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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Abgesonderte Befriedigung

Separatisten ex jure dominii oder Vindikanten hießen. Nach der Deutschen Konkursordnung (§. 3) kann ein Anspruch auf A. B. nur in den in diesem Gesetzbuche zugelassenen Fällen geltend gemacht werden. Die Gegenstände, welche in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören, dienen (nach §. 39) zur A. B., insoweit ein dingliches oder sonstiges Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus denselben besteht. In Ansehung der beweglichen Sachen, Forderungen und sonstigen Vermögensrechte räumt §. 40 denjenigen ein Recht auf A. B. ein, welchen an diesen Gegenständen ein Faustpfandrecht zusteht. Der Absonderungsberechtigte braucht nicht Gläubiger des Gemeinschuldners zu sein; das Pfandrecht kann z. B. von dem Gemeinschuldner für eine Forderung des Gläubigers an einen Dritten bestellt sein. In §. 41 werden eine Reihe von andern Gläubigern, wie Reichskasse, Staats- und Gemeindekassen, Verpächter und Pächter, Vermieter (diese beschränkt, Gesetz vom 9. Mai 1894), Gastwirte, Künstler und Handwerker und Personen, denen ein kaufmännisches Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht oder ein Pfändungspfandrecht zusteht, den Faustpfandgläubigern gleichgestellt. Der landesgesetzliche Absonderungsanspruch der Nachlaßgläubiger und Vermächtnisnehmer wird in §. 43 aufrecht erhalten. Außerdem wird den Personen, welche sich mit dem Gemeinschuldner in einem Miteigentume, in einer Gesellschaft oder in einer andern Gemeinschaft befinden, ein Recht auf A. B. aus dem bei der Auseinandersetzung ermittelten Anteile des Gemeinschuldners eingeräumt und in Ansehung der Lehn-, Stammguts- oder Familienfideïkommißgläubiger bestimmt, daß deren Befriedigung nach den Vorschriften der Landesgesetze aus dem Lehn, Stammgute oder Fideïkommisse abgesondert erfolgt (§§. 44 und 45). Die Österr. Konkursordnung enthält in den Art. 30-41 eingehende Vorschriften über Art und Weise, in welcher die A. B. zu erfolgen hat, und die dabei einzuhaltende Rangordnung.

Nach der Deutschen Konkursordnung (§. 3) erfolgt die A. B. "unabhängig vom Konkursverfahren". Der Absonderungsberechtigte behält die ihm verpfändeten Sachen im Besitz und kann von dem Rechte der Zwangsvollstreckung Gebrauch machen, sofern der Verwalter nicht hierzu schreitet. Unter mehrere Absonderungsberechtigte wird der Erlös aus den veräußerten Gegenständen so verteilt, als ob ein Konkursverfahren nicht bestände. Wenn sich nach Befriedigung der Absonderungsberechtigten ein Überschuß ergiebt, ist dieser zur Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden. Der Absonderungsberechtigte hat, soweit es sich um A. B. handelt, am Konkursverfahren nicht teilzunehmen und deshalb auch seine Forderung nicht anzumelden. Er hat nur dem Konkursverwalter von dem Besitze der in Frage stehenden Sachen und seinem Absonderungsanspruch Mitteilung zu machen und muß auf dessen Verlangen diese Sachen vorzeigen und deren Abschätzung gestatten (§§. 108-110). Soweit der Absonderungsberechtigte auf A. B. verzichtet oder durch diese nicht befriedigt wird, kann er die ihm gegen den Gemeinschuldner zustehende Forderung im Konkursverfahren geltend machen, wird aber dann bei der Verteilung der Masse nur berücksichtigt, sofern er nachweist, daß er auf das Absonderungsrecht verzichtet oder bei der A. B. einen Ausfall erlitten hat. (S. Abschlagsverteilung.) Kann der Absonderungsberechtigte bei der Schlußverteilung den vorgeschriebenen Nachweis nicht erbringen, so fällt er mit seiner Konkursforderung aus. Die Entscheidung darüber, ob ein Anspruch auf A. B. anerkannt oder bestritten werden soll, steht lediglich dem Konkursverwalter zu. Derselbe hat, soweit es sich um einen Wertgegenstand von mehr als 300 M. handelt, die Genehmigung des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn er den Absonderungsanspruch anerkennen will, auch in diesem Falle vor der Anerkennung den Gemeinschuldner zu hören; die Unterlassung dieser Handlungen sowie die Verweigerung der Genehmigung entzieht jedoch der Anerkennung nicht ihre Wirksamkeit. (Konkursordn. §§. 121, 123 und 124.) Im Prüfungstermin ist über das Bestehen des Absonderungsanspruchs nicht zu verhandeln. Insbesondere steht den einzelnen Konkursgläubigern und dem Gemeinschuldner nicht das Recht zu, gegen die Anerkennung des Absonderungsrechts Widerspruch zu erheben. Erkennt der Konkursverwalter dieses Recht nicht an, so kann die Anerkennung durch das Gericht mittels einer gegen den Verwalter erhobenen Klage herbeigeführt werden. Auch wenn der Verwalter den Absonderungsanspruch anerkennt, ist dieser berechtigt, die gerichtliche Veräußerung der Gegenstände zu betreiben, auf welche sich dieser Anspruch bezieht. Wenn der Gläubiger nach den geltenden Bestimmungen des bürgerlichen Rechts oder des Handelsgesetzbuchs befugt ist, sich aus dem Gegenstand ohne gerichtliches Verfahren zu befriedigen, kann der Verwalter jedoch erst dann zur Veräußerung schreiten, wenn der Gläubiger diese innerhalb einer ihm gesetzten Frist nicht selbst vorgenommen hat. Das Recht des Absonderungsberechtigten auf den Erlös wird durch die Veräußerung seitens des Verwalters nicht berührt.

Nach der Österr. Konkursordnung (§§. 30 fg., 137 fg., 163 fg.) gelten bezüglich der A. B. im allgemeinen die gleichen Grundsätze. Jedoch werden hier "besondere Massen" gebildet und erfolgt die Befriedigung des Absonderungsberechtigten regelmäßig durch den "Masseverwalter".

Das im ersten Absatz erwähnte Absonderungsrecht der Nachlaßgläubiger und Vermächtnisnehmer hat die Bedeutung, daß sie, auch ohne Auflageberechtigte und sonst auf die Erbschaft Angewiesene, von dem Erben und dessen Gläubigern verlangen dürfen, daß die Erbschaft zunächst ausschließlich zu ihrer Befriedigung verwendet werde, und daß lediglich der etwa verbleibende Überschuß dem Erben oder dessen Gläubigern zur Befriedigung hingegeben werde (sog. beneficium separationis). Das Preuß. Allg. Landr. I, 16, §§. 500 fg. gewährte ein entsprechendes Recht auch den Gläubigern des Erben; dasselbe ist aber durch Nichtaufnahme in die Deutsche Konkursordnung weggefallen.

Außerhalb des Konkurses kennt das Preuß. Allg. Landrecht diese Rechtsbildung nicht. Im Gemeinen Rechte wird das Recht durch Anrufung des Richters verwirklicht. Das Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §§. 2333-42 steht nach dem §. 2336 noch auf dem gleichen Boden. Der Code civil behandelt das Recht in den Art. 878 fg. (in Übereinstimmung steht damit das Badische Landrecht); es ist für Mobilien zeitlich beschränkt und nach der Teilung der Erbschaft dahin beschränkt, daß es zu Angriffen gegen die Teilung nicht berechtigt. Für Bayern und Württemberg wird es als noch fortbestehend anzusehen sein. Der