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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Stablewski; Stablowski; Stadelmann; Stadtbahnen

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Stablewski - Stadtbahnen

wirtschaftlichen Lage des Landes. Dabei wären Verwaltung und Finanzschulden, schwebende und fundierte Schulden voneinander getrennt zu halten und zu beachten, inwieweit die Schulden durch Aktiva (z. B. angelegte Depositen) und durch werbende Unternehmungen, für deren Ausführung sie aufgenommen wurden (z. B. Eisenbahnen), gedeckt sind.

Stablewski, Florian von, Erzbischof von Posen-Gnesen, geb. 16. Okt. 1841 zu Fraustadt, besuchte erst das Gymnasium zu Tremessen, dann das geistliche Seminar zu Posen, studierte 3 Jahre in München katholische Theologie, erlangte die theologische Doktorwürde und wurde 1866 als Religionslehrer und Lehrer der hebräischen Sprache am Gymnasium zu Schrimm angestellt, aber 1873 abgesetzt, weil er sich weigerte, die Religion in deutscher Sprache zu lehren. Er wurde darauf Propst in Wreschen. 1876 zum Mitglied des Abgeordnetenhauses gewählt, beteiligte er sich sehr lebhaft am Kulturkampf; auch trat er unermüdlich für die Beschwerden der Polen über Beeinträchtigung ihrer nationalen Rechte ein, sprach sich aber gleichzeitig unter der Voraussetzung der Berücksichtigung dieser nationalen Rechte der Polen für deren Anschluß an Preußen und gegen jede Annäherung an Ruhland aus. 1891 wurde er zum Erzbischof von Posen-Gnesen ernannt.

Stadelmann, Rudolf, Agronom und Geschichtschreiber (Bd. 18), starb 6. Juli 1891 in Halle.

Stadtbahnen (hierzu die Tafel »Stadtbahnen«). Die außerordentlichen Umwälzungen auf dem Gebiete des Verkehrswesens haben auch eine Umgestaltung des innern Verkehrslebens der großen Mittelpunkte der Handels- und Gewerbthätigkeit zur Folge. Die Geschäfststhätigkeit wird mehr und mehr in den Kern der Städte verlegt, während die Wohngebiete hiervon vollständig abgesondert und in die Vorstädte und Vororte hinausgerückt werden. Dadurch wird ein täglich sich wiederholendes Spiel des Zu- und Abströmens der Bevölkerung nach und von den Geschäftsvierteln, und zwar in den Frühstunden aus den Vorstadtbezirken nach der Innenstadt, in den späten Nachmittagsstunden in umgekehrter Richtung, hervorgerufen. Für diese täglich sich wiederholenden Verschiebungen großer Volksmassen (den englischen residential traffic) sind mit Dampf oder Elektrizität betriebene Vorstadt- oder Vororteisenbahnen das richtige Verkehrsmittel, welches naturgemäß in den Früh- und Spätstunden weit stärker in Anspruch genommen wird als in den übrigen Verkehrsstunden. Den residential traffic aber mit dem Geschäftsinnern der Städte in innige und möglichst vielfache Berührung zu bringen, in der Zwischenzeit aber auch dem binnenstädtischen Geschäftsverkehr selbst zu dienen, ist der Zweck der binnenstädtischen Verkehrsmittel, Droschken, Omnibus, Straßenbahnen und der eigentlichen S. Letztere sollten danach durch die binnenstädtischen Verkehrsgebiete hindurchgeführt werden und die Reisenden thunlichst bis auf Gehweite an ihre Arbeitsstellen heranführen. Die Einrichtung besonders zahlreicher Stationen und Züge im Stadtinnern ist daher Bedingung. Von der Betriebsleitung ist nun zu fordern, daß die Vorortzüge möglichst über die eigentlichen S. geführt werden. Durch das Hinzutreten des eigentlichen Binnenstadtverkehrs, besonders während der Geschäftszeit, wird dann eine stärkere Belastung dieser letztern Bahnen bewirkt. Die Verhältnisse führen dazu, besondere, lediglich den binnenstädtischen Verkehrszwecken dienende Zugverkehre einzurichten, zwischen welche sich die Vorortzüge einschieben. Die Unterscheidung von Vorortbahnen und S. liegt hiernach lediglich in ihrer verschiedenartigen verkehrszwecklichen Inanspruchnahme und der hierdurch bedingten Betriebsweise, nicht aber etwa in der besondern Art der Herstellung als Tunnel- oder Viaduktbahn. In den meisten großen Städten (Paris, Wien etc.) fehlen derartige S. überhaupt noch. Der Vorortverkehr endigt dann in den an das Stadtinnere mehr oder weniger nahe herangeschobenen Kopfstationen.

Die dem Fernverkehr dienenden Linien werden in den meisten Städten ebenso wie solche Vorortlinien in stumpfer Endigung an das Stadtinnere dicht heran- oder in dasselbe hineingeführt. Zweckmäßig (sofern die Umstände dies gestatten) leitet man auch diesen Verkehr durch das Stadtinnere selbst hindurch. Der Fernverkehr folgt nun aber völlig andern Gesetzen als der Vorort- und Stadtverkehr. Die Mitführung von Gepäck und Postsachen, Equipagen und Vieh, namentlich aber auch die Versorgung großer Städte mit Lebensmitteln, also die Mitführung von Fleisch, Gemüse, Milch, Fischen, bedingen eine ganz andre Abfertigungsweise der Fernzüge in geräumigern Stationsanlagen. Es ergibt sich, daß es bei lebhaften Betriebsverhältnissen im allgemeinen notwendig und zweckmäßig ist, den Fernverkehr von dem Vorort- und Stadtverkehr ganz getrennt zu halten und auf getrennten Geleisen und in getrennten Stationen oder Stationsabschnitten abzuwickeln. Sollen Fernzüge mit den in den Stationen nur kurze Zeit sich aufhaltenden Vorortzügen ununterschiedlich auf denselben Geleisen abgefertigt werden, so erübrigt nur, die Abfertigungsbefugnisse für den Fernverkehr einzuschränken, um die Aufenthalte abzukürzen (Berliner Stadtbahn, Ferngeleise). Hiergegen ist es anderseits nur naturgemäß, den innern Stadtverkehr mit dem Vorortverkehr zu verbinden und auf denselben Geleisen zu befördern. Im folgenden sollen wegen ihres innigen Zusammenhanges außer den eigentlichen S. auch die Vorortbahnen besprochen werden, während auf den Fernverkehr nur beiläufig gerücksichtigt wird.

In der folgenden allgemeinen Besprechung haben die Londoner, Berliner und New Yorker S., in denen das Charakteristische solcher Bahnen voll zur Geltung kommt, und welche später noch eingehender besprochen werden sollen, als Richtschnur gedient.

I. Allgemeines.

[1. Betrieb auf der Strecke.] Die Vorstadt- und Vorortlinien schließen entweder an die S. des innern Verkehrsgebietes mittelbar oder unmittelbar an, oder endigen in besondern Kopfstationen, die entweder lediglich dem Vorstadt- und Vorortverkehr dienen, oder aber sie münden in besondere Abteilungen der großen Fernbahnhöfe, welche von dem Fernverkehr möglichst getrennt gehalten werden. Die Vorortzüge bewegen sich ferner in der Regel auf besondern Geleisen, die entweder auf einer von den Fernlinien räumlich ganz getrennten Bahnanlage untergebracht sind, oder aber den Stammlinien des Fernverkehrs sich anschmiegen, bis sie im weitern Vorortgebiet von diesen abbiegen, um selbständig ihren Weg in die Vororte weiter zu verfolgen, wo sie bei reich ausgebildetem Verkehr, wie in London, in Rückkehrschleifen (englisch loops) oder in Bogenschleifen und Windungen von mannigfachster Gestaltung die Vorstadtgebiete durchziehen. Die auf diesen Linien verlaufenden Zugbetriebe sind dann je nach den Umständen entweder strahlenförmig zum Stadtinnern gerichtet, wo sie ein und denselben Bahnhof wiederkehrend anlaufen, oder sie pendeln schleifen- und bogenartig über das