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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Stadtbahnen (Betrieb auf der Strecke und in den Bahnhöfen)

Vorstadtgebiet zwischen verschiedenen Stationen der Innenstadt unablässig hin und her (englisch shuttle service oder shuttle cock service, wörtlich: Weberschiffchen- oder Federballbetriebe).

Bei dem Betrieb der Bahnen im Vorstadt- nnd Vorortverkehr liegt eine große Schwierigkeit darin, den ganzen Verkehr in wenigen Vormittags- und Nachmittagsstunden zu bewältigen. Man hat in der Beziehung Erleichterung zu schaffen gesucht, indem nun die den besondern Arbeiterzügen gewährten Verbilligungen auf die Zeit vor und nach der Flut jener Vorortzüge beschränkte, außerdem noch für andre Klassen von Reisenden besondere Ermäßigungen während günstigerer Betriebsstunden eintreten ließ etc. Dann hat man auch den Verkehr der entfernter wohnenden Volksklassen aus dem kürzern Verkehr dadurch ausgeschieden, daß man besondere Vorortschnellzüge eingerichtet hat (Nordlondonbahn, London-Chatham und Doverbahn), die bis nach den betreffenden Vorortstationen ohne Anhalten durchfahren. Diejenigen dieser Vorortverkehre, welche auf eine Stadtbahn übergeführt und mit den daselbst eingerichteten örtlichen Stadtbahnbetrieben innig verschmolzen sind, erhalten eine durchaus starre Zugfolge, entstehend durch das! rhythmische Ineinandergreifen der sämtlichen Verkehre. Die üblichen Abstände gleichgerichteter Züge betragen 1/6, 1/4, 1/3, 1/2 Stunde bis 1 Stunde. Die Geschwindigkeiten aller Züge sind an denselben Bahnpunkten einander gleich. Die Stadtbahnverkehre geben hierfür das Tempo an. Kommt eine Stadtbahn nicht in Frage, so wird eine starre Zugfolge nicht erforderlich, indes häufig zur Aufrechterhaltung geordneten Betriebes angewendet. Die Zugfolge wird hierdurch auf den S. eine ganz besonders dichte, deren Maximum etwa der 2-3 Minutenverkehr nach jeder Richtung bildet (London). Aber auch in der Zeit, wo der Vorortverkehr nachläßt, sollte der Abstand der Züge auf der Stadtbahn, ungeachtet des Einwandes, daß alsdann der Verkehr an sich einen weit geringern Umfang habe, dennoch nicht wesentlich vergrößert werden, damit das Publikum jederzeit einen bereiten Zug findet. Durch den Zeitverlust, welcher herbeigeführt wird durch die zu den unvermeidlichen Ab-und Zugängen hinzutretende Wartezeit, drängt das Publikum naturgemäß leicht nach andern Verkehrsmitteln hin.

[2. Betrieb in den Bahnhöfen.) Die Abwickelung des Zugverkehrs ist nicht allein auf den Durchgangsstationen, sondern auch auf den Kopfbahnhöfen der S. sehr einfach. Man nimmt hier vom Umsetzen der Maschinen umkehrender Züge (was sonst mittels Drehscheiben, Schiebebühnen oder Rücklaufgeleisen bewirkt zu werden pflegt) in der Regel, New Jork ausgenommen, Abstand, fährt vielmehr die eingelaufenen Züge durch die auf einem besondern Stumpfgeleise bereitstehenden Maschinen der vorher abgefertigten Züge ab, worauf die bis dahin vor Kopf des Geleises gefangen gewesene Zugmaschine sich nunmehr ihrerseits auf jenes Stumpfgeleis begibt, um den nächstfolgenden Zug abzuwarten. Ein bezeichnendes Beispiel derartiger Betriebsweise ist in Fig. 1, welche den Moorgatestraßen-Bahnhof der Londoner innern Ringbahn darstellt, mitgeteilt. Hier sind die vorgenannten Stumpfgeleise mit a a bezeichnet. Um Raum und Zeit zu sparen, hat man auf mehreren Londoner Stationen die Einrichtung eines einzigen, zwischen zwei Außensteigen befindlichen Zugabfertigungsgeleises getroffen. Die angekommenen Reisenden steigen an einer Seite aus, gleich-

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^[Abb.: Fig. 1. Plan des Moorgatestraßen-Bahnhofs der Londoner inneren Ringbahn.]