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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Stadtbahnen (Londoner Stadt- und Vorortbahnen)

II. Klasse 15 Pf. für eine gewisse Zahl von Stationsentfernungen, gewöhnlich fünf, berechnet; im Vorortverkehr sind die Fahrpreise für bestimmte Stationsgruppen einander gleich (Zonentarif). Bis 7,5 km werden in der III. Kl. 10 Pf., bis 15 km 20 Pf., bis 20 km 30 Pf., für jedes weitere Kilometer 3 Pf. mehr erhoben. Die Karten II. Kl. kosten die Hälfte mehr.

Die Preise sind wesentlich niedriger als die Londoner. In New York betragen die Fahrpreise (unabhängig von der Entfernung) wie auf der Pferdebahn 5 Cents (20 Pf.) von 5 Uhr 30 Min. bis 8 Uhr 30 Min. vormittags und 4 Uhr 30 Min. bis 7 Uhr 30 Min. nachmittags; sonst 10 Cents (40 Pf.). Für Kinder treten Ermäßigungen ein. Auf der City- und Südlondonbahn betrug anfänglich der Fahrpreis für jeden Abschnitt der 5 km langen Strecke 2 Pence = 16 2/3 Pf.; jetzt sind einige Verschiedenheiten eingeführt.

[8. Neuere Bestrebungen.) Es muß anerkannt werden, daß vollspurige Viadukt- und Tunnelbahnen mit Lokomotivbetrieb nicht die geeigneten Verkehrsmittel für den Binnenverkehr der Städte sind, da hier eine weitgehende Verzweigung der Verkehrswege gefordert werden muß. Dafür sind sie einerseits zu kostspielig, nehmen anderseits als Hochbahnen viel Raum ein, während sie als Tunnelbahnen den Nachteil haben, daß der Rauch und die Feuergase der Lokomotive die Luft in unerträglicher Weise verunreinigen, abgesehen von sonstigen Unannehmlichkeiten der Fahrt. Man hat, da sowohl die langsamern und schwerfälligern Omnibusse und Pferdebahnenden gesteigerten Ansprüchen des Schnellverkehrs nicht mehr genügen, Droschken aber zu teuer sind, darauf gesonnen, auf andre Weise diesen Verkehrsbedürfnissen gerecht zu werden. Zur Zeit glaubt man, daß durch die elektrische Betriebsweise die erwünschte Reformation auf diesem Gebiete herbeigeführt werde; da ein Schnellverkehr aber in den Straßenzügen selbst inmitten des gewöhnlichen Verkehrs zu gefährlich erscheint, hat man in London wie New York und auch in Berlin und Wien den Bau eines ausgedehnten Netzes von Tunnelbahnen ins Auge gefaßt nach Art der City- und Südlondonbahn. Diese Schnellverkehrsmittel würden ebenso wie Omnibusse und Straßenbahnen mitten im Netz der Vollspurbahnen unabhängig dastehen, auch mit engerer Spur als diese ausgerüstet werden können, indessen für sich eine Ausdehnung in die Vorstädte und selbst Vororte wohl zulassen. In dieser Beziehung steht wohl unzweifelhaft eine Umwälzung im städtischen Verkehrswesen bevor.

II. Londoner Stadt- und Vorortbahnen.

Der Ausgangspunkt des ungemein verzweigten örtlichen Londoner Bahnnetzes ist die innere Ringbahn, die eigentliche Stadtbahn Londons. Sie bildet eine in west-östlicher Richtung langgestreckte, City und Westend, welche als die eigentliche Binnenstadt zu gelten haben, umfahrende, rings geschlossene Schleife. Die City ist der Sitz des Großhandels, das Westend der des offenen Geschäftes und der geselligen Vergnügungen. Die innere Ringbahn ist Zweigeleisig, auf 21 km Länge in Tunneln geführt und stellt eine mittelbare Verbindung der dem Fernverkehr dienenden Endbahnhöfe (Paddington der Westbahn, Easton der Nordwestbahn, St. Pancras der Mittellandbahn, King's Croß der Nordbahn, Liverpool Street und Fenchurch Street der Ostbahn, Cannon Street und Sharing Croß der Südostbahn und Victoria der London-Brighton-Südküste und London-Chatham-Dover-Bahnen) dar. Ebenso sind die Bahnhöfe St. Pauls, Ludgate Hill und Holborn

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Viaduct der letztgenannten Bahn mittelbar einbezogen, während die südlich der Themse belegenen Bahnhöfe London Bridge der Südost- und Brightonbahnen sowie Waterloo der Südwestbahn die innere Ringbahn, welche ebenso wie alle übrigen genannten Stationen ganz nördlich der Themse bleibt, nicht erreichen (s. das Kärtchen, Fig. 2).

Die Verbindung der Ringbahn mit jenen Stationen ist wegen der ungleichen Höhenlage beider bei Paddington, Liverpool Street, Cannon Street, St. Pauls, Holborn und Victoria durch Treppenanlagen und Personentunnel, bei den übrigen Hauptstationen über die Straßen hinweg, bei Liverpool Street noch durch eine Geleisverbindung bewirkt, die indes nicht benutzt wird. Bei Easton und King's Croß sollen noch Fußgängertunnel hergestellt werden.

Mit der Ringbahn stehen zwischen King's Croß und Moorgate Street die erweiterten Linien (widend lines) in engster Beziehung, welche, von der Mittelland- und Nordbahn herabkommend, in einem an die Ringbahn angeschmiegten, aber zwischen King's Croß und Farringdon von deren Nordseite unter ihr hindurch auf die Südseite übergeführten Tunnel verlaufen. Mittels des Bogendreiecks von Farringdon schließt die London-Chatham-Doverbahn an diese Linie an.

Betrieb. Die sehr grobe Zahl verschiedener Bahngesellschaften in London führte zu ausgedehnten Betriebsvereinbarungen und Gemeinschaftsbetrieben, durch welche es erst möglich war, den von der Allgemeinheit gestellten Anforderungen an einheitliche Betriebsführung zu genügen. So findet man auch in London zahlreiche Fälle von Gemeinschafts- und Pachtstrecken. Die innere Ringbahn nun, deren Südabschnitt im Besitz der Metropolitan District-Gesellschaft steht, deren Nordabschnitt der Metropolitan und deren östlicher Schluß beiden gemeinsam gehört, einerseits und die der Metropolitan gehörigen erweiterten Linien anderseits bilden die beiden Ausgangspunkte für die beiden auf die S. übergeführten Betriebsgruppen des Vorstadt- und Vorortverkehrs. Hiervon sind die zahlreichen Vorortverkehre zu trennen, welche nach den vorgenannten Hauptbahnhöfen geführt sind und in besondern Abschnitten derselben abgefertigt werden. Der lediglich für den Vorortverkehr angelegte Broad Street-Bahnhof ist besonders zu nennen.

a) Vetriebsgruppe der innern Ringbahn und der erweiterten Linien. Durch das sogen. »X« von Earls Court sind zahlreiche westliche Vororte und Wimbledon, durch den Anschluß bei Edgeware Road die an der Westbahn und deren Verzweigungen gelegenen Vororte und durch die Aylesdury-Linie, welche bei Baker Street an die innere Ringbahn anschließt, die nordwestlich gelegenen Vororte in diese Bahn einbezogen. Im O. schließen vermittelst des Bogendreiecks von Aldgate weitere Tunnelstrecken an, zunächst die der Metropolitan- und der Districtbahn gemeinschaftliche Whitechapel-Erweiterung, welche in die unterirdische Ostlondonbahn mündet. Letztere verbindet die Ostbahn mit den Stationen der Brighton- und der Südostbahn bei New Croß.

Die Grundlage und den Ausgangspunkt der Ringbahnverkehre bildet der Verkehr von Zügen, welche, nach jeder Richtung in 10 Minuten Abstand einander folgend, den Ring nach beiden Richtungen, in je 70 Minuten einmal, in beständiger Kreisfahrt durchlaufen und an jeder ihrer 25 Stationen 15-30 Sekunden anhalten (circle trains). Hiermit verschmol-

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