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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Angelschnur; Angelus

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Angelschnur - Angelus

Frau", der "Ruine", dem "Wanderer" und dem "Seefahrer" das herrschende wird. Bald treffen wir auch einen starken Hang zur Didaktik, wie in den "Reden der Seelen", "Wunder der Schöpfung", "Der Menschen Geschicke", "Der Menschen Gemüt", den "Denksprüchen" (die aber noch viel Altes enthalten), dem "Runenlied" (ebenfalls noch mit Heidnischem erfüllt). - Die jüngere Dichtung wird vertreten durch die jüngere Genesis, durch das Gedicht, das als "Christ und Satan" (s. Caedmon) zusammengefaßt wurde, das sog. Reimlied, Salomon und Saturn, die Metra des Boethius u. a. Die Heldendichtung wird fortgesetzt in dem Bruchstück von der Schlacht bei Maeldun und den Liedern in der angelsächs. Chronik. Auf kirchlichem Gebiete sind eine Übersetzung der Psalmen, Hymnen, Gedichte über das Jüngste Gericht u. dgl. zu nennen. Sie tragen durch ihr lyrisches Gepräge und die in ihnen sich auflösende alte Versform den Stempel einer jüngern Zeit. - Auch die Prosa zeigt sehr entschieden zwei Abschnitte. Der ältern Zeit gehört König Älfred (s. Alfred d. Gr.) an und die Werke, die durch ihn entstanden. Zu nennen sind hier verschiedene Gesetzessammlungen (s. Germanische Volksrechte), die bis ans Ende des 7. Jahrh. zurückreichen und von Alfred gesammelt, überarbeitet und fortgesetzt wurden (vgl. Reinh. Schmid, Die Gesetze der Angelsachsen, Lpz. 1832; 2., ganz umgearbeitete Aufl., ebd. 1858; Turk, The Legal Code of Aelfred the Great, Diss., ebd. 1889). Die vier Hauptwerke des Königs sind Bearbeitungen von Gregors "Cura Pastoralis" (hg. von Sweet, 2 Bde., Lond. 1871-72), Bedas "Kirchengeschichte" (Straßb., um 1473; Cambr. 1643 u. ö.), Orosius' "Weltgeschichte" (hg. von Sweet, Lond. 1883) und von des Boethius "Consolatio philosophiae"; auch eine Übertragung der "Soliloquia" des Augustin ist ihm wohl zuzuschreiben. Auf seine Veranlassung übertrug Bischof Werferth die Dialoge Gregors d. Gr. Die jüngere Prosa ist vorzugsweise durch Abt Älfric (s. d.) von Ensham und Wulfstan, Erzbischof von York (1002-23), vertreten, die in der zweiten Hälfte des 10. und ersten des 11. Jahrh. lebten. Ersterer war ein sehr fruchtbarer Übersetzer und Bearbeiter. Von ihm haben wir Predigtsammlungen, Heiligenleben, eine Grammatik des Lateinischen, Übersetzungen von Büchern des Alten Testaments, von Werken Bedas, eine Menge Traktate u. dgl. Äußerlich unterscheidet sich seine Prosa wesentlich von der Älfreds, da er liebt, ihr einen gewissen Rhythmus zu geben. Wulfstan werden viele Predigten zugeschrieben, mit Sicherheit aber nur wenige (vgl. Napier, über die Werke Wulfstans, Weim. 1882). Außerdem besitzen wir Übersetzungen des Neuen Testaments in westsächs., des Matthäus-Evangeliums in northumbrischer (interlinear) und in mercischer Mundart; für die kentische ist eine metrische Bearbeitung des 50. Psalms zu beanspruchen (vgl. The holy gospels in Anglo-Saxon, Northumbrian and Old Mercian versions, newly edited by Skeat, Cambr. 1890). Von der bei den Angelsachsen sehr beliebten Spruch- und Rätselpoesie zeugen noch einige Sammlungen in angelsächs. und lat. Sprache, daneben auch einige Reste in Prosaform. Die romanartige Erzählung ist vertreten in der Geschichte des Apollonius (s. d.) von Tyrus, in: Briefe von Alexander an Aristoteles u. a. Auch astron. Werke, wie "Anglo-Saxon manual of astronomy" (hg. von Wright und von Cockayne) oder Byrhtferths "Handboc" (hg. von Kluge, "Anglia" VIII, Halle 1885) und Übersetzungen von lateinischen mediz. Schriften (eine Sammlung davon gab Cockayne in den "Rerum Brittanaricum medii aevi scriptores", 3 Bde., Lond. 1864-66 heraus) beweisen, daß diese Wissenschaften den Angelsachsen wohlbekannt waren. Auskunft über die Ausgaben der angelsächs. Werke giebt Wright, "Biographia Britannica litteraria", Bd. 1 (Lond. 1842), einen Überblick der litterar-histor. Fragen und eine genaue Bibliographie R. Wülker, "Grundriß zur Geschichte der angelsächs. Litteratur" (Lpz. 1885). Vgl. ten Brink, Geschichte der engl. Litteratur, I (Berl. 1877); Ebert, Allgemeine Geschichte der Litteratur des Mittelalters im Abendlande, III (Lpz. 1887); Brooke, The history of early English literature (2 Bde., Lond. 1892).

Den Deutschen wurde die angelsächs. Poesie großenteils zugänglich gemacht durch die "Bibliothek der angelsächs. Poesie", hg. von Grein (2 Bde., Gött. 1857-58), neu bearbeitet von Wülker (1, Cass. 1883; II, 1, ebd. 1888) und durch des erstern "Dichtungen der Angelsachsen, stabreimend übersetzt" (2 Bde., Gött. 1857-59); auch veröffentlichte Grein einen "Sprachschatz der angelsächs. Dichter" (Bd. 3 u. 4 der "Bibliothek der angelsächs. Poesie", Gött. 1861-64), sowie eine "Bibliothek der angelsächs. Prosa" (I, Cass. u. Gött. 1872), fortgesetzt von Wülker (II von A. Schröer, Cass. 1885-88; III von Aßmann, ebd. 1889). Aus der Übergangszeit sind verschiedene Heiligenleben vorhanden, z. B. das Leben der Margarete, Juliane u. a., die Cockayne für die Early English Text Society herausgab, verschiedene Homilien und Predigten (von Morris und Cockayne für dieselbe veröffentlicht). Das wichtigste poet. Denkmal dieser Zeit ist die Übertragung des altfranz. "Brut, or chronicle of Britain" durch den Priester Layamon um 1200 (hg. von Madden, 3 Bde., Lond. 1847). Eine Spruchsammlung, Alfred d. Gr. zugeschrieben (am besten hg. von Morris für die Early English Text Society, No. 49), und "An old English poem of the owl and the nightingale" (hg. von Stratmann, Kref. 1868) bezeugen, daß auch die Didaktik blühte. Das hervorragendste Prosadenkmal dieser Zeit ist "Ancren Riwle" (eine Regel für Nonnen, hg. von Morton, "Publications of the Camden Society", Lond. 1852). Von Bedeutung sind auch eine Bearbeitung der "Regula Benedicti" (hg. von Schröer, Halle 1888) und der Traktat "Vices and Virtues" (hg. von Holthausen für die Early English Text Society, 1888). Aus dem nordöstl. England ist eine Paraphrase des Neuen Testaments erhalten, von Orm (oder Ormin) gedichtet, deshalb "Ormulum" genannt. Sie ist, obgleich der größte Teil verloren ging, noch sehr umfangreich, zeigt die angelsächs. Formen schon recht abgeschliffen und führt so zur nächsten Periode, zum Alt- oder Mittelenglischen, über.

Hilfsmittel zum Studium der angelsächs. Sprache sind: Grein, Angelsächs. Grammatik (Cass. 1880); Bosworth-Toller, An Anglo-Saxon Dictionary (Oxf. 1882 fg.); Wüller, Kleinere angelsächs. Dichtungen mit Wörterverzeichnis (Halle 1882); Zuvitza, Alt- und mittelengl. Übungsbuch (4. Aufl., Wien 1889); Sweet, An Anglo-Saxon Reader (6. Ausg., Oxf. 1890); ders., Second Anglo-Saxon Reader (ebd. 1887); Sievers, Angelsächs. Grammatik (2. Aufl., Halle 1886); ders., Abriß der angelsächs. Grammatik (ebd. 1895); Kluge, Angelsächs. Lesebuch (ebd. 1888).

Angelschnur, s. Angelfischerei.

Angelus (lat.), Bote, Engel. A. Dei oder Domini, das mit den Worten "Angelus Domini nun-^[folgende Seite]