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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Amerika (Klima. Mineralien. Pflanzenwelt)

36,7 Proz. Begünstigt wird diese Entwicklung in Südamerika besonders durch die von O. gegen den Ostabhang der Anden fallenden Niederschläge und die Möglichkeit der Richtung der Ströme gegen O.

Der Amazonenstrom hat bei einem über 5000 km langen Lauf ein Gebiet von 6 500 000 qkm, der La Plata bis zur Paranaquelle bei 3550 km Stromentwicklung ein Gebiet von ungefähr 2 879 300 qkm, wogegen Nordamerikas größter Strom, der Mississippi, der längste Strom der Erde, von der Missouriquelle an zwar eine Entwicklung von ungefähr 7000 km, aber nur ein Gebiet von ungefähr 3 100 000 qkm zeigt, und der Lorenzstrom 1 266 400 qkm in sein Gebiet faßt, doch nur 3000 km Stromentwicklung besitzt. Nordamerika hat die größte Seegruppierung der Erde (nicht aber den größten See); schon die fünf Quellseen des Lorenzstroms umfassen in ihrer Gesamtfläche 238 971 qkm, und ungemessene Flächen nehmen die unzähligen Seen der nördlichern Ebenen ein. Auffallend sind die zur Regenzeit noch vermehrten Bifurkationen; so ist nicht nur die Wasserscheide zwischen einzelnen arktischen Flußsystemen unbestimmt, sondern in Südamerika bildet der Casiquiare eine natürliche Stromverbindung zwischen dem Orinoco und dem Rio Negro des Amazonensystems. Die Hauptströme A.s sind (von NW. angefangen) folgende: der Mackenzie, Große Fisch- oder Backfluß im N.; die Hudsonsbaigewässer, als Churchill, Nelson, Severn und Albany; der Lorenzstrom, Hudson, Delaware, Mississippi, Rio del Norte, Magdalenenfluß, Orinoco, Amazonenstrom oder Maranon, Tocantins, Parnahyba, San Francisco, Parana und Uruguay, Rio Colorado und Rio Negro, und in Nordamerikas W. der Colorado, Sacramento, Columbia (Oregon), Fraserfluß und der Yukon. (Hierzu Physikalische Karte von Amerika: I. Nordamerika; II. Südamerika; s. auch die Karten bei den Artikeln Brasilien, Columbia und La Plata-Staaten.)

Klima. A. liegt nur unter dem 13. Teil des Äquators, und selbst da, wo die geogr. Lage eine afrik. Hitze voraussetzen ließe, ist das Klima verhältnismäßig kühl und feucht; die Erstreckung von N. nach S., die geringe Breite, die Berührung durch den Ocean, der Mangel riesiger trop. Länderräume mildern die Wärmeentwicklung. Dem gegenüber hat die Winterkälte im N. Nordamerikas freien Spielraum, indem die gewaltige Ausdehnung dieser Landmasse unter hohen Breiten die Wärmeausstrahlung fordert. Nordamerika hat überhaupt ein weniger oceanisches Klima als Süd- und Mittelamerika. Nur der Nordwesten und die Westküste haben milde Winter, kühle Sommer und viel Regen. Der ganze Rest des Kontinents leidet an den äußersten Gegensätzen. Vor allem ist der Winter sehr kalt, und der Einfluß der eisbedeckten Nordhälfte Nordamerikas äußert sich unheilvoll bis weit gegen Süden. Dann aber ist die Wärme im Sommer, namentlich auf den trocknen, wasserarmen, fast Wüstencharakter tragenden Hochebenen von Arizona, Neumexiko, Colorado außerordentlich (mehr als 36° Julimittel). Auch die Ostküste hat kein oceanisches Klima. Von N. dringt ein kalter Meeresstrom an der Küste entlang, der den Golfstrom abtrennt, und auch die Niederschläge sind so gleichmäßig über das Innere und den Osten verteilt, daß ein oceanisches Klima auch hier nicht erwartet werden kann. Auch hier sind die Sommer heiß. So zerfällt Nordamerika in eine Reihe nordsüdlich streichender klimatischer Zonen. Auch das Mississippibecken hat sehr wechselndes Klima, insofern es den Nordwinden mit ihrer Winterkälte und den heißen Südwinden ausgesetzt ist.

In Südamerika unterscheidet man das echt tropische Klima des Nordens, Ostens, Nordwestens und des Innern, mit großer, durch starke Niederschläge gemilderter Wärme, ferner das subtropische Klima der La Plata-Staaten, Südbrasiliens, von Paraguay, Uruguay, dann das patagon. Hochlandsklima mit größern Extremen und Trockenheit, das südchilen. Klima mit scharf oceanischem Charakter, sehr kühlen Sommern, milden Wintern, bedeutenden Niederschlägen, und dem gegenüber das trockne, fast regenlose, heiße, wenn auch durch kühle Meeresströmung gedämpfte Klima von Nordchile und der Westküste von Peru bis 5° südl. Br. (Punta-Pariña); endlich das Höhenklima der andinen Hochebenen. Das riesige Küstengebirge der Cordilleren steigt in allen Zonen über die Schneelinie. Man schaut von den kahlen peruan. Küsten unter Tropenhitze zu Gipfeln auf, ewig in Schnee und Eis gehüllt; man steigt aus der riesenhaften Vegetation Ecuadors zu Höhen auf, wo einzig noch der Kondor organisches Leben verkündet; aber man verläßt den Getreidebau in Peru erst in der Höhe von 3900 m, in Ecuador bei 2900 m. Der Norden und Süden A.s hat gleiche Tageszeiten, aber dem entgegengesetzten Eintritt des Sommers entsprechende Jahreszeiten, wiewohl auch hierin vorherrschende Winde, verschiedener oceanischer Einfluß und die Lage der Cordilleren als eine großartige Wetterscheide solche Unregelmäßigkeiten erzeugt, daß z. B. die Ostküste Brasiliens die Regenzeit vom März zum September und Peru unter gleicher Breite vom November zum März hat. In der Tropenzone berühren sich die Regen- und die Trockenzeit in den schärfsten Gegensätzen. Allmählicher werden die Übergänge zwischen den Jahreszeiten jenseit der Wendekreise, bis die eisige Natur der Polarzone in kurzem Erwachen aus langem Winterschlafe der organischen Welt nur ein flüchtiges Dasein gewährt.

Mineralien. Überaus reich ist A. an Schätzen des Mineralreichs. Kohlen, Petroleumquellen birgt Nordamerika in reicher Fülle, und keine andern Gegenden der Erde haben einen Reichtum an Silber, nur wenige einen solchen von Gold wie Kalifornien und die äquatorialen Gebirgsgegenden, an Diamanten und andern Edelsteinen wie Brasilien, Columbia, Chile und Peru, an Salpeter wie Chile, an Blei- und Kupferlagern wie Wisconsin u. s. w.

Pflanzenwelt. In lückenlosem Zusammenhange zeigt A. den Wechsel der nordischen, tropischen und südl. Floren, und zum Austausch zwischen den kühlen Klimaten ist hier das mächtigste Gebirgssystem der Erde, die Andenkette, bereit. Ist auch der Zusammenhang des Landes unter 10° nördl. Br. nur auf schmale Flächen beschränkt, so genügen sie doch zur Bewahrung des einheitlich amerik. Charakters in den Tropen, noch verstärkt durch das breite Inselband der Antillen, welches Florida mit Venezuela floristisch verknüpft. Der kalte Norden hat wenig eigentümlich Amerikanisches, sondern schließt sich vielmehr an die ostsibir. und nordeurop. Flora an; aber von 30° nördl. Br. bis 30° südl. Br. und in schwächern Zügen noch weiter ausgreifend, ist ein besonderer amerik. Charakter entfaltet, zu dem z. B. die formenreichen Familien der stachligen Kakteen und der Ananasgewächse (Bromeliaceae) treffliche Züge liefern, da diese hier allein ihre