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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Adler (Symbol)

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Adler (Symbol)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Adler'

  • Art ist Pandion haliaëtus L. (s. Tafel: Adler II, Fig. 1).

  • 4) Die Harpyien (Thrasaëtus), südamerikanische A. mit einem Federschopf; die bekannteste Art ist Thrasaëtus harpyia L. (s. Tafel: Adler I, Fig. 1).
  • 5) Die Haubenadler (Spizaëtus), indisch und afrikanisch, gleichfalls mit Federschopf; hierher Spizaëtus occipitalis Daud. (s. Tafel: Adler II, Fig. 2).

Alle A. leben paarweise und bauen ihr kunstloses, aus Reisern geflochtenes Nest, in welches die großen Arten zwei, die kleinern drei bis vier Eier legen, auf unzugänglichen Felsen oder hohen Bäumen. In der Umgebung des Horstes liegen gewöhnlich Haufen von Knochen und Gewöllen, die Überbleibsel der Mahlzeiten der Jungen. Diese werden erst sehr spät flügge, haben bei dem ersten Ausfluge fast die Größe der Alten, stets aber eine sehr verschiedene (dunklere) Färbung. Es vergehen in der Regel Jahre, bevor sie das Kleid der alten Tiere erhalten. Die Adlerweibchen sind immer etwas größer als die Männchen. Der Flug ist sehr anhaltend, kräftig, aber weder so flink wie derjenige der Falken, noch so hoch als derjenige der Geier. Die breite und stumpfe äußere Rundung der Flügel läßt den kreisenden A. auch schon in bedeutender Entfernung von den Geiern und Bussarden unterscheiden. Sie töten ihre Beute durch Schnabelhiebe auf den Kopf und in die Augen, worauf sie den Bauch aufreißen und die Eingeweide herauszerren. Haare, Federn und größere Knochen werden nach der Verdauung in einem Ballen, als sog. Gewölle, ausgebrochen. In der Gefangenschaft dauern die A. sehr gut aus und man hat Beispiele, wonach dieselben gegen 100 Jahre gelebt haben. Zur Fütterung benutzt man Pferdefleisch und giebt ab und zu Ratten, Mäuse und Sperlinge, um die Gewöllebildung zu befördern. Die Preise schwanken zwischen 20 M. für einen Seeadler, 40 M. für einen Steinadler und 600 M. für eine Harpyie.

Adler als Symbol. Der A. spielt in der Mythologie der indogerman. Völker einerseits als König der Vögel, andererseits als Attribut der höchsten Gottheiten eine wichtige Rolle. Bei den Hellenen war er der heilige Vogel des Zeus, der Bote und Begleiter des Weltkönigs. Er sitzt in den künstlerischen Darstellungen entweder zur Seite seines Gebieters oder auch (wie bei dem berühmten Bilde des Phidias) auf dessen Scepter und trägt den Blitz in den Klauen. Der A. des Zeus ist vielfach in die griech. Mythen verflochten. Von ihm wird Ganymed als Hirt oder Jäger auf freiem Felde ergriffen und zu Zeus emporgehoben. In der Gestalt eines A. entführt Zeus die schöne Nymphe Aigina dnrch die Lüfte. Spätere griech. Maler und Steinschneider stellen oft Ganymed oder Hebe dar, wie sie den A. des Zeus liebkosen und ihm Nektar reichen. Zeus versetzte dankbar seinen A. als Sternbild an den Himmel.

Als königl. Vogel und Sinnbild siegreicher Stärke ist der A. schon von alters her zum Symbol für Völker, Fürsten und Heere gewählt worden. Als Heereszeichen erscheint er zuerst nach den Berichten des Xenophon bei den Persern, bei denen schon unter Cyrus ein goldener A. mit ausgebreiteten Flügeln auf einem Spieße dem Heere vorangetragen wurde. Dieser Gebrauch ging unter Ptolemäus Soter, der den A. als Wappen auf Münzen führte, 305 v. Chr. auf das ägypt. Reich über.

Bei den Römern war der mit Blitzen und Donnerkeilen in den Fängen bewaffnete A., als das Symbol des obersten latin. Bundesgottes (Jupiter), ↔ das Sinnbild des röm. Staates. Der A. erscheint daher nicht nur auf röm. Münzen, auf den Sceptern und Helmen der Kaiser und anderwärts, sondern er wurde auch durch Marius während seines zweiten Konsulats (104 v. Chr.) zum Feldzeichen der Legionen erhoben, nachdem er bereits das Feldzeichen des ersten Manipels jeder Legion gewesen war. Der röm. Legionsadler schwebte auf einer hohen Stange oder Lanze mit ausgebreiteten Fittichen, in den Klauen bisweilen Blitze haltend, in späterer Zeit mit Lorbeeren geschmückt. Anfangs waren die A. von Holz, dann von Silber mit goldenen Blitzstrahlen; später war unter ihm eine kleine Fahne (vexillum) angebracht, seit Augustus mit der Nummer und Devise der Legion. Der Legionsadler befand sich stets bei der ersten Kohorte. Es galt für ein böses Vorzeichen, wenn es Mühe machte, die Stange bei dem Abmarsche wieder herauszuziehen. Namentlich später genoß der röm. Legionsadler eine fast göttliche Verehrung, da bei ihm das Asyl (s. d.) war und bei ihm geschworen wurde. In spätern Zeiten finden sich an den Lanzen, auf denen die Legionsadler getragen wurden, Kränze, Schilde, Inschriften, ja selbst Kaiserbüsten. Der Verlust des A. galt den Truppen für einen grossen Schimpf und wurde streng bestraft. Die ranghöchste Centurio hatte die Schutzwache und übergab den A. beim Aufbruche dem Adlerträger (aquilifer), der über Helm und Panzer noch ein Bärenfell trug. In der Schlacht stand der A. im dritten Treffen bei den Triariern, später am rechten Flügel der Legion bei der ersten Centurie der ersten Kohorte.

Als Heereszeichen kennt das Mittelalter den A. nur in seiner heraldischen Bedeutung auf Fahnentüchern. Erst durch Napoleon I. wurde er wieder zum Heereszeichen wie überhaupt zum Symbol des kaiserl. Frankreich. Jedes Regiment erhielt bei der Krönung 2. Dez. 1804 einen A., der beim ersten Bataillon geführt wurde. Der Fahnenträger (porte-drapeau) war Offizier. Der französische A. hat jedoch nicht die heraldische Form, sondern er erscheint als goldener A. des Zeus, in natürlicher Gestalt, zum Aufschwung bereit sitzend und Blitze in den Fängen tragend. Nach dem Sturze Napoleons I. beseitigten die Bourbonen den A.; Napoleon III. stellte ihn 1852 in der Form des ersten Kaiserreichs wieder her; die Republik von 1870 schaffte ihn ab. Auf Fahnen findet sich der A. im preuß., österr. und russ., auf Helmen (s. Haarbusch) im preuß. Heere.

In der christlichen Kunst ist der A. das Attribut des Evangelisten Johannes.

In der Heraldik ist der A. das verbreitetste aller Wappenbilder; er findet sich in den Wappen von Staaten,Fürsten, Edelleuten und vielen Städten. Der heraldische A. erscheint frei schwebend mit ausgebreiteten Flügeln, senkrecht gehaltenem Körper und rechts gewandtem Kopfe (gewöhnlich mit ausgeschlagener Zunge), ausgespreizten Beinen und Krallen und abhängendem, krausem Schwanze. Gestümmelt (bei den Franzosen alérion) heißt er, wenn er der untern Teile der Beine und des Schnabels beraubt ist. Meist erscheint der A. einköpfig, in einzelnen Fällen zweiköpfig. Der schwarze zweiköpfige oder Doppeladler des Römisch-Deutschen Kaiserreichs ist mit dem einen Kopfe und Halse rechts, mit dem andern links gewendet, beiderseits rotgezungt, goldgeschnabelt, goldgekrönt und goldumscheint, mit ausgebreiteten Flügeln, ausgespreizten Beinen, goldenen Fängen und krausfedrigem

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 147.