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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Acte - Actio

handlung aufgezeichnet wurden, und Berichte von Zeitgenossen. Viel zahlreicher aber sind die erdichteten, gefälschten oder doch in späterer Zeit überarbeiteten Märtyrerakten. Einen vortrefflichen, wenn auch nicht ganz genügenden Versuch, Echtes von Unechtem zu scheiden, machte der Mauriner Ruinart in den "Acta primorum martyrum sincera" (Par. 1689 u. ö.; zuletzt Regensb. 1859). Neben den Acta Martryrum sind zu erwähnen die Kalendarien, Verzeichnisse der Todes- und Gedenktage der Märtyrer nach der Ordnung des Kalenders. Das älteste ist das römische vom J. 354. Eine Erweiterung dieser Kalendarien sind die aus dem siebenten und den folgenden Jahrhunderten stammenden Martyrologien, in welche auch Heilige, die nicht Märtyrer waren, mit teilweise unzuverlässigen biogr. Notizen, aufgenommen wurden. Das älteste trägt mit Unrecht den Namen des Hieronymus; andere sind von Beda, Ado, Usuardus, Hrabanus Maurus, Notker. Das "Martyrologum Romanum" ist das amtliche Verzeichnis aller in der röm.-kath. Kirche anerkannten Heiligen, 1584 im Auftrage Gregors XV. revidiert und herausgegeben von Baronius, 1748 nochmals revidiert unter Benedikt XIV. In die spätern Ausgaben wurden die neu kanonisierten Heiligen eingefügt. Den Martyrologien entsprechen in der griech. Kirche die Menäen und Menologien.

Vom 4. Jahrh. an erschienen immer zahlreicher Biographien einzelner Heiligen, später auch Sammlungen von solchen. Eine große Verbreitung fanden namentlich die des Griechen Simeon Metaphrastes um 900 (abgedruckt in "Patrologia graeca", Bd. 114-116) und die "Legenda aurea" des Jakobus (s. d.) de Voragine. Seit Ende des 15. Jahrh. wurden solche Sammlungen mit etwas mehr, freilich noch sehr unzulänglicher Kritik herausgegeben von Boninus Mombritius ("Sanctuarium", 2 Bde., Vened. 1474), Aloys Lippomani ("Vitae Sanctorum", 8 Bde., Rom 1551-60) und Laurenz Surius ("Vitae Sanctorum", 6 Bde., Köln 1570-75). Für eine größere und wissenschaftlich genügendere Sammlung der Art sammelte der Jesuit Heribert Rosweyd (geb. 1569 zu Utrecht) Materialien. Mit deren Bearbeitung wurde nach seinem Tode (1629) von dem Ordensobern Johann von Bolland (geb. 1596 im Limburgischen, gest. 1665) beauftragt. Er erweiterte Rosweyds Plan und veröffentlichte zu Antwerpen von 1643 an in Verbindung mit Gottfr. Henschen und Daniel Papebroek 5 Bände "A. S.", welche nur die Heiligen der Monate Januar und Februar enthalten. Das Werk wurde von andern Jesuiten (den Bollandisten) in immer zunehmender Ausführlichkeit (später in Brüssel) fortgesetzt. Bis 1786 erschienen 52 Bände, bis zum 7. Okt. gehend. Die Prämonstratenser zu Tongerloo gaben 1794 den 53. Band heraus. Dann geriet das Werk ins Stocken. 1837 übernahmen einige Jesuiten (die neuen Bollandisten) mit Unterstützung der belg. Regierung die Fortsetzung. Von 1845 an sind acht weitere Bände erschienen (der letzte, 1887, umfaßt den 1. bis 3. Nov.), ferner 1875 ein Registerband und seit 1882 sieben Bände "Analecta Bollandiana". Bei B. Palmé in Paris erschien 1863-83 ein neuer Abdruck der ältern Bände. Die A. S. der Bollandisten sind die verdienstvollste Leistung der Jesuiten, ein nicht nur für die Heiligengeschichte, sondern auch für die Kirchengeschichte, sowie für Profan- und Kulturgeschichte wichtiges Quellenwerk. - Vgl. Gachard, Mémoire historique sur les Bollandistes et leurs travaux (Gent 1835); Pitra, Études sur la collection des actes des saints par les Bollandistes (Par. 1850); Tougard, De l'historie profane dans les actes grecs des Bollandistes (ebd. 1850).

Acte (spr. akt), Akte, in Frankreich Urkunde; donner acte, eine Urkunde über etwas Geschehenes ausstellen. Man unterscheidet: acte sous seing privé, Privaturkunden, welche der Anerkennung der Parteien bedürfen, um eine rechtliche Wirkung (Beweis und Vollstreckung) hervorzubringen; b) actes authentiques, öffentlich beglaubigte Urkunden, die auch ohne Anerkennung Beweiskraft haben, bis sie für unecht oder verfälscht erklärt werden; c) actes exécutoires, vollstreckbare Urkunden, auf welche solange nicht der Beweis ihrer Unechtheit unternommen wird, ohne Prozeß die Exekution erfolgen und ein Pfandrecht auf die Güter des Schuldners erwirkt werden kann. Zu den letztern gehören besonders die Notariatsinstrumente (actes notariés) und die von franz. Gerichten ausgefertigten Erkenntnisse.

Actes de gouvernement werden in Frankreich im Gegensatz zu den regelmäßigen Verfügungen der Verwaltungsbehörden (actes administratifs) die hochpolit. Maßregeln der Regierung genannt, gegen welche, auch wenn sie gesetzwidrig sind, aus thatsächlichen Gründen alle gerichtlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsmittel versagen.

Im deutschen öffentlichen Recht bedeutet Akte eine Urkunde, in welcher das staatsrechtliche Resultat diplomat. Konferenzen zusammengefaßt ist, wie z. B. Deutsche Bundesakte, Wiener Schlußakte.

Acte de notoriété (frz.), s. Notorietätsakt.

Acten, s. Akten.

Acte respectueux (frz., fpr. akt -tüö), Ehrerbietigkeitsakt, im franz. Recht eine notarielle Urkunde, durch die ein Sohn, der das 25. Lebensjahr, oder eine Tochter, die das 21. Lebensjahr zurückgelegt hat, den Rat der Eltern oder Großeltern wegen einer beabsichtigten Heirat erbittet. Der A. r., unter Umständen die dreimalige Wiederholung desselben, ersetzt die Einwilligung der Gefragten in die Eheschließung.

Actie, s. Aktie.

Actinia, s. Aktinien.

Actinocrinus Hall., Vertreter einer paläozoischen, besonders im amerik. Kohlenkalk verbreiteten Familie von Erinoideen oder Seelilien, ausgezeichnet durch die kleinen und sehr zahlreichen Täfelchen, welche die Oberfläche des Kelches und der rüsselförmig verlängerten Kelchdecke bilden, sowie durch die rudimentäre Entwicklung der Arme.

Actinolith oder Strahlstein, s. Hornblende.

Actio (lat.), im jurist. Sprachgebrauche das Klagerecht. Als vollkommenes Privatrecht galt bei den Römern wie bei uns nur das, dessen Anerkennung mit einer Klage durchgesetzt werden konnte. Deshalb hieß A. nicht nur die gerichtliche Geltendmachung des Rechts selbst (daher legis actio die älteste Prozeßform), sondern auch das mit der Eigenschaft solcher Realisierbarkeit begabte Recht. In dieser letztern Bedeutung ist A. in unser heutiges Rechtssystem übergegangen. Es wird, wenn von A. die Rede ist, eine klagbare Befugnis gemeint. (S. auch Anspruch.)

Das von den röm. Juristen entwickelte Aktionensystem liegt auch den heutigen Gesetzgebungen zu Grunde. Man hat zu unterscheiden 1) die Klagen, welche einen unmittelbar wirksamen Ausspruch des Richters begehren. Zu diesen gehören a. die