bezieht, vermittelt eine besondere Dampferlinie. Doch ist der Bezug der Lebensmittel wie der Absatz der Erzeugnisse der Kolonisten noch ziemlich mangelhaft. Da die Auswanderung aus den landarmen und verkommenen Dörfern trotz aller Strafandrohungen fortdauerte, so wurde eine obrigkeitliche Regelung der Bewegung versucht. Durch das Auswanderungsgesetz vom 13. Juli 1889 gestattet die Regierung nicht nur die Übersiedelung nach S., sondern stellt Maßnahmen zur Unterstützung der Kolonisten und ihrer Ansiedelung in Aussicht. Dieselben erscheinen indes durchaus unzureichend, da ganz armen Familien, welche das Reisegeld nicht erschwingen können, die Erlaubnis zuni Auswandern ebensowenig gegeben wird als wohlliabenden Bauern, welche der Zukunft ihrer Kinder wegen nach S. gehen wollen. Obwohl nun das neue Gesetz denjenigen, welche ohne Erlaubnis auswandern, alle in Aussicht gestellten Vorteile (Gewährung von Reqierungsland, Vorschuß von Vieh und Ackergerät, Befreiung oder Ermäßigung der Steuern für die ersten Jahre, Erlaß der Militärpflicht) abspricht, ja sogar ihren Rücktransport in Aussicht stellt, so lassen sich die Bauern dadurch doch nicht abhalten, zum Nanderstab zu greifen. In anbetracht dieser Umstände hat sich Ende 1890 in St. Petersburg eine Gesellschaft zur Unterstützung notleidender Auswanderer gebildet, zur Errichtung schutzgewährender Baracken an den Hauptpunkten, zur Gewährung ärztlicher Hilfe dort und auf den Dampfern, zur Beihilfe dei Anschaffung von Baumaterial, Vieh und Ackergeräten und zur Errichtung von Kirchen und Schulen in den neuen Ansiedelungen. Als Hauptpunkte für die Thätigkeit der Gesellschaft sind Tjumen und Tomsk ins Auge gefaßt.

Vgl. Jadrinzew, Statistische Materialien zur Geschichte der Verschickung nach S. (russisch, Petersb. 1889); Gowing, Five thousand miles in a sledge (Lond. 1889); Boulangier, Notes de voyage en Sibérie (Par. 1891); die Berichte von G. Kennan im »Century Magazine« (danach deutsch von Kirchner: »Sibirien«, Berl. 1891, 3 Bde.), als Buch verarbeitet in »Siberia and the exile system« (Lond. 1892, 2 Bde.).

Sibley (spr. ssibbli), Henry Hastings, amerikan. Staatsmann und Militär, genannt der »Vater Minnesotas«, geb. 1811 zu Detroit, studierte daselbst die Rechtswissenschaft, wurde Angestellter und dann Mitglied der amerikanischen Pelzgesellschaft, drang auf seinen für diese unternonnnenen Zügen zu Pferdedurch das heutige Minnesota, welches damals noch eine unbekannte Wildnis war und nur von Indianern bewohnt wurde, baute an der Mündung des Minnesota in den Mississippi das erste steinerne Haus in dem gegenwärtigen Staate, aus dem sich später die Ortschaft Mendöta entwickelte, und bewirkte in Washington, daß 1849 ein eignes Territorium Minnesota gebildet ward, dessen erster Delegierter im Kongreß er eine Reihe von Jahren hindurch war. Im Osten galt das neue Territorium als eine hoffnungslose Wüste, aber S. widerlegte dies durch sachgemäße Schilderungen in der Presse und führte den Beweis, daß Minnesota dazu bestimmt sei, einer der besten Ackerbaustaaten der Union zu werden. Er setzte beim Kongreß reichliche Bewilligungen für die Förderung des Territoriums durch, saß in dem konstituierenden Konvent, welcher die Verfassung schuf, unter der Minnesota 1858 als Staat aufgenommen ward, als dessen bedeutendstes Mitglied, wurde Gouverneur des jungen Staatswesens, kämpfte als solcher mit größter Entschiedenheit, wiewohl vergeblich, gegen die schwindelhafte Eisenbahnpolitik desselben und leistete 1872 als Mitglied der Gesetzgebung kräftigen, aber ebenfalls erfolglosen Widerstand gegen die Zahlungsverweigerung der vom Staate ausgegebenen Eisenbahnschuldscheine. Im August 1862, als die meisten waffenfähigen Weißen des Minnesotathales während des Bürgerkrieges im Felde standen, veranstalteten die Sioux unter ihrem Häuptling Little Erow einen entsetzlichen Kriegs-, Brand- und Mordzug das Thal hinab, wobei gegen 1000 Weiße, darunter viele Frauen und Kinder, unter namenlosen Martern und Greueln den Wilden zum Opfer fielen, bis der Heldenmut der deutschen Kolonie Neu-Ulm und andrer Ansiedelungen den Lauf der grausamen Sieger aufhielt. S., an die Spitze der rasch gesammelten spärlichen Freiwilligen gestellt, gewann dadurch Zeit, diese zu verstärken, errang, mit der indianischen Kriegführung vertraut, mehrere Siege, schlug 23. Sept. 1862 bei Wood Lake die vereinigten Banden völlig, nahm mehr als 2000 gefangen und befreite 120 weiße Frauen von einem schrecklichen Lose. 40 der schuldigsten Indianer wurden hingerichtet, die übrigen nach längerer Haft auf eine Reservation am Missouri gebracht. Präsident Lincoln ernannte S. zum Brigadegeneral und dann zum Generalmajor der Freiwilligen. Präsident Grant machte ihn zum Mitgliede seines Rates für Indianer-Angelegenheiten, und das Princeton College verlieh ihm die Doktorwürde. Er starb 1891 zu St. Paul in Minnesota.

Sicherheitshaken bei Förderschalen, s. Bergbau.

Side, antike Stadt in Pamphylien, von Äoliern aus Kyme gegründet, auf einem Vorgebirge im O. des Landes gelegen, durch Schiffahrt und Sklavenhandel bedeutend. Die jetzt Eski Adalia genannten Ruinen wurden 1884 durch die Expedition des Grafen Lanckoronski näher untersucht. Sie sind jetzt sehr durch Myrten und Lorbeergebüsch verwachsen und bestehen zunächst aus der Stadtmauer, die an der Landseite mit runden und viereckigen Türmen besetzt ist und das nach innen im Halbrund einspringende Hauptthor enthält. Von letzterm zogen sich zwei Hallenstraßen, etwa 9 m breit, durch die Stadt, deren eine, etwa 900 m lang und im stumpfen Winkel geknickt, fast bis zum Meere zu verfolgen ist. Dort sind die Reste einer Basilika und dreier Tempel zu erkennen, deren einer der Athena, der zweite, halbrunde, wahrscheinlich dem Men geweiht war, ferner im Meere Molenbauten. Landeinwärts, dort, wo die Säulenstraße den Knick macht und in byzantinischer Zeit von einer innern, zweiten Mauer geschnitten wurde, liegt das große Theater, welches Raum für mehr als 13,000 Personen bot und im Gegensatze zu den übrigen kleinasiatischen Theatern nicht an einen Hügel sich anlehnte,