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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Amazulu

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Amazulu

sich all dem Uferrande zu mächtigen Holzbollwerken zusammen; zahllose Stämme sinken nieder und bilden bei der trüben Beschaffenheit des Wassers eine große Gefahr für die Schiffahrt. Der die Stromufer begleitende Urwald bietet in Vegetation und Tierwelt die ganze Mannigfaltigkeit der Tropenländer. Durch den Hauptstrom, den Rio Negro und Madeira zerfällt das ganze Gebiet in vier Abteilungen, die in Flora (s. Brasilien) und Fauna verschieden sind. Sehr reich ist die Fauna an Insekten, namentlich an Schmetterlingen und Ameisen. Dagegen sind die Säugetiere, außer den Affen, nur wenig zahlreich vertreten. Der A. selbst ist überaus reich an Wasserpflanzen und Wassertieren. Es finden sich in ihm neben Lamantinen, Delphinen, Kaimans zahlreiche Schildkröten, deren Fleisch und Eier für die Anwohner sehr wichtig sind. Aus den Eiern wird Öl bereitet, und Bates berechnet, daß jährlich etwa 40 Mill. Eier, die von 400000 Schildkröten gelegt werden, vernichtet würden. Ein anderes Reptil des A. ist die Anaconda genannte Riesenschlange (Eunectes murinus Wagl.). An Fischen ist der A. der reichste Strom der Welt, und die Zahl der Arten, die ihn bewohnen, wird auf 2000 geschätzt. Der größte hier vorkommende Fisch ist der Arapaima oder Piaruru (Arapaima gigas Cuv.), der bis 5 m lang wird und ein Gewicht bis zu 250 kg erreicht. Sein wenig wohlschmeckendes Fleisch bildet gesalzen, geräuchert oder gedörrt einen wichtigen Handelsartikel. Bemerkenswert ist, daß außer Delphinen auch noch andere typische Meertiere, aber in eigenen Arten im A. vorkommen, z. B. Rochen.

Der Schiffahrt bietet der A. ein Netz von Wasserstraßen, wie kein anderer Strom der Erde. Von der Mündung bis an die Abhänge der Anden bildet er eine ununterbrochene Straße, und bei Tabatinga beträgt seine Tiefe schon 13 m, so daß ihn die größten Schiffe befahren können. Hierzu kommt, daß er auch nahe den Ufern schon eine große Tiefe besitzt. Die mächtige Strömung ist auch für Segelschiffe verhältnismäßig leicht zu überwinden, da den größten Teil des Jahres hindurch der Passat stromaufwärts weht. Ein großer Teil seiner Nebenflüsse ist ebenfalls auf mehrere hundert Kilometer schiffbar. Doch sind sie auf der Südseite meist dort durch starke Stromschnellen unterbrochen, wo sie aus dem brasil. Hochlande in das Tiefland des A. eintreten. Aber oberhalb dieser Stellen finden sich vielfach noch große schiffbare Strecken. Namentlich bietet der Mamoré in Bolivia, ein Quellstrom des Madeira, eine gute Wasserstraße, und man verbindet jetzt den schiffbaren Teil des Madeira mit dem Mamoré durch eine Eisenbahn, wodurch ein bequemer Handelsweg vom Atlantischen Ocean bis ins Herz Bolivias eröffnet wird. Die Gesamtlänge der von brasil. Dampfern befahrenen Wasserläufe im Gebiete des A. betrug 1873 schon 9900 km.

Der A. wurde an seiner Mündung 1500 von Vicente Yañez Pinzon, an seiner Quelle 1535 von den Spaniern entdeckt. Befahren ward der Strom zuerst, und zwar vom Napo abwärts, durch Pizarros Gefährten Francisco de Orellana (1540 - 41), der auch die Fabel von einem Lande der Amazonen und dem Goldlande oder Eldorado aufbrachte. Unter denen, die sich in der Folgezeit um die Erforschung des Stromlaufs verdient machten, sind besonders Pedro Teixeira (1637 - 39), der Jesuitenpater Samuel Fritz ("der Apostel des A."), Condamine (1743 - 44), später Spix und Martius (1820), Maw (1829), Pöppig (1831 - 32), der Prinz Adalbert von Preußen (1842), der Graf Castelnau (1846) zu nennen. Von besonderer Wichtigkeit wurde jedoch die im Auftrage der nordamerik. Union unternommene Expedition von Herndon und Gibbon (1850 - 52), die Forschungsreisen Agassiz' im Auftrage der brasil. Regierung (1865), ferner Chaudleß' (1862 - 69) und Ortons (1867 - 76). Der Kulturbau der Spanier und Portugiesen an den Ufern des A. und seinen Nebenflüssen stürzte zum großen Teil schon bei Vertreibung der Jesuiten und dann später, als sich Brasilien von Portugal losriß, zusammen. Doch erhob sich aus diesen jesuitisch-portug. Ruinen bereits wieder, wenn auch nur langsam, eine freiere Entwicklung. Die brasil. Regierung unterhält acht Dampfer, die monatlich zwischen Para und Manaos, Para und Obidos, Manaos und Tabatinga fahren. In Tabatinga schließt sich ein peruan. Dampfer an, der den A.und Huallaga aufwärts bis Yurimagua, dem Hafen von Moyobamba fährt, wo sich ein allerdings höchst schwieriger Landweg nach Moyobamba und weiter über Cajamarquilla nach Trujillo an der Südsee anschließt. Außerdem giebt es noch mehrere Gesellschaften, die den A. und einzelne Nebenflüsse befahren. Seit 1867 ist endlich die Schiffahrt auf dem A. für alle Flaggen freigegeben (Küstenfahrt ausgenommen), doch sind vorläufig fremde Schiffe noch nicht im stande, mit den reichlich vom Staate unterstützten brasil. Dampfern in Wettbewerb zu treten. (S. Para.) Sonach vermittelt der A. mit seinen Wasserstraßen bis in die Cordilleren hinauf die Verbindung des Atlantischen Oceans mit der Südsee. Wenn auch die Besiedelung der Uferländer des A. wegen klimatischer und anderer Schwierigkeiten nur langsam vor sich gehen kann, so bietet doch hier jetzt schon und unter allen Umständen die Natur eine Menge von für die Menschheit wichtigen Produkten.

Litteratur. Acuña, Nuevo descrubimiento del Gran Rio de las Amazonas (Madr. 1641; französisch, 2 Bde., Par. 1682); Martius, Reise in Brasilien, Bd. 3 (Münch. 1823 - 31); Pöppig, Reise in Chile, Peru und auf dem A. 1827 - 32 (Lpz. 1835); Maury, The Amazon and the Atlantic shores of South-America (Washingt. 1853); Markham, Expedition into the valley of the Amazonas (Lond. 1859); Avé-Lallemant, Reise durch Nordbrasilien (2 Bde., Lpz. 1860); Bates, The naturalist on the River Amazonas (2. Aufl., Lond. 1864; deutsch Lpz. 1866); Marcoy, Voyage à travers l'Amérique du Sud, de l'Océan Pacifique à l'Océan Atlantique (2 Bde., Par. 1869); Agassiz, Voyage au Brésil (ebd. 1869); Wallace, Narrative of travels on the Amazon and Rio negro (Lond. 1870): Keller-Leuzinger, Vom Amazonas und Madeira (Stuttg. 1874); Orton, The Andes and the Amazon (Neuyork 1876); Brown und Lidstone, Fifteen thausand miles on the Amazon and its tributaries (Lond. 1878); Mathews, Up the Amazon and Madeira rivers (ebd. 1879); von Schütz-Holzhausen, Der Amazonas (Freiburg 1883); Do Rio de Janeiro al Amazonas e alto Madeira (Rio de Janeiro 1885); Pinkas, Commissão de estudos da estrade de ferro do Madeira e Mamore (ebd. 1885); Rodriguez, Rio Tanapery, Pacificação dos Crichanas (ebd. 1886); von den Steinen, Durch Central-Brasilien (Lpz. 1886); Guillaume, The Amazon Provinces of Peru (Lond. 1888); Schichtel, Der A. (Straßb. 1893). (S. auch Brasilien.)

Amazulu, Kaffernstamm, s. Kaffern und Zulu.