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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Zahnräderwerke (Winkel-, Schrauben-, Stufen- oder Staffelzähne)
längs gerader Linien statt, die, Stirnräder vorausgesetzt, zu der Radachse parallel laufen und, konische Räder angenommen, nach dem Schnittpunkte der Radachse hin laufen. Bei zwei zusammen arbeitenden Rädern mit Winkelzähnen dagegen berühren sich die Zähne längs Linien, die schief über die Zahnflanke laufen. Wenn man nun von allen diesen Linien nur denjenigen Punkt zur Berührung kommen läßt, der auf der Fläche des Teilcylinders (d.h. desjenigen ideellen Cylinders, der sich bei der Drehung der Räder auf einem entsprechenden Cylinder des eingreifenden Nades ohne Gleitung abwälzt) liegt, so hat'man in jeder Stellung der Zahnräder eine Punktberührung, die in der folgenden Stellung durch eine Berührung andrer Punkte abgelöst wird. Man kann das dadurch erreichen, daß man die Zahnflanken von der längs des Schnittes mit dem Teilcylinder verlaufenden Linie aus nach oben und unten aushöhlt, so daß nur diese Linie erhaben stehen bleibt. Da nun alle nacheinander zur Berührung kommenden Punkte bei beiden Rädern auf Cylindern liegen, die ohne Gleitung aufeinander rollen, so muß auch der Eingriff der Punkte ohne Gleitung und somit ohne gleitende Reibung erfolgen.
In dieser Weise wurden die Räder mit schrägen Zähnen schon lange verwendet, wobei die Zähne jedoch nicht nach zwei sich im Winkel treffenden, sondern nach einer in derselben Richtung über die ganze Zahnbreite laufenden Schraubenlinie verliefen (S ch rau b e n z ä h n e).
Der reibungsfreie Eingriff solcher Räder, dem hauptsächlich früher der ruhige, sanfte Gang zugeschrieben wurde, läßt sich jedoch thatsächlich nur bei der Übertragung kleiner Kräfte annähernd erreichen, weil bei Angriff größerer Kräfte die Berührpunkte so stark gegeneinander gedrückt werden, daß das dahinterliegende Material zusammengepreßt wird und dabei benachbarte Punkte zur Berührung gebracht werden, somit nicht mehr Berührung in Punkten, sondern in Flächen stattfindet. Deshalb wurden solche Räder früher ausschließlich bei Instrumenten und leichten Maschinen angewendet. Als man dann endlich einsah, daß der reibungsfreie Eingriff nur unwesentlich sei, und daß man diese Art Räder unbeschadet des ruhigen Ganges mit vollen Flächen zur Übertragung großer Kräfte verwenden konnte, mußte man eben von den einfachen Schraubenzähnen wegen der durch sie bedingten starken, auf Seitenverschiebung der Räder, bez. Achsen wirkenden Kräfte abgehen und diese Seitenkräfte dadurch aufheben, daß man die Zähne mit einer Hälftenach einer rechtsgängigen, mit der andern Hälfts nach einer linksgängigen Schraube formte, also gewissermaßen statt eines breiten Rades mit nach einer Richtung verlaufenden Zähnen zwei Räder von je halber Breite mit umgekehrt geneigten Zähnen anwendete. Dadurch entstanden die Räder mit Winkelzähnen. Ihre Einführung in den Großmaschinenbau verzögerte sich jedoch noch wogen ihrer schwierigen Herstellung, welche anfänglich mit der erforderlichen Genauigkeit nur durch Fräsen, also auf verhältnismäßig teurem Wege, geschehen konnte.
Der Grund des vorzüglichen Arbeitens der Räder mit Winkelzähnen ist weniger in den: reibungslosen Eingriff, als nach A. Bauer in Leoben (»Österreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen« 1890) in den allmählich wachsenden und ebenso wieder abnehmenden Zahndrucken beim Zahneingriff und in der richtigen Bewegungsübertragung von einer Achse zur andern, welche, richtige Neigung der Zähne vorausgesetzt, auch bei stark abgenutzten Zähnen bestehen bleibt. Letztere Eigenschaft, welche unter allen Zahnrädern nur denjenigen mit Winkel zähnen zukommt, war vordem völlig unbekannt« Bauer fand sie bei einer größern Anzahl von Winkelrädern, die verschiedene Grade der Abnutzung zeigten.
Wenn bei einem Paar gewöhnlicher cylindrischer Zahnräder (Stirnräder) mit geraden Zähnen die an Umfang zu übertragende Kraft und die Umfangsgeschwindigkeit sowie der Schmierzustand völlig gleich bleiben, so arbeiten alle Zähne, vollkommen kongruente Form derselben vorausgesetzt, unter gleichen Verhältnissen, d. h. nach jeder Drehung um eine Teilung wiederholen sich die gleichen Vorgänge. Ob dabei jeder einzelne Zahn des einen Rades mit dem entsprechenden des andern richtig oder fehlerhaft zum Eingriff kommt, ob also während des Eingriffs je eines Zahnpaares das Übersetzungsverhältnis genau konstant bleibt oder nicht, ist hierfür völlig belanglos.
Daher müssen sich auch alle Zähne unter der Voraussetzung gleichförmigen Materials gleichmäßig abnutzen, d. h. die arbeitenden Flächen aller Zähne ändern sich zwar, aber ändern sich kongruent, so daß auch die Art der Bewegungsübertragung bei allen Zähnen, bez. ineinander greifenden Zahnpaaren wiedergleich wird. Zerschneidet man ein Stirmaderpaar senkrecht zur Richtung der Achsen in mehrere parallele Scheiben von gleicher Dicke und verdreht diese an jedem Rade derart gegeneinander, daß der Zahneingriff bestehen bleibt, so erhält man die sogen. Stufen- oder Staffel zahne. Gewöhnlich wählt man dabei die Verdrehungswinkel so, daß die Zahnstücke, die früher im Zusammenhange geradlinig verliefen, nach dem Zerschneiden in einer Schraubenlinie von konstanter Steigung angeordnet sind. Die Verdrehung der Scheiben gegeneinander ist so zu bemessen, daß, wenn in Scheiben vorhanden sind, jede um die vorhergehende um - der Teilung versetzt erscheint. Sind
also bei jedem Rade nur 2 Scheiben vorhanden, so wird die eine gegen die andre um '/-2 Teilung verdreht, so daß die Zähne der einen Scheibe gerade neben den Zahnlücken der andern stehen. Ist jedes Rad in 3 Scheiben zerschnitten, so werden die Zähne der zweiten gegen diejenigen der ersten um ^3 Teilung, diejenigen der dritten gegen die der zweiten wieder um l/g, also gegen die der ersten Scheibe um ^Teilung versetzt. Denkt man sich nun bei den B^piel mit2 Scheiben die Scheiben jedes Rades nach der Verdrehung wieder vereinigt oder die Räder mit entsprechend gestellten Zähnen gegossen, so arbeiten die neuen Räder genau so wie ein Räde^paar, welches, in der Zahnform mit dem ursprünglichen übereinstimmend, doppelt soviel Zähne wie dieses besitzt, jedoch nur halb so breit ist; daher werden auch für jede Drehung um den Betrag der Teilung, die jetzt halb so groß ist wie bei dem ursprünglichen Räderpaar, dieselben Verhältnisse wiederkehren, weshalb auch die Zähne der neuen Räder genau gleiche Abnutzung zeigen werden. Das tritt jedoch nicht mehr ein, sobald man die Versetzung der Scheiben nicht in der oben angenommenen Weise vornimmt. Hier findet eine Wiederholung der Verhältnisse nur nach jeder Drehung der Räder um eine ursprüngliche Teilung statt.
Die Abnutzung gerader einfacher Zähne geschieht in der Weise, daß die abgenutzten Zähne, auch wenn sie ursprünglich richtigen Eingriff zeigten, nicht mehr richtig arbeiten, d. h. kein konstantes Übersetzungsverhältnis zwischen zwei ineinander greifenden Rädern bewirken. Das mittlere Übersetzungsverhältnis, welches sich aus den Zähnezahlen bestimmt, bleibt zwar unverändert, doch schwankt das wirklich vorhandene Übersetzungsverhältnis stets um