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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Anastatischer Druck; Anästhesie; Anästhesieren

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Anastatischer Druck - Anästhesieren

der heiligen Stätten bewirkt, wo die Pflanze wachse. Sie kommt im Heiligen Lande selten vor, nur an den Ufern des Toten Meers. (S. Asteriscus.)

Anastatischer Druck, das von Rudolf Appel erfundene Verfahren, von alten Drucken aller Art nach Auffrischung der Farbe durch Umdruck auf Stein- oder Zinkplatten Pressenabdrücke auf Papier herzustellen. Man legt den alten Druck, um die Farbe wieder geschmeidig zu machen, etwa eine halbe Stunde in eine Lösung von Soda, Salmiak und Kleesalz und bestreicht ihn darauf noch feucht mit Terpentinöl. Nach ungefähr einer Stunde läßt sich auf eine Stein- oder Zinkplatte ein Überdruck machen, stark genug, um eine leichte Ätzung zu gestatten. Nun kann man den Überdruck einwalzen, nochmals stärker ätzen und mit dem wirklichen Druck beginnen. Sehr alte Drucke kann man mit frischer Farbe imprägnieren, indem man sie in eine Lösung von Kali in Wasser und darauf in eine von Weinsäure legt, da das so vorbereitete Papier vorsichtig eingewalzt, nur an den bedruckten Stellen die Farbe annimmt. Nur selten wird der A. D. noch zur Anwendung kommen, seit die Photographie für litho- und zinkograph. Zwecke dienstbar gemacht wurde.

Anästhesie (grch.) oder Unempfindlichkeit, in der Medizin derjenige Zustand der Empfindungsnerven, bei welchem diese im ganzen oder in einzelnen Teilen unvermögend sind, äußere Eindrücke (Wärme, Druck, Licht, Schall u. s. w.) zur Empfindung zu bringen. Ein solcher Zustand kann zunächst dadurch bedingt sein, daß die äußern Endapparate der Empfindungsnerven, welche sonst den Reiz zunächst aufnehmen, zerstört oder mehr oder weniger unbrauchbar geworden, daß also z. B. die Netzhaut des Auges, oder die sog. Tastkörperchen der Haut fehlen oder krankhaft verändert sind; oder zweitens dadurch, daß die Fasern der Empfindungsnerven nicht mehr im stande sind, die in ihren äußern Endapparaten von außen her erweckten Erregungen bis zum Gehirn fortzuleiten, sei es, daß sie durch mangelhafte Ernährung oder Einwirkung giftiger Substanz in ihrem ganzen Verlauf leitungsunfähig geworden, oder sei es, daß nur an einer Stelle durch Druck auf die Faser oder Trennung derselben die Leitung unterbrochen ist; oder endlich wird die A. dadurch bedingt, daß die Hirnteile, in welchen die von den Empfindungsfasern zugeleitete Erregung zum Bewußtsein gebracht, d. h. in eine wirkliche Empfindung der äußern Reize umgesetzt wird, zerstört oder derart verändert sind, daß sie keine Empfindungen mehr zu erzeugen vermögen.

Je nachdem die A. in den Nerven und deren äußern Endapparaten, oder im Gehirn oder im Rückenmark ihren Grund hat, nennt man sie erstenfalls eine peripherische, letzternfalls eine centrale, je nachdem sie sämtliche Empfindungsnerven oder nur einzelne derselben betrifft, eine allgemeine oder eine lokale, je nachdem das Empfindungsvermögen nur geschwächt oder ganz aufgehoben ist, eine unvollkommene oder vollkommene. Je nach der Ursache ist die A. ein schnell oder langsam vorübergehender oder ein dauernd unheilbarer Zustand. Eine allgemeine und vollkommene A. aus centraler Ursache begleitet jede tiefe Ohnmacht und andere Zustände völliger Bewußtlosigkeit, z.B. die verschiedenen künstlich hervorgerufenen Narkosen. Beispiele unvollkommener, peripherischer A. sind die Unempfindlichkeit der Haut nach Einwirkung starker Kältegrade, nach starkem Schlage oder Drucke oder nach einer Quetschung der Haut; ebenso die Unempfindlichkeit der Haut beim sog. Einschlafen (s. d.) der Glieder. An diese Beispiele alltäglicher und nicht eigentlich krankhaft zu nennender A. reihen sich nun zahlreiche auf wirklichen Krankheiten beruhende. Verschiedene Gehirn- und Rückenmarkskrankheiten können mehr oder weniger ausgebreitete A. der Hautnerven, des Augennerven (Blindheit), des Hörnerven (Taubheit) u. s. w. veranlassen. Peripherische A. kommen vor infolge von Geschwülsten, welche auf Nervenstämme drücken, sowie nach Durchschneidungen der Nervenstämme bei Verwundungen. Dabei können in dem vollkommen anästhetischen Teile gleichzeitig die heftigsten Schmerzen wüten (Anaesthesia dolorosa), wenn weiter aufwärts (näher dem Gehirn) von dem die A. erzeugenden Punkte den Nerven ein Reiz trifft, weil jede schmerzerregende Einwirkung auf einen sensiblen Nerv in dessen periphere Ausbreitung verlegt wird. A. kommt ferner vor bei Entzündungen der Nerven und infolge teilweise noch unbekannter Einflüsse (rheumatische Lähmungen) sowie endlich bei einzelnen Vergiftungen (z. B. mit Blei, Opium und dessen Alkaloiden, Äther, Chloroform, Methylenbichlorid, Amylen, Stickstoffoxydul). Diese Vergiftungen wirken teils peripherisch, teils central. Blei verursacht z. B. oft beschränkte, peripherisch begründete Unempfindlichkeit der Haut; Opium wirkt nur central, ebenso im wesentlichen Schwefeläther und Chloroform. Diese Eigenschaft benutzt man zur künstlichen Herstellung von A. (S. Anästhesieren.)

Die Behandlung besteht in spirituösen oder ätherischen Einreibungen, kalten Douchen, Massage, Elektrotherapie, auch in operativen Eingriffen (Entfernung von drückenden Geschwülsten u. dgl.).

Anästhesieren, die Anwendung von Mitteln, welche den Körper unempfindlich machen und deshalb anästhetische Mittel oder Anästhetika genannt werden. Schon in frühester Zeit bestrebten sich die Chirurgen, solche Mittel zu finden, welche Unempfindlichkeit bei Operationen herbeiführen. Doch alle Versuche, das Problem zu lösen, fielen ungenügend aus, bis endlich 1846 der Chemiker und Geolog Charles Jackson zu Boston die Entdeckung machte, daß die Einatmung von Dämpfen des Schwefeläthers in einen Zustand der Empfindungslosigkeit versetzt. Nachdem das Mittel eine Zeit lang von ihm und seinem Freunde, dem Zahnarzt Morton, unter Geheimhaltung beim Ausziehen der Zähne benutzt worden, teilte Jackson 13. Nov. 1846 die Entdeckung der Pariser Akademie der Wissenschaften mit. Man begann alsbald zu experimentieren, teils um das Wesen der Äthernarkose genauer kennen zu lernen, teils um das Verfahren zur Erzielung des Ätherismus zu verbessern. Bei der Anwendung sind gewisse Vorsichtsmaßregeln zu berücksichtigen. Vor allem muß der Äther ganz rein sein und soll wenigstens im Anfang nur stark mit Luft verdünnt eingeatmet werden. Hat der Patient eine Zeit lang (6-8 Minuten) den Äther inhaliert, so tritt zunächst eine Periode der Aufregung (Excitationszustand) ein; der Kranke atmet beschleunigter, sein Puls ist schneller, die Haut wärmer; es rötet sich das Gesicht, die Pupillen verengern sich; einzelne Patienten fangen an zu sprechen, andere gestikulieren lebhaft, andere singen; bisweilen stellen sich Delirien ein. Dieser Zustand geht jedoch gewöhnlich bald vorüber, das Atmen wird wieder regelmäßiger, die Pulsschläge sinken wieder auf ihre