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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Waldpflanzen (Nadelholz-, Laubholz- etc. Zone; floristische Zusammensetzung)

lich vom Kapland fast die ganze Breite des Kontinents, nimmt in Australien einen großen Teil des Innern zu beiden Seiten des Wendekreises ein und entwickelt sich auf dem südamerikanischen Festlande besonders in den Pampas und der Atakamawüste Chiles.

Der zwischen der Glazial- und der Steppenzone eingeschaltete Waldstreifen, der je nach seiner Lage auf der nördlichen oder südlichen Halbkugel als boreale oder australe Waldzone Zu bezeichnen ist, zerfällt naturgemäß infolge weiterer klimatischer Verschiedenheiten in eine Reihe von Unterabteilungen, die auf der nördlichen Erdhälfte als Gürtel der frostharten Nadelhölzer, der sommergrünen Laubbäume und der immergrünen, wärmeliebenden Gehölze sich gegeneinander absetzen. Auf der südlichen Halbkugel fehlt eine deutlich entwickelte Zone von laubabwerfenden Bäumen, vielmehr herrschen dort immergrüne Holzpflanzen fast ausschließlich vor. Die Zone der frostharten Nadelhölzer fällt zum Teil mit Köppens »kaltem« Wärmegürtel zusammen, in welchem während der Zeit von 1-4 Monaten gemäßigte Temperaturen herrschen und die Vegetationszeit 3-5 Monate beträgt. Außer Koniferen aus den Gattungen Pinus (Kiefer), Picea (Fichte), Larix (Lärche), Abies (Tanne), die in Nordamerika, Europa und Sibirien mit zahlreichen, einander zum Teil ausschließenden Arten auftreten, mischen sich dieser Zone auch winterharte Vertreter von Laubhölzern, besonders aus den Gattungen Betula (Birke) und Alnus (Erle), bei. An den Nadelholzwald (s. Nadelholzzone) schließt sich südwärts eine Zone sommergrüner Laubhölzer, die im allgemeinen dem Wärmegürtel Köppens mit gemäßigten Sommer- und kalten Wintermonaten sowie mit einer 5-7 monatigen Vegetationsperiode entspricht. In diesem Gürtel sind Kupuliferen (Näpfchenträger) mit Arten von Quercus (Eiche), Fagus (Buche), Carpinus (Hainbuche) u. a. vorherrschend, die als Hauptschutzvorrichtung gegen die winterliche Kälte das Abwerfen des Laubes erworben haben (s. Laubholzzone).

Die wärmeliebenden, meist immergrünen Gehölze der auf den sommergrünen Laubwaldgürtel südwärts folgenden Zone beanspruchen ein Klima, das von Köppen als »sommerheiß«, »konstant gemäßigt« und als »subtropisch« bezeichnet wird und zum Teil Mitteltemperaturen über 20° während eines Zeitraums von vier Monaten aufweist. Die hierher gehörige Gewächsgruppe (s. Immergrüne Gehölze) entfaltet sich auf der nördlichen Halbkugel in den Ländern des Mittelmeers, an der nordafrikanischen und kleinasiatischen Küste, in China und im südlichen Japan, auf dem nordamerikanischen Kontinent westlich von der Sierra Nevada und sporadisch auch in den südlichen Vereinigten Staaten. Die Bäume erscheinen vorwiegend in der Lorbeer-, Myrten-, Oliven-, Eukalypten-, Cypressen- und Nadelholzform und können längere Winterkälte nicht ertragen, besitzen aber in ihren meist immergrünen Blättern eine Schutzvorrichtung gegen Wasserverlust. Auf der südlichen Halbkugel entwickelt sich die immergrüne Formation besonders in Neuseeland, in einem großen Teil des außertropischen Australien, im antarktischen Waldgebiet Südamerikas und im Kapland.

Die Formationsglieder der immergrünen Gehölze, der sommergrünen Laubbäume und der frostharten Nadelhölzer begegnen uns in gleicher Reihenfolge wie beim Fortschreiten von südlichen Breiten zu nördlichen auch beim vertikalen Aufsteigen in Hochgebirgen als ebenso viele übereinander liegende Regionen. Naturgemäß zeigt sich am Gebirgsfuß nur diejenige Waldformation entwickelt, die dem Klima des umgebenden Gebietes entspricht; so fehlt in Mitteleuropa die Region der wärmeliebenden, immergrünen Gehölze etc. Die Höhe, bis zu welcher in den mittel- und südeuropäischen Gebirgen die einzelnen Formationen hinaufgehen, beträgt im Mittel für die immergrünen Gehölze einschließlich Castanea, 800-900 m, für die Laubbäume 800 m (Sudeten) bis 1800 m (Pyrenäen), für die Nadelhölzer 1200 m (Sudeten) bis 2400 m (Pyrenäen). Die über dem Nadelholzwald sich ausbreitende, meist aus Pinus montana bestehende Knieholzregion steigt in den Pyrenäen und Alpen bis 2400 m, in den Sudeten bis 1400 m auf. Am Südabhang des Kaukasus haben die Waldformationen folgende Höhenlagen: immergrüne Zone (mit Lorbeer, Cistus, Kastanie) bis 1100 m, Laubhölzer bis 2000 m, Nadelhölzer (mit Abies Nordmanniana) bis 2100 m, Strauchformation bis 2750 m. Am nordwestlichen Himalaja ist nach Brandis die Stufenreihe folgende: bis 900 m tropischer Wald, bis 2100 m subtropischer Wald (mit Quercus incana, Celtis, Olea, Rosa, Rhus), bis 3660 m gemischter Wald des gemäßigten Klimas (mit Arten von Betula, Alnus, Quercus, Juglans, Pinus, Cedrus Deodara, auch eine Palmenart bis 2000 m), bis 3900 m (Schneelinie) Sträucher (Rhododendron) und Staudenvegetation. Diese Beispiele zeigen die verschiedenartige Abhängigkeit der W. von bestimmten klimatischen Bedingungen auf das deutlichste.

Der floristischen Zusammensetzung nach erscheint der europäische Wald im Vergleich mit dem nordamerikanischen und dem japanisch-mandschurischen weitaus als der ärmste; nach einer Schätzung von Asa Gray besitzt der atlantisch-amerikanische Wald 66 Baumgattungen mit 155 Arten, der ostasiatische Wald ungefähr ebensoviel Gattungen mit 168 Arten, der europäische dagegen nur 33 Gattungen mit 85 Arten. Sehr verschieden zeigen sich auch der atlantische und der pacifische Wald; ersterer hat nämlich eine größere Zahl von Gattungen, wie Magnolia, Liriodendron, Asimina, Tilia, Gleditschia, Robinia, Nyssa, Liquidambar, Oxydendron, Kalmia, Diospyros, Bumelia, Ilex, Catalpa, Sassafras, Ulmus, Celtis, Morus, Planera, Maclura, Cornus, Fagus, Castanea, Carpinus u. a., vor dem pacifischen voraus. Letzterer beschränkt sich in Kalifornien vorzugsweise auf die Linien der Küstenkette mit Sequoia sempervirens und der Sierra Nevada mit Sequoia gigantea, weil nur längs dieser Gebirgslinien dem Baumleben teils durch feuchte Seewinde, teils durch winterliche Niederschläge die notwendige Feuchtigkeit zugeführt wird. Doch ist der Überfluß oder Mangel von Niederschlägen allein für das Auftreten von Wald nicht entscheidend, da z. B. in manchen nordamerikanischen Staaten, wie in Iowa und Illinois, sich Prärien ausdehnen, obgleich diese Gebiete während des ganzen Jahres Regen haben. Die Baumlosigkeit der Prärien wird von den amerikanischen Forschern teils den Bodenverhältnissen, teils regelmäßig wiederholten, großen Bränden zugeschrieben; auch Asa Gray nahm an, daß die heutige Westgrenze des atlantischen Waldes keine natürliche sei. Dem europäischen Walde fehlen eine große Zahl von atlantisch-nordamerikanischen Typen, wie Magnolia, Liriodendron, Asimina, Negundo, Gleditschia, Robinia, Nyssa, Liquidambar u. a., dagegen zeigt sich eine auffallende Verwandtschaft zwischen der atlantischen und der ostasiatischen Waldflora. Zur Erklärung dieser merkwürdigen Thatsache wurden schon von Asa Gray die Verbreitungsverhältnisse