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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Anspruchswappen; Ansprung; Anßâr; Anßarier; Anstählen; Anstand; Anstandsbrief; Anstandsrollen; Anstauung; Ansteckung

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Anspruchswappen - Ansteckung

Verjährung abgiebt. Das kanonische Recht hatte vorgeschrieben, eine A. solle nicht laufen zu Gunsten des unredlichen Besitzers einer fremden Sache. Das ist in die neuern Gesetze nicht aufgenommen.

Anspruchswappen, s. Wappen.

Ansprung, s. Milchschorf.

Anßâr (d. h. Helfer) nannte man jene Medinenser, die Mohammed bei seiner Auswanderung aus Mekka Zuflucht gewährten und sich seiner Lehre anschlossen, zum Unterschied von den mekkanischen Muhâdschirûn (d. h. Mitauswanderern), jenen Mekkanern, die ihn nach Medina begleiteten. Nach dem Tode des Propheten wollten die A. mehr Anrecht auf das Chalifat besitzen als die Koreischiten, die zu den grimmigsten Verfolgern der neuen Lehre gehört hatten, und dieser für die Koreischiten siegreiche Streit beeinflußte die älteste Geschichte des Islam. Der Name A. wurde ein Ehrenname; Familien, die ihre Abstammung auf jene alten "Helfer" Mohammeds zurückführen, führen als eine Art Adelsprädikat den Beinamen "Al-anßâri".

Anßarier, s. Nossairier.

Anstählen, s. Verstählen.

Anstand, das schickliche sittliche Verhalten, insbesondere in gesellschaftlicher Hinsicht. In der Bühnensprache nennt man Anstandsrollen solche, die vorzugsweise äußere Darstellung bedingen und besonders sichere, ungezwungene Haltung und Feinheit in Gebärde und Ausdruck erfordern.

Anstand, Ansitz, in der Jägersprache das Aufpassen auf Wild an einem dazu geeigneten Orte; auch der Ort selbst, wo der Jäger in der Absicht, Wild zu beobachten oder zu erlegen, steht oder sitzt. Zum Ansitz besteigt man auch Bäume oder Gerüste, Kanzeln genannt. Die geeignetste Zeit zum A. sind die Stunden am frühen Morgen oder bei Sonnenuntergang, solange das Licht noch ein sicheres Zielen erlaubt; man unterscheidet daher Morgen- und Abendanstand. Um die Jagd auf dem A. erfolgreich auszuüben, bedarf es genauer Kenntnis des Wildes und der Wildwechsel, Beobachtung der Windrichtung, guter Deckung durch Bäume, Gebüsche, Steine, Holzstöße u. s. w. bei freier Aussicht und ungehinderter Bewegung des Körpers. Diese Jagdmethode beunruhigt den Wildstand am wenigsten und ist für die meisten Wildarten anwendbar.

Anstandsbrief, s. Moratorium.

Anstandsrollen, s. Anstand.

Anstauung, militär. Hindernismittel. Wird ein fließendes Wasser durch einen Staudamm zu solcher Tiefe gebracht, daß es nicht zu durchwaten ist, so spricht man von A.; wird das Gewässer durch einen quer durch das Thal geführten Damm gezwungen, überzutreten und die Niederung unter Wasser zu setzen, so entsteht eine Überschwemmung oder Inundation. Bei einer Versumpfung hat das übergetretene Wasser nur geringe Tiefe und soll hauptsächlich den Boden erweichen und ungangbar machen. A. ist also nur bei hohen, Überschwemmung und Versumpfung nur bei flachen Ufern des zu benutzenden Wasserlaufes anzuwenden.

Ansteckung oder Kontagion, die Übertragung einer Krankheit von einem Individuum auf ein anderes; daher heißen ansteckende oder kontagiöse Krankheiten solche, welche sich auf diese Art weiter verbreiten. Die A. wird durch einen besondern, im kranken Körper erzeugten Stoff vermittelt, welcher auf den Gesunden übertragen wird, über dessen Natur man aber lange Zeit hindurch im Zweifel war. Erst die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben mit Sicherheit ergeben, daß der Ansteckungsstoff oder das Kontagium in den weitaus meisten Fällen aus kleinsten lebenden Mikroorganismen (Spaltpilzen oder Bakterien) besteht, durch deren Aufnahme in das Blut die charakteristischen Symptome der betreffenden ansteckenden Krankheit hervorgerufen werden (s. Kontagium).

Die kontagiösen Krankheiten unterscheiden sich von den sog. miasmatischen dadurch, daß bei erstern der die Krankheit hervorrufende Giftstoff nur in einem kranken Individuum erzeugt und nur von Individuum zu Individuum übertragen wird, während der Giftstoff der letztern, Miasma genannt, im Boden erzeugt und durch die Luft verbreitet wird, so daß es zur Erkrankung nicht nötig ist, einem Kranken nahe gekommen zu sein oder ihn berührt zu haben, indem der bloße Aufenthalt in der miasmatischen Atmosphäre zur Erwerbung der Krankheit genügt. Zu jenen erstern, rein kontagiösen Krankheiten gehören Masern, Scharlach, Pocken, Keuchhusten, Ziegenpeter, Syphilis; zu letztern, rein miasmatischen das Wechselfieber (Malaria). Es giebt nun aber drittens noch Krankheiten, welche sich ebensowohl von Person zu Person als auch durch die mit dem Giftstoff geschwängerte Atmosphäre zu verbreiten vermögen, die also gleichsam den Übergang zwischen den rein kontagiösen und rein miasmatischen Krankheiten bilden, und die man deshalb miasmatisch-kontagiöse nennt. Dahin gehören Typhus, Cholera, Gelbfieber, Pest, Hospitalbrand, Ruhr, Influenza u.a. Einzelne rechnen auch Masern, Pocken und Scharlach hinzu; aber es steht fest, daß wenigstens in den weitaus meisten Fällen diese Krankheiten nur durch Übertragung von Person zu Person sich verbreiten, und nur in solchen Fällen, in denen durch gleichzeitige Erkrankung vieler in einem Hause oder an einem Orte und durch besondere Heftigkeit der Krankheit sich das Kontagium vielleicht übermäßig reichlich entwickelt und in der Luft anhäuft, mag vielleicht der Aufenthalt in einer solchen Atmosphäre zur A. hinreichen. Was hier vermutungsweise von Masern, Scharlach und Pocken gesagt ist, gilt aber vollständig von den oben erwähnten miasmatisch-kontagiösen Krankheiten. Kommt z. B. der Typhus vereinzelt vor, so steckt er nicht leicht an, höchstens bei unmittelbarem Verkehr, ist also dann höchstens rein kontagiös; häufen sich aber die Kranken in einem und demselben Raum, so kann schon ein einmaliger Besuch des Lokals, selbst wenn die Kranken sich nicht mehr in demselben aufhalten, die A. zur Folge haben. Oder wird die Cholera durch einen Kranken in einen seither gesunden Ort verschleppt, so erkrankt zuerst die nächste Umgebung des Kranken; sind aber erst mehrere Kranke in einem Hause oder viele an einem Orte, so erkranken auch solche, die nicht in die Nähe eines Kranken gekommen sind. Alle drei erwähnten Gruppen von Krankheiten, die durch Aufnahme eines specifischen, in der Atmosphäre oder an Kranken haftenden Giftstoffs erworben werden, nennt man Infektionskrankheiten, d. h. ansteckende Krankheiten im weitern Sinne. Der Moment der A. wird selten beachtet, weil er meist nicht von subjektiven Erscheinungen begleitet ist. Deshalb ist auch der Zeitraum zwischen der A. und dem ersten Ausbruch der Krankheitserscheinungen (Stadium der Inkubation oder Latenz) noch nicht für alle Infektionskrankheiten sicher bekannt, übrigens ist dieser Zeitraum bei den einzelnen Krankheiten von verschiedener