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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Abd ul-Kerim Pascha; Abdullah Chan; Abd ul-Latîf; Abd ul-Medschîd; Abd ul-Mumin; Abdunsten; Abd ur-Rahmân

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Abd ul-Kerim Pascha - Abd ur-Rahmân (Sultan)

vernichtenden Schlag gegen die Pforte zu führen, die diesmal ohne Bundesgenossen dastand. Eine der ersten Regierungshandlungen A.s war die Erteilung einer Verfassung 23. Dez. 1876, in der vollständige Rechtsgleichheit aller türk. Unterthanen ausgesprochen war, wodurch er freilich das angeblich für die unterdrückten Rajah auftretende Rußland vom Kriege nicht abhalten konnte. (S. Russisch-Türkischer Krieg von 1877 bis 1878 und Berliner Kongreß.) Die weitern Ereignisse nötigten den einsichtsvollen A. zur Aufgabe des Großwesirregiments seiner Vorgänger und zur Einführung einer thätigen Selbstregierung, die sich bisher als vorteilhaft für die Türkei erwiesen hat. - Vgl. Prinzessin von Lusignan, The twelve years's reign of A. (Lond. 1889).

Abd ul-Kerim Pascha, türk. General, geb. 1811 zu Tschirpan im heutigen Ostrumelien, war 1828-29 im Kriege gegen die Russen thätig, wurde dann zum Major (Bimbaschi) ernannt und von Sultan Mahmud II. zur weitern militär. Ausbildung nach Wien gesendet. Im Orientkriege 1853-56 rückte A. zum kommandierenden General (Muschir) auf. Er war dann nacheinander Chef mehrerer Armeekorps und erwarb sich unter dem Kriegsminister Hussein Awni Pascha Verdienste um die Neugestaltung der türk. Armee. 1873 wurde A. als Präsident einer Kommission zur Ausarbeitung von Heerreglements nach Konstantinopel berufen. Auch übernahm er auf kurze Zeit das Kriegsministerium. Den Krieg mit Serbien 1876 beendete er als Oberbefehlshaber (Serdar Ekrem) siegreich; im Kriege gegen die Russen zeigte er jedoch als General der Donauarmee Mangel an Energie, so daß 21. Juli 1877 seine Abberufung erfolgte. Er starb Febr. 1885 in Midüllü (Mytilene) auf Lesbos.

Abdullah Chan, Sohn Iskander Chans, einer der bedeutendsten Herrscher Bucharas im 16. Jahrh., geb. 1533, gelangte in seinem 24. Lebensjahre in einer Zeit zur Regierung, wo sein Reich durch innere Wirren und Einfälle nordischer Nomaden in großem Elend geraten war. Er stellte nach innen und außen Ruhe und Ordnung wieder her, dehnte sein Gebiet bis über den Oxus aus, indem er die Länder von Balch und Badachschan wieder unterwarf. Die Schwäche des Schah Abbas von Persien benutzend, riß er auch Herat und Merw an sich, plünderte den berühmten Wallfahrtsort Meschhed und unterwarf zeitweilig Masenderan. A.s Politik war vorzugsweise auf die Niederhaltung der aufkeimenden Macht Persiens gerichtet, wozu er mit dem türk. Sultan Murad III. von Konstantinopel ein Bündnis einging. A. starb 1597 als letzter Sproß des Hauses der Scheibaniden.

Abd ul-Latîf, s. Abd al-Latif.

Abd ul-Medschîd, der 31. Sultan der Osmanen (1839-61), geb. 23. April 1823, folgte seinem Vater Mahmud II. 1. Juli 1839 in der Regierung. Nach der durch den Beistand der europ. Mächte erfolgten Demütigung Mehemed Alis von Ägypten setzte A., für die abendländ. Kultur gewonnen, die von seinem Vater begonnenen Reformen fort. Auf den Rat Reschid Paschas erließ er 3. Nov. 1839 den berühmten Hattischerif von Gülhane, in dem zuerst allen türk. Staatsangehörigen gleicher Schutz verheißen ward und A. dem alten großherrl. Recht willkürlicher Verfügung über Gut und Blut der Beamten entsagte. Anstatt persönlich in die Staatsangelegenheiten einzugreifen, führte er ein Großwesirregiment ein (s. Osmanisches Reich). Nachdem 1843 die Beziehungen zu Mehemed Ali geordnet waren, trat eine lange Epoche der Ruhe ein, bis 1853 der Orientkrieg (s. d.) ausbrach. Der Frieden von Paris (30. März 1856), der den Christen nicht genügte und die Mohammedaner erbitterte, wirkte unheilvoll auf die innern türk. Zustände; es kam zu Aufständen und Christenmorden. Dieser Umschlag machte sich auch bei A. geltend. Während früher seine Regierung auf dem Gebiete des Heerwesens, der Provinzialorganisation, der Rechtspflege große Fortschritte aufzuweisen hatte, wurden jetzt die Staatseinnahmen verschleudert, so daß die Schuldenlast erschreckend zunahm. 1858 mußte sich die großherrl. Schatulle bankrott erklären. A., der völlig in Indolenz und schlaffe Sinnlichkeit verfiel, starb 25. Juni 1861. Ihm folgte sein Bruder Abd ul-Asis (s. d. und Osmanisches Reich).

Abd ul-Mumin, s. Abd al-Mumin.

Abdunsten, das langsamere Abdampfen einer Lösung bei gewöhnlicher Temperatur. Dazu wird jene in flachen, vor dem Einfallen von Staub möglichst geschützten Gefäßen entweder an der Luft oder in geschlossenen Gefäßen (s. Exsiccator) neben Substanzen, die den Dampf des Lösungsmittels begierig anziehen, sich selbst überlassen (freiwilliges Verdunsten), oder behufs Beschleunigung des Vorganges neben solchen Substanzen in einen luftverdünnten Raum, z. B. unter die Glocke einer Luftpumpe (Verdunsten im Vakuum, s. Abdampfen) gebracht.

Abd ur-Rahmân, Emir von Afghanistan, geb. um 1830, kämpfte unter seinem Vater Afsal Chan und seinem Oheim Asim Chan gegen den rechtmäßigen Emir Schir Ali und eroberte 1866 Kabul, wo sein Vater die Herrschaft übernahm. Nach dessen Tode (1867) und nach der Vertreibung Asim Chans durch Schir Ali floh A., von Jakub Chan bei Thinah geschlagen, zu den Russen, die ihm Samarkand als Wohnsitz anwiesen und eine Pension von 25000 Rubel gewährten. Nachdem 8. Okt. 1879 Jakub durch die brit.-ind. Regierung des Throns entsetzt worden war, wurde A. auf Veranlassung des Höchstkommandierenden der in Afghanistan stehenden brit. Truppen 22. Juli 1880 zu Kabul von den versammelten Fürsten der Stämme des östl. und mittlern Afghanistan zum Emir ausgerufen. In zahlreichen Aufstanden versuchten verschiedene Afghanenstämme die etwas harte Regierung A.s abzuschütteln, doch hat er es verstanden, alle Teile seines Landes vollständig zu unterwerfen. (S. Afghanistan.)

Abd ur-Rahmân, Sultan von Fes und Marokko (1822-59), geb. 28. Nov. 1778, folgte 1822 seinem Oheim Mulei-Suleiman. Der Streit mit Österreich 1828 endete nach dem Bombardement von el-Arisch damit, daß A. auf den bisherigen Tribut verzichtete. Eine Verwicklung mit Spanien, veranlaßt 1844 durch die Hinrichtung eines span. Konsularagenten, wurde durch Vermittelung Englands friedlich erledigt. Der durch diese Vorgänge entflammte Fanatismus der marokk. Bevölkerungen drängte A. zur Unterstützung Abd el-Kaders gegen die Franzosen. Nachdem er von diesen besiegt war, wurde der Sultan von Abd el-Kader selbst bedroht, der jedoch nach anfänglichen Erfolgen 1847 wieder nach Algerien flüchten mußte. Später geriet A. wegen der Räubereien der Rifpiraten (s. Rif) in Verwicklungen mit den europ. Mächten; außer den Engländern und Franzosen machte im Aug. 1856 der preuß. Admiral Prinz Adalbert den Versuch, die Piraten zu züchtigen. A. starb im Aug. 1859; ihm folgte Sidi Mohammed. (S. Marokko.)