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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Akademien

(s. d.) 1495 zu Venedig gestiftet, sich um die kritische Herausgabe der alten Klassiker große Verdienste erwarb. Alle die zahlreichen Vereine der Art in Italien waren freie A. Mit den humanistischen Studien gelangten die A. auch in die Länder des übrigen Europa. So begründete Joh. Clem. von Dalberg auf Veranlassung von Konrad Celtes 1490 die kaiserl. Sodalitas Celtica oder Rhenana zu Worms, und um dieselbe Zeit (1490) Konrad Celtes selbst die Sodalitas literaria Danubiana, die 1498 nach Wien verlegt ward. Während die Crusca in den deutschen Sprachgesellschaften des 17. Jahrh. Nachahmung fand, dienten die den Naturwissenschaften gewidmeten Vereine der Royal Society of London und in Deutschland der Leopoldinisch-Karolinischen Akademie zum Vorbild.

In Frankreich gelangte der Begriff Akademie zu einer eigenartigen bedeutsamen Ausbildung, indem hier Richelieu 1635 eine um 1630 gegründete Privatgesellschaft in eine nationale Anstalt, die Académie française (s. Französische Akademie) verwandelte, die später mit ihren Schwesteranstalten zusammen den Namen Institut de France (s. d.) erhielt. Dieses vom Staate glänzend unterhaltene, aber auch von Regierung und Hof beherrschte Nationalinstitut hat einen tiefeingreifenden Einfluß auf die Entwicklung der sog. klassischen Litteraturepoche Frankreichs ausgeübt. Nach dem Vorgange in Paris wurden auch in den Hauptstädten der meisten übrigen europ. Staaten A. errichtet, von denen sich einige ebenfalls zu nationalen Centralinstituten gestaltet haben, wie die zu Madrid, Lissabon, Stockholm, Petersburg. In England, Italien und Deutschland ist es zu solchen Nationalinstituten nicht gekommen, weil hier teils die staatlichen Verhältnisse, teils die eigentümliche Entwicklung des wissenschaftlichen Geistes die Centralisation verhindern. In Deutschland ist wesentlich den Universitäten, neben ihrem Lehrberufe, auch die Pflege und Fortbildung der Wissenschaft geblieben, und die von den einzelnen Staaten gestifteten A. konnten schon darum nicht so einflußreich werden. In der Organisation folgt ein Teil der A. dem Vorbilde der Pariser, andere, wie namentlich die deutschen, schlagen einen selbständigern Weg ein. Die deutschen A. zerfallen in der Regel in zwei oder drei Klassen, von denen wenigstens eine für die mathem. und Naturwissenschaften, die andere für Philosophie, Philologie und Geschichte bestimmt ist. Die Arbeiten der Mitglieder werden in regelmäßigen Versammlungen vorgelesen und in den Verhandlungen, Berichten, Abhandlungen oder Denkschriften (lat. Acta, Commentarii; ital. Atti, Memorie; franz. Mémoires; engl. Transactions) der A. abgedruckt. Kürzere Vorträge, Berichte über die Sitzungen, Korrespondenzen u. dgl. werden zeitschriftartig dem Publikum durch Sitzungsberichte oder Monatsberichte (franz. Bulletins, Comptes rendus; engl. Proceedings) mitgeteilt. Mehrere A. bezeichnen sich als «Gesellschaften der Wissenschaften» (z. B. in Leipzig). – Vgl. Grimm, Über Schule, Universität, Akademie (Berl. 1850).

B. Gegenwärtig bestehende Akademien.

Ⅰ. In Deutschland sind hervorzuheben: 1) Die Kaiserlich Leopoldinisch-Karolinische Deutsche Akademie der Naturforscher, die 1. Jan. 1652 von dem Arzt Bausch in Schweinfurt als Academia naturae curiosorum gestiftet, von Leopold Ⅰ. 1687 zur Sacri Romani Imperii Caeserea-Leopoldino-Carolina naturae curiosorum erhoben, von Karl Ⅶ. 1742 bestätigt wurde, daher die Doppelbezeichnung. Der Sitz der Akademie wechselt mit dem Wohnort des Präsidenten und ist gegenwärtig (1895) Halle. Die Schriften der Akademie erschienen unter mehrfachen Titeln: «Miscellanea curiosa … sive Ephemerides germanicae» (1670‒1706), «Ephemerides» (1712‒22), «Acta physico-medica» (1727‒54), «Nova Acta» (1756‒92, dann unterbrochen, wieder aufgenommen 1817; bis 1895 erschienen 62 Bde.). Amtliches Organ ist seit 1859 die «Leopoldina». Vgl. Nees von Esenbeck, Vergangenheit und Zukunft der kaiserl. Leopoldinisch-Karolinischen Akademie der Naturforscher (Bresl. 1851). 2) Die Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1700 auf Anregung und nach dem Plane Leibniz’ von König Friedrich Ⅰ. gestiftet, jedoch erst 1711 als «Societät der Wissenschaften» eröffnet. Leibniz war ihr erster Präsident. 1744 ward die Akademie durch Friedrich d. Gr. als Königliche Akademie der Wissenschaften unter Vorsitz von Maupertuis mit neuem Glanze eröffnet. Gemäß der Umgestaltung, die sie 1812 durch Friedrich Wilhelm Ⅲ. erfuhr, bezweckt sie die «Prüfung des Vorhandenen sowie weitere Forschung auf dem Gebiete der Wissenschaft», nach dem neuen Statut vom 28. März «die Förderung und Erweiterung der allgemeinen Wissenschaften ohne besondern Lehrzweck». Sie zerfällt in zwei Klassen mit vier Sektionen (für mathem., physik., philos. und histor.-philol. Wissenschaften). Die Mitglieder teilen sich in ordentliche, auswärtige, Ehren- und korrespondierende Mitglieder. Die Akademie giebt «Abhandlungen» (bis 1830 «Mémoires» und «Nouvelles Mémoires») und «Sitzungsberichte» (bis 1881 «Monatsberichte») heraus. Von den Werken, die unter ihrer Mitwirkung und mit ihrer Unterstützung erschienen, sind besonders das «Corpus inscriptionum graecarum» (seit 1828), das «Corpus inscriptionum latinarum» (seit 1863), das «Corpus inscriptionum atticarum» (seit 1873) und die «Monumenta Germaniae historica», die Werke Friedrichs d. Gr., die Kommentare zu Aristoteles hervorzuheben. 3) Die Königliche Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, begründet 1751, neu organisiert 1770, steht in naher Verbindung mit der Universität und giebt «Abhandlungen» (bis 1837 «Commentationes») und «Nachrichten» heraus. Unter ihrer Aufsicht erscheinen ferner die «Göttingischen gelehrten Anzeigen». 4) Die Königlich Bayrische Akademie der Wissenschaften und Generalkonservatorium zu München, 1759 vorzugsweise für Geschichte gestiftet, welchen Beruf sie durch die Herausgabe der «Monumenta Boica» bethätigte. Die Anstalt erhielt indes 1807 einen Erweiterten Wirkungskreis, 1827 ihre gegenwärtige Verfassung und zerfällt seitdem in drei Klassen (philos.-philol., mathem.-physik. und histor. Wissenschaften). Mit ihr in Verbindung steht (seit 1852) eine naturwissenschaftlich-technische und (seit 1858) eine histor. Kommission (s. Historische Vereine), welche beide auch litterarisch thätig sind. Die Akademie selbst veröffentlicht «Denkschriften», «Abhandlungen» und «Sitzungsberichte», 1835‒60 auch «Gelehrte Anzeigen». 5) Die Königlich Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, 6. Juli 1846 gegründet, in zwei Klassen, eine mathematisch-physikalische und eine historisch-philologische geteilt, veröffentlicht «Abhandlungen» (bis 1895 34 Bde.) und «Berichte» (je 47 Bde.). In Beziehung zu ihr steht die 1768 gestiftete, 1771 ins Leben getretene Fürstlich Jablonowskische Gesellschaft der Wissenschaften, die Preis- ^[folgende Seite]