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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Abaissiert; Abakanische Berge; Abälard; Abalienation; Abalienieren; Abaliget

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Abaissiert – Abaliget

Abaissiert (vom frz. abaissé, spr. abässeh), in der Heraldik, s. Erniedrigt.

Abakanische Berge, der südl. Teil des Kusnezkischen Alatau (s. d.).

Abälard, Peter (frz. Abeillard, Abélard; lat. Petrus Abaelardus), Scholastiker und Theolog, geb. 1079 zu Pallet oder Palais, einem Dorfe bei Nantes (daher Doctor Palatinus), erhielt seine erste wissenschaftliche Bildung durch Roscellin, den Begründer des Nominalismus (s. d.), und kam um 1099 nach Paris, wo damals Wilhelm von Champeaux, der Vertreter des Realismus (s. d.), lehrte, wurde aber bald Rival und Gegner seines Lehrers. Seit 1102 lehrte er zu Melun, Corbeil und Ste. Geneviève vor einem sich immer vergrößernden Kreise von Schülern, machte sich aber damit Wilhelm von Champeaux zum unversöhnlichen Feinde. Nachdem dieser Bischof von Châlons geworden war, übernahm A. 1113 die Leitung der Schule bei der Kirche Notre-Dame und bildete hier die ausgezeichnetsten Männer aus, unter ihnen den nachmaligen Papst Cölestin II., Petrus Lombardus, Berengar, seinen nachmaligen Apologeten, und Arnold von Brescia. A. war das anerkannte Haupt aller Dialektiker und überstrahlte alle andern Lehrer von Paris, dem damaligen Mittelpunkte der philos.-theol. Wissenschaften. Von dem Kanonikus Fulbert zum Lehrer seiner 17jährigen, durch Schönheit und Geist ausgezeichneten Nichte Heloise berufen, entbrannte A. in heftigster Liebe zu ihr, die von Heloise mit gleicher Leidenschaft erwidert wurde. Als Fulbert die Liebenden zu trennen suchte, entführte A. die Geliebte nach der Bretagne, wo sie einen Sohn gebar, und vermählte sich in der Stille mit ihr. Fulbert hingegen ließ A. aus Rache entmannen, damit ihm auf Grund der kanonischen Gesetze der Weg zu den kirchlichen Ehren verschlossen bliebe. A. ging nun als Mönch ins Kloster zu St. Denis; die 18jährige Heloise nahm auf sein Verlangen den Schleier zu Argenteuil. Unzufrieden mit dem klösterlichen Treiben, begann er auf Zureden seiner Freunde wiederum seine Vorlesungen in der Priorei zu Maisonville; aber seine Gegner erweckten ihm bald neue Verfolgungen. Seine «Introductio in theologiam» ward 1121 auf der Kirchenversammlung zu Soissons zum Feuer, A. selbst zur Haft im St. Medarduskloster verurteilt. Nachdem er mit Mühe die Erlaubnis erhalten, außerhalb der klösterlichen Mauern zu leben, verließ er St. Denis und erbaute sich zu Rogent an der Seine eine Kapelle und Klause, Paraklet genannt, die, von seinen ihm folgenden Schülern zu einer geräumigen Stiftung erweitert, von ihm nach seiner Ernennung zum Abt von St. Gildas-de-Ruys in der Bretagne Heloisen und ihren Religiösen zur Wohnung überlassen wurde. Seine Gegner, unter denen Bernhard von Clairvaux und Norbert von Laon obenan standen, brachten es endlich dahin, daß 1140 auf der Synode zu Sens seine Lehre verdammt, dieses Urteil vom Papste bestätigt und durch einen Verhaftsbefehl verschärft wurde. Doch Peter der Ehrwürdige, Abt zu Cluny, söhnte ihn mit seinen Feinden und dem päpstl. Stuhle aus. A. starb 21. April 1142 als Muster klösterlicher Zucht in der Abtei St. Marcel unweit Châlon an der Saône. Heloise erbat sich den Leichnam, den sie im Kloster Paraklet begraben ließ, um nach ihrem Tode an seiner Seite zu ruhen. Sie starb 16. März 1164. Beider Asche wurde 1800 in das Musée des ↔ Petits-Augustins in Paris, 1815 in die Kirche St. Germain-des-Près daselbst gebracht und 1817 auf dem Kirchhofe Père-Lachaise beigesetzt.

In dem Streite des Nominalismus und Realismus nahm A. eine eigentümliche Stellung ein, insofern er die Ideen oder Allgemeinbegriffe (universalia) weder mit ersterm für bloße Namen oder Abstraktionen, noch mit letzterm für das alleinige Reale hielt, noch auch zugab, daß die Realität des Allgemeinen an jedem Einzelwesen sich darstelle. Vielmehr bewies er, daß die eine und selbe Wesenheit jedem Individuum nicht auf dieselbe wesentliche, sondern immer nur auf eine individuelle, mithin bestimmte Weise zukomme («inesse singulis individuis eandam rem non essentialiter, sed individualiter tantum»). Doch ist die Stellung A.s in dieser Frage, da er sich selbst schwankend darüber ausspricht, noch immer streitig. Bezüglich des Verhältnisses zwischen Vernunft und Religion lehrt er, daß alle Kräfte dem Menschen von Gott zu irgend einem guten Zweck verliehen seien, also auch die Vernunft. Nur auf der durch freies Nachdenken gewonnenen Überzeugung ruhe der Glaube als auf einer unerschütterlichen Grundlage; ein Glaube, der ohne geistige Kraft erworben, ohne selbstthätiges Prüfen angenommen worden, sei der Freiheit des Menschen unwürdig. A. führte indes seine philos. Grundanschauung nur in Bezug auf die Ethik (in der Schrift «Scito te ipsum») aus, während er die kirchliche Dogmatik unangetastet ließ. Überhaupt blieb er, ungeachtet seines freien Rationalismus, innerhalb der Kirche stehen. Seine Hauptwerke sind: «Sic et non», eine Sammlung dogmatischer Widersprüche der Kirchenväter (zuerst vollständig hg. von Henke und Lindenkohl, Marb. 1851), «De unitate et trinitate divina» (hg. von Stölzle, Freib. i.Br. 1891), «Introductio in theologiam», «Scito te ipsum», «Historia calamitatum», eine Selbstbiographie (hg. von Orelli, Zür. 1848). Cousin gab die «Ouvrages inédits d'Abélard» mit einer Biographie und Charakteristik (Par. 1836) und eine vollständige Sammlung von A.s Werken (2Bde., ebd. 1849–59) heraus. – Vgl. Rémusat, Abélard (2 Bde., Par. 1845); Wilkens, Peter A., eine Studie zur Kirchengeschichte des Mittelalters (Brem. 1855); Deutsch, Peter A., ein kritischer Theolog (Lpz. 1883); Hausrath, Peter A. Ein Lebensbild (ebd. 1893); Compayre, Abelard and the origin and early history of universities (Lond. 1893); über A.s theol. und philos. Bedeutung: Goldhorn, Comment. hist.-theol. de summis principiis theologiae Abaelardae (Lpz. 1838); Bornemann, Anselmus et Abelardus (Kopenh. 1840); Bonnier, Abélard et St. Bernard (Par. 1862); Hayd, A. und seine Lehre (Regensb. 1863). A.s romantisches Liebesverhältnis ist vielfach dichterisch dargestellt worden; so von Carriere («A. und Heloise», 2. Aufl. 1853), Jacobi («A. und Heloise»), Berl. 1850), G. Schuster («A. und Heloise», Hamb. 1860) u.a.

Abaliënieren, Abaliënation (lat), Veräußern, Veräußerung (s. d.).

Abaliget, Dorf im ungar. Komitat Baranya, nordwestlich von Fünfkirchen, am nordwestl. Abhang des 592 m hohen St. Jakobsberges, bekannt durch die Abaligeter Höhle (auch Paplika oder Paplyuk, d.i. Pfaffenloch, genannt), eine der merkwürdigsten Tropfsteinhöhlen Ungarns, die sich ungefähr 950 m weit in den St. Jakobsberg erstreckt und ihrer ganzen Länge nach von einem Bache durch-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 14.