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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Amsterdam (Stadt)

378 010 q, Droguen u. s. w. 207 290 q, Roggen 120 700, Öl 107 020 q, Spirituosen 63 170 q, Früchte 104 330 q, Wein 65 180 q u. a. Die allgemeine Einfuhr erreichte 1890: 910 710 t, 1891: 905 837 t, die allgemeine Ausfuhr 443 990 und 437 131 t.

Ungeachtet aller Anstrengungen steht der Handel von A. dem von Rotterdam nach. An erster Stelle ist er Bankgeschäft und Effektenhandel, und die Effektenbörse gehört zu den bedeutendsten Europas. Außerdem bestehen noch eine besondere Getreidebörse, Effekten-Societät (Winkelbörse), Handels- und Gewerbekammer. Die Niederländische Bank, ein vom Staate privilegiertes Institut, ist eine der bedeutendsten Kreditanstalten Europas. Weiter bestehen noch die Nederland-Indische Handelsbank u. a. Generalkonsulate haben in A. Belgien, Deutsches Reich, Frankreich, Italien, Österreich-Ungarn, Paraguay, Persien, Portugal, Rußland, Schweden und Norwegen und Türkei; Konsulate Argentinien, Chile, Columbia, Dänemark, Dominikanische Republik, Griechenland, Großbritannien, Guatemala, Haïti, Kongostaat, Liberia, Mexiko, Monaco, Peru, Schweiz, Siam, Spanien, Uruguay, Venezuela und Vereinigte Staaten von Amerika.

Verkehrswesen. A. liegt an den Linien A.-Utrecht-Emmerich (129 km) und A.-Rotterdam (70 km) der Niederländ. Staatsbahnen, Rotterdam-A. (90 km), Helder-A. (85 km), A.-Winterswijt (15 km) der Holländ. Eisenbahngesellschaft. Dampftramways führen nach Sloterdijk (2,5 km), Muiden, Muiderberg, Naarden und Hilversum. Außerdem bestehen Pferdebahnlinien der Amsterdamer Omnibusgesellschaft von 24,7 km Gesamtlänge, davon 5,2 km eingleisig und eine Anzahl Dampfschifflinien für Personenverkehr. A. hat eine Reihe regelmäßiger Dampfschiffverbindungen im Inlande, so nach Harlingen und Zwolle, ebenso zum Oberrhein durch die Amsterdamer Rijnbeurtvaart und die Amstel-Rijn-Main-Dampfschiffgesellschaft. Nach Neuyork (3428 Seemeilen), Montevideo und Buenos-Aires gehen von A. und Rotterdam abwechselnd Schiffe der Niederländisch-Amerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft, nach Westindien und Neuyork der Koninklyke Westindische Maildienst, nach Java die Stoomvart-Maatschappij Nederland; nach Niederländisch-Indien ferner die Gesellschaften Java und Insulinde. Den Verkehr nach England, Deutschland, Skandinavien, Frankreich, Spanien, Portugal und der Levante vermitteln besonders die Koninklyke Nederlandsche und die Hollandsche Stoombot-Maatschappij. 1891 gingen von A. 7046 Auswanderer nach den Vereinigten Staaten von Amerika.

Umgebung und Vergnügungsorte. A. und seine unmittelbare Umgebung bietet wenig landschaftliche Reize; die Bewohner beschränken sich auf den Besuch des Zoologischen und Botanischen Gartens oder Vondelparks oder aber des Seebads Zandvoort, Haarlems, Hilversum u. a. Orte.

Geschichte. A. entstand im Gebiete der Herren von Amstel. Zu welcher Zeit der Damm in der Amstelmündung, von dem der Name A. herrührt, errichtet wurde, läßt sich nicht mehr ermitteln. Sicher ist es, daß die Burg der Herren von Amstel, die der Stadt Schutz bot, Anfang des 13. Jahrh. (um 1204) erbaut wurde. 1247 tritt nach einer Lübecker Urkunde Herr Gysbrecht III. von Amstel für seine Handelsleute ein, als die Lübecker ein Amsterdamer Schiff wegen Verdachts des Seeraubes festhielten. 1275 gab der holländ. Graf Floris V. den Amsterdamern, obgleich sie nicht zu seinem Gebiete gehörten, Zollfreiheit in seinen Landen. Später, 1285, mußte Gysbrecht IV. von Amstel in einem Vertrage mit dem Grafen Floris, der ihn gefangen hielt, die Oberlehnsherrlichkeit Hollands anerkennen und verlor 1290 wegen Teilnahme am Morde des Grafen Floris nach den Bestimmungen jenes Vertrags, weil er sich gegen seinen Lehnsherrn aufgelehnt hatte, alle seine Länder an Holland. So wurde 1347 Amstelland nach einer Zeit vieler Wirren zuletzt vollständig der Grafschaft einverleibt. Städtische Rechte erhielt A. wahrscheinlich um 1300. Der Übergang aus der gutsherrlichen Hörigkeit unter die gräfl. Landeshoheit bedingte zuerst A.s Aufschwung, und bereits im Mittelalter war es eine bedeutende Stadt, die 1489 von Maximilian I. die Erlaubnis erwarb, oberhalb ihres Wappens die kaiserl. Krone zu führen. Im Unabhängigkeitskriege gegen Spanien trat sie erst 1578 an die Seite der Aufständischen, und als 1585 Antwerpen spanisch geworden war und die Schelde von den Niederländern gesperrt wurde, erhob sich A. zur Handelsmetropole des Nordens. Von Moritz von Oranien begünstigt, dehnte sich A. von 1585 bis 1595 fast um das Doppelte aus. Am 20. März 1602 wurde die Ostindische, 1621 die Niederländisch-Westindische Handelscompagnie mit dem Sitz in A. gegründet; 1622 zählte A. bereits 100 000 E. Zu seiner höchsten polit. und kommerziellen Bedeutung kam A. in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. Es stand an der Spitze der holländ. Städte im Konflikt mit dem Statthalter Wilhelm II., betreffend die Entlassung von Truppen, und vergebens war. der Versuch desselben, sie 1650 zu überrumpeln. Während des ersten engl. Seekrieges 1652-54 erlitt der Handel A.s zeitweilig ungeheure Verluste (gegen 4000 Häuser waren damals in A. unbewohnt); nach dem Frieden erhob es sich aber vollständig wieder. 1672 widersetzte sich A. den schmählichen Friedensunterhandlungen mit Frankreich; 1678 aber drang es auch an erster Stelle zu dem Frieden von Nimwegen, und auch später widerstrebte es der großen europ. Politik des Prinzen Wilhelm III., bis es 1688 ihm seine Expedition nach England ermöglichte. Im 18. Jahrh. sank der Handel A.s bereits. Große Nachteile brachten die Kriegsjahre mit England 1780-84. Am nachteiligsten wirkte die gezwungene Verbindung mit Frankreich und das Kontinentalsystem (s. d.). Die Vereinigung der Niederlande mit Frankreich 1810 vernichtete vollends den auswärtigen Handel A.s, der sich erst seit 1813 allmählich wieder zu großer Bedeutung erhob. Durch den Bau der beiden Kanäle mit erheblichen Geldopfern wurde A. vor dem Schicksal bewahrt, eine der toten Städte an dem Zuidersee zu werden wie Hoorn oder Enkhuizen. Die Abschaffung der Gebühren auf dem Nordseekanal hat den Hafen sehr billig gemacht und die für das Jahr 1892 beabsichtigte Vollendung des Merwedekanals von A. südwärts über Utrecht zum Leck und zur Merwede sichert dem Handel eine bequeme Wasserstraße zum Rhein und damit eine wohlfeilere Verbindung zu einem großen Teile des Handelsgebietes, als die Eisenbahnen sind. - Vgl. Wagenaar, A. in zijne geschiedenissen (22 Bde., Amsterd. 1701-94); van der Vijver, Beschrijving van A. (4 Bde., ebd. 1844); Witkamp, A. in schetsen (2 Bde., ebd. 1859-03); Kalf, A. in Praatjes en Plaatjes (ebd. 1875); Ter