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Ancud – Andalusien
Ancud, früher San Carlos, Hauptstadt der Provinz Chiloe der Republik Chile, auf der
Nordküste der Insel Chiloe, an einem vortrefflichen Hafen, unter 41°51' südl. Br. und 73°56'36'' westl. L., ist Sitz eines Bischofs, dessen Sprengel auch die
Provinzen Llanquihue und Valdivia umfaßt, hat (1885) 3543 E., hölzerne Häuser, ein Seminar, eine nautische Schule, Holzhandel (Einfuhr 5680 Pesos, Ausfuhr
19202 Pesos), Fischerei und Ackerbau und ist durch regelmäßige Dampfschiffahrt mit Valparaiso und allen Küstenplätzen verbunden. A. wurde 1768 unter
dem Namen San Carlos de Chiloe gegründet, bald befestigt und blieb im Besitz der Spanier bis 1826, wo es sich den
republikanischen Truppen ergab. Durch Gesetz vom 4. Juli 1834 wurde die Stadt anstatt Castro Hauptstadt der Provinz und erhielt gleichzeitig den Namen A.
Ancus Marcĭus, nach der Sage der Sohn der Pompilia, Tochter des Numa Pompilius, und des Marcius, der
vierte König von Rom, regierte angeblich 641–616 v. Chr. Nach dem Vorbilde des Numa suchte er den Götterdienst bei den Römern zu beleben und sie
friedlichem Nahrungserwerbe zuzuwenden. Trotzdem ward er in viele Kriege mit latinischen Stämmen verwickelt, die er zum größern Teil zwang, sich in Rom
auf dem Aventinischen Hügel niederzulassen. Er befestigte das Janiculum jenseit des Tiber, als Vormauer gegen die Etrusker, und verband es durch eine
hölzerne Brücke mit Rom. Auch soll A. M. den Besitz beider Ufer des Tiber bis zur Mündung des Flusses erworben und daselbst die Hafenstadt von Rom,
Ostia, gegründet haben.
Ancyra, das heutige Angora (s. d.) Stadt im nördl. Kleinasien,
angeblich von Midas gegründet, im Altertum anfänglich Hauptstadt von Phrygien, wurde, als sich gallische Stämme in Kleinasien niedergelassen, Hauptsitz
der Tektosagen. Zur Blüte gelangte jedoch A. erst unter den Römern, die es zur Hauptstadt der Provinz Galatien und zum Mittelpunkte für die große
Heerstraße von Byzanz nach Syrien erhoben, wodurch der Ort der Hauptstapelplatz des morgenländ. Karawanenhandels wurde. Augustus hatte die Stadt sehr
verschönert, die dankbaren Bewohner errichteten ihm in Verbindung mit der Göttin Roma einen Tempel, wo sie eine Kopie des von Augustus selbst
veröffentlichten Rechenschaftsberichts über seine Thaten in griech. und lat. Sprache auf Marmortafeln aufstellten. Diese als das
Monumentum Ancyranum bekannten und für die röm. Geschichte höchst wichtigen Inschriften wurden zuerst 1554
entdeckt; eine neue Kopie, vollständiger als alle frühern, 1882 von K. Humann gegeben; danach ist das Denkmal herausgegeben und erläutert von Th.
Mommsen: «Res gestae divi Augusti» (Berl. 1883).
Anczyc (spr. antschitz), Wladislaw Ludwig, poln. Schriftsteller, geb. 1824 in Wilna als Sohn des
Schauspielers Sigmund A. (1783–1855), lebte meist in Krakau und starb daselbst 28. Juli 1883. Er schrieb beliebte Volksstücke, von denen die
«Bauernaristokraten» (1851) und «Die Bewohner von Lobsow» (1857) die besten sind, Dramen («Die Bauernemigration»), die poet. Erzählung «Tyrteusz»
(1883), viele Jugend- und Volksschriften, zum Teil unter dem Pseudonym Kasimir Góralczyk.
Anda-Assu, die Samen der Anda Gomesii Juss.,
einer brasil. Euphorbiacee, bilden in neuerer Zeit einen Artikel des Droguenhandels. Man bereitet aus ihnen ein dem Ricinusöl ähnlich wirkendes
↔ fettes Öl, das Andaöl. Dies ist blaßgelb, klar und geruchlos, hat ein spec. Gewicht von
0,9176 bei 18°C. und erstarrt schon bei +8°C.
Andacht, diejenige Stimmung, in welcher der Mensch ganz von dem Gedanken an Gott und sein Verhältnis zum menschlichen Ich
erfüllt ist, also der Akt der religiösen Erhebung selbst und der durch sie erregte Gemütszustand. Andachtsübungen sind
Gebet, Gesang, öffentliche Gottesverehrung überhaupt, Andachtsbücher Schriften, die den Zweck haben, A. zu
erwecken. (S. Erbauungsbücher.) A. als Zustand des Gemütslebens heißt Andächtigkeit.
Andalūsien (span. Andalucia), im Altertume ein Teil der röm. Provinz
Bätica, das Vandalitia oder Vandalusia zur Zeit der Vandalenherrschaft, dann als Vereinigung der mächtigen Königreiche Sevilla, Jaen, Cordoba und Granada
die letzte Stätte der Maurenherrschaft in Europa, bildet jetzt eine Kapitanie mit dem Sitz des Generalkapitäns in Sevilla im südlichsten Teile Spaniens und
besteht aus den acht Provinzen Sevilla, Huelva, Cadiz, Cordoba, Jaen, Granada, Malaga und Almeria mit zusammen 87570,67
qkm und (1877) 3283436, (1887) 3429813 E. Im N. trennen das Land die einzelnen Sierren des andalus. Scheidegebirges, namentlich die Sierra Morena, von
Estremadura und Neucastilien. Östlich grenzt es an Murcia und im W. an Portugal, im S. an das Mittelmeer mit den steilen Felsterrassen des Küstengebirges
von Granada, das in der Sierra de Gador bis 2325 m aufsteigt und sich bis gegen die Straße von Gibraltar fortsetzt, im W. an den Atlantischen Ocean mit der
offenen, zum Teil steppenartigen Mündungsebene des Guadalquivir, der in seinem ganzen Laufe A. angehört und dessen Hauptverkehrsader ist.
Man unterscheidet Hochandalusien (Andalucia alta) und
Niederandalusien (Andalucia baja).Letzteres, das bätische Tiefland, reicht zu
beiden Seiten des Guadalquivir, allmählich sich verschmälernd, vom Busen von Cadiz aufwärts bis el Carpio, oberhalb Cordoba, und bedeckt einen Raum von
ungefähr 13770 qkm. Jenes wird gänzlich erfüllt durch das bätische, vielgliedrige Gebirgssystem. Den Kern des Systems bildet die
Sierra Nevada (s. d.), das südlichste Schneegebirge Europas, dessen Gipfel bis 3481 m aufsteigen. Getrennt davon und zum marianischen
Gebirgssystem (Sierra Morena) gehörend, erhebt sich in der Nordostecke von Granada die Sierra Sagra (2400 m). Infolgedessen ist die Bewässerung meist eine
vorzügliche. Das Klima ist in der untern Region ein fast afrikanisches, namentlich an den Mittelmeerküsten, wo der
Solano im Sommer die Hitze zuweilen unerträglich macht. An der atlantischen Küste dagegen herrschen kühlere Winde vor. Die mittlere Temperatur des
kältesten Monats ist etwa 15°C., die des wärmsten 30°C. Der Frühling beginnt im Februar und dauert je nach der Lage bis Mai oder Juni. Im Sommer verdorrt
die Vegetation bei mangelndem Regen, aber Ende September rufen die ersten Regen ein zweites Frühjahr hervor, welches fast unmerklich wieder durch den
milden Winter hindurch in den eigentlichen Frühling übergeht. In den höhern Regionen ist Eis und Schnee keine Seltenheit; in Granada sinkt die Temperatur
öfters bis –5°C., und selbst in dem durch seine milden Winter bekannten Malaga kommen ausnahmsweise Nacht-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 590.