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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Wildschaden (Ersatzpflicht für W.)
eine nach dem Iagdertrag zu bemessende Entschädigung pachtweise zu übertragen oder sie gänzlich ruhen zu lassen, doch steht ihnen die Ausübung zu, sobald der Waldbesitzer auf die Pachtung verzichtet.
In Bayern dagegen steht die Iagdbefuguis überhaupt auf umschlossenen Grundstücken, welche die nötige Größe nicht erreichen 2c., dem Eigentümer der dieselben umschlichenden Ländereien zu.
Blieb nun einer bestimmten Klasse von Grundeigentümern die Ausübung der ihnen formell zustehenden Jagd auf eignem Grund und Boden versagt, so mußte doch geeignete Vorsorge getroffen werden, daß sie gegen allzu stark sich vermehrendes Wild und gegen Beschädigungen durch dasselbe genügenden Schutz finden. Denselben wurde deshalb die An.-wendung bestimmter Hilfsmittel zur Verscheuchung und Fernhaltung des Wildes gestattet, wie Klappern, Schreckbilder, Zäune, auch in gewissen Fällen kleine oder gemeine Haushunde. Anf gemeinschaftlichen Jagdbezirken, auf welchen Wildschäden vorkommen, darf in Preußen die Ausübung der Jagd nicht ruhen, wenn auch nur ein einziger Grundbesitzer Widerspruch dagegen erhebt. Wenn die in der Nähe von Forsten belegenen Grundstücke, welche Teile eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes bilden, oder solche Waldenklaven, auf welchen die Iagdausübung dem Eigentümer des sie umschließenden Waldes überlassen ist, erheblichen Wildschäden durch das aus den F, rst austretende Wild ausgesetzt ist, so ist in Preußen die politische Behörde befugt, auf Antrag der beschädigten Grundbesitzer den Iagdpachter zum Abschüsse des Wildes aufzufordern. Gewährt der letztere trotzdem keinen genügenden Schutz, so kann den Grundbesitzern die Genehmigung erteilt werden, das auf ihr Gelände übertretende Wild abzuschießen oder auf erlaubte Weise zu fangen.
Eine schwierige Frage bildete nun diejenige des Ersatzes von entstandenen Schäden. Für Jagdschaden ist allgemein der Jagende ersatzpflichtig, sofern ihm Vorsatz oder ein Verschulden zur Last fällt. Für geringere Schäden, welche mit der Ausübung des Iagdrechtes untrennbar verbunden sind, gilt der römische Rechtssatz: cM M'6 8uo utitur iwiniii Lm Ig^äit. Jene Ersatzpflicht ist in einigen Gesetzen ausdrücklich ausgesprochen. So sind in Bayern bei Ausübung der Jagd die feld-, forst- und sicherheitspolizeilichen Vorschriften einzuhalten. Der Iagdausübende hat neben der polizeilichen Strafe jeden durch das Betreten noch nicht abgeräumter Felder und unabgelesener Weinberge sowie jeden an kultivierten Waldgründen oder anderweitig angerichteten Schaden zu ersetzen.
Für Regelung der Frage des Ersatzes von W. sind in einigen Ländern keine besondern gesetzlichen Bestimmungen erlassenworden (Oldenburg, beide Reuß, Lippe-Detmold, beide Mecklenburg, Bremen, Frankfurt a. M., Hohenzollern-Hechingen, Elsaß-Lothringen), in andern ist eine Ersatzpflicht ausdrücklich anerkannt, so in Hannover (Gesetz über W. vom 21. Juli 1848, abgeändert durch die Jagdordnung vom 11.März 1853), Kurhessen (Gesetze über W. vom'16. Jan. 1854 und vom 7. Sept. 1864), Hessen-Homburg (Verordnungen vom 12. Mai 1857 und vom 7. Juli 1863), Großherzogtum Hessen (Gesetz vom 26. Juli 1848), Anhalt (Gesetze von 1870, 1872, 1tt79 und 1882), Meiningen (Gesetze vom 1. Juni 1848 und 1. Febr.
1872), Sondershausen (Gesetz vom 17. Febr. 1872), Schaumburg-Lippe (Gesetz vom 17. Mai ^870), in Bayern (Gesetz vom 15. Juni 1859) und in Österreich (Patent vom 7. März 1849). Die Ersatzpflicht ist in
diesen Ländern eine unbeschränkte. So sind in Hessen die Gemeinden für jeden W. innerhalb der Distrikte verantwortlich, in denen sie die Jagd auszuüben haben; in Österreich ist für jeden Jagd- und W. voller Ersatz zu gewähren, und in Bayern ist der Anspruch auf Ersatz nicht davon abhängig, daß der W. durch übermäßiges Hegen oder sonstiges Verschulden in Ausübung der Jagd veranlaßt werde. In andern Ländern ist die Ersatzpflicht nur in beschränktem Umfang anerkannt, so in Württemberg (Gesetz vom 27. Okt.
1855) und in Baden (Jagdgesetz vom 2. Dez. 1850) nur für den Schaden, welchen das aus eingefriedigten Grundstücken ausgebrochene Wild verursacht; in Braunschweig (Gesetze vom 8. Sept. 1848 und 16. April 1852)' hierfür und für den auf den Enklaven eines selbständigen Jagdbezirkes, im Königreich Sachsen (Gesetze vom 3.Nov. 1849 und I.Dez. 1864) und in Sachsen-Gotha (Gesetz vom 24. Nov. 1848) nur für den an eingeschlossenen fremden Grundstücken angerichteten Schaden. Nur für von Rot-, Dam- und Schwarzwild angerichteten Schaden wird Ersatz gewährt in Sachsen und Braunschweig, nur für den vom Standwild verursachten in Baden.
Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Ersatzpflicht für den durch Federwild veranlaßten Schaden in Bayern.
In Meiningen hat, wenn die Jagd in hohe, mittlere und niedere geteilt ist, jeder Inhaber sür den Schaden der Wildgattung aufzukommen, über welche ihm das Jagdrecht zusteht. Verpflichtet zum Ersatz ist zunächst der Jagdberechtigte des beschädigten Grundstücks; bei einer Verpachtung in einigen Ländern nur der Pachter, in andern ebenfalls der Pachter, aber mit subsidiärer Haftung des Verpachters, in wieder andern nur der Verpachter, der jedoch Rückersatz vom Pachter ausbedingen kann. Endlich ist auch (in Hannover) ein Regreßrecht gegen denjenigen Zugestanden, aus dessen Wildstand das schädigende Wild ausgetreten ist.
Eine Ersatzpflicht besteht zur Zeit (1891) nicht in Nltenburg, Weimar, Koburg, Rudolstadt, Lübeck, Hamburg, Oldenburg, Elsaß-Lothringen. Ausdrücklich ausgeschlossen wurde dieselbe in Preußen (durch das Iagdpolizeigesetz vom 7. März 1850), für Hohenzollern-Sigmaringen (Gesetz vom 29. Juli 1848), Nassau (Verordnung vom 30. März 1867), Schleswig-Holstein und Lauenburg (Gesetz vom 17. Juli 1872).' Man ging 1850 in Preußen von der Ansicht aus, W. von Erheblichkeit komme nur vor, wo Rot-, Dam- oder Schwarzwild übertrete. Eine derartige Gefahr sei aber nur für die an Waldungen angrenzenden Besitzungen zu besorgen. Man glaubte jedoch, dieselbe werde sich mehr und mehr vermindern, weil die Waldbesitzer, welche das Wild noch einer außerordentlichen Pflege unterziehen wollten, ihre Reviere zum Schutze der Tiere gegen Nachstellungen der Nachbarbcsitzer einzäunen würden. Auch wünschte man bei der Zweifelhaftigkeit und Gehässigkeit der Prozesse wegen Ersatzes von W., diese Streitigkeiten, insoweit sie aus dem Gesetze entnommen seien, unbedingt abzuschneiden. Auch noch im I.1883 glaubte die Staatsregierung die Wildschadensklage da, wo sie bisher nicht gesetzlich zugelassen wäre, versagen zu müssen, weil sich der Rechtsgrund der Ersatzpfl'icht nicht finden lasse, und es bei der Gestaltung der preußischen Landesgrenzen auch schwierig sei, die Person des Pflichtigen festzustellen. Hielt man es 1850 für genügend, wenn nur einem jeden Grundeigentümer ausreichende Mittel gewährt würden, sein Eigentum gegen die Beschädigungen durch Wild selbst zu schützen, so hielt die Regierung 1883 dafür.