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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Anwaltsprozeß; Anwaltszwang; Anwalt und Anwaltskammern; Anwand; Anwärter; Anwartschaft; Anweiler; Anweisung

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Anwalt und Anwaltskammern - Anweisung

festgehalten, Preuß. Allg. Landr. I, 12, §§. 281 fg., §§. 366 fg., §§. 645 fg. (hier kann der Erblasser die Anwachsung verbieten, das Erledigte fällt alsdann an die gesetzlichen Erben), Sachs. Bürgerl. Gesetzb. §§. 2269 fg., 2431 fg., 2507, 2511 (unter eingesetzten Erben tritt Anwachsung nur ein, wenn mehrere ohne Angabe, wie viel ein jeder erhalten soll, eingesetzt sind), Code civil Art. 786, 1044, 1045 (weniger vollständige Regelung), Österr. Bürgerl. Gesetzb. §§. 506-563, 689. Betreffs des Deutschen Entwurfs vgl. dessen §§. 1797 fg., Motive V, 69 fg., und §§. 1870 fg., Motive V, 184 fg.

Anwalt und Anwaltskammern, s. Rechtsanwalt.

Anwaltsprozeß, nach der Deutschen Civilprozeßordnung das auf Anwaltszwang basierte Prozeßverfahren vor den Landgerichten, den Oberlandesgerichten und dem Reichsgerichte (mit Ausnahme der Patentberufungssachen), in Bayern auch dem obersten Landesgericht. Im Sinne des Gesetzes ist dies das Regelverfahren. Der Anwaltszwang besteht darin, daß jede Partei sich durch einen bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen muß, sofern sie nicht selbst ein solcher Anwalt ist, und daß ihr eigenes Auftreten oder Handeln, abgesehen von nachgenannten Ausnahmen, wirkungslos bleibt. Der Anwaltszwang trifft wesentlich das ganze Verfahren, nicht bloß die mündliche Verhandlung, sondern auch die zur Einleitung und Fortführung des Rechtsstreits erforderlichen Parteihandlungen (Klage, Ladungen, vorbereitende Schriftsätze, Rechtsmitteleinlegung); jedoch mit zwei Ausnahmen, indem er sich nicht erstreckt auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter und auf die in der Prozeßordnung genannten einzelnen Prozeßhandlungen, welche vor dem Gerichtsschreiber oder schriftlich vorgenommen werden können. Den Gegensatz zum A. bildet das Verfahren vor den Amtsgerichten, welches daher auch Parteiprozeß genannt wird. Vgl. Deutsche Civilprozeßordn. §§. 74, 81, 128, 132, 268, 572, 579, 593.

Anwaltszwang, s. Anwaltsprozeß.

Anwand, s. Angewende.

Anwärter, in Bezug auf erbrechtliche Verhältnisse ist nach dem Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 2005 A. derjenige, welcher infolge letzten Willens oder Erbvertrags erst nach einem andern die Erbschaft oder ein Vermächtnis erhält; vgl. die §§. 2503-2541 daselbst. Dem Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch sind noch einige Entwürfe und Gesetze kleinerer Staaten gefolgt. (S. Anwartschaft und Nacherbe.)

Anwartschaft oder Expektanz (expectativa), das Recht, eine Nutzung oder Stelle für den Fall ihrer Erledigung zu empfangen. Es findet sich vorzüglich im Lehnsrecht entwickelt (expectativa feudalis). Wenn nämlich Könige und Fürsten ein offenes Lehn nicht zu vergeben hatten, erteilten sie begünstigen Bewerbern wenigstens die Zusage, daß sie, sobald ein Lehn durch den unbeerbten Tod des Inhabers, durch Lehnsuntreue oder aus irgend einem andern Grunde erledigt würde, Berücksichtigung finden sollten. Man unterschied dabei allgemeine und specielle Expektanz, je nachdem das nächste beste eröffnete Lehn oder ein ganz bestimmtes Lehn versprochen wurde. Derartige Verheißungen begründeten aber nur einen persönlichen Anspruch auf künftige Beleihung, und es mußte deshalb der bloße Expektant (expectativarius) zurücktreten, wenn einem andern schon durch Eventualbelehnung ein dingliches Recht an dem bestimmten Lehnsobjekt erteilt worden war. Trat der Eröffnungsfall ein, so konnte der Anwärter die Belehnung bei dem Herrn suchen, welcher im Falle des Verzugs ihm sein Interesse leisten mußte. - A. auf eine Erbschaft hat die (durch Gesetz, Letzten Willen, Erbvertrag) berufene Person, solange der Anfall noch nicht eingetreten ist; auf ein Fideïkommiß der nächste zur Folge berufene Agnat. Analoge Verhältnisse finden sich wohl heute noch in solchen vordem geistlichen Anstalten, deren Vermögen seinem ursprünglichen Zwecke entfremdet und zur Verabreichung von Unterhaltsmitteln und Pensionen an eine Pfründnerkörperschaft bestimmt ist, also in säkularisierten Stiften, Klöstern, Domkapiteln. Im Kirchenrecht sind A. verboten, da nur vakante Benefizien verliehen werden dürfen. Die Verleihung nicht erledigter Benefizien ist nichtig und strafbar; nur der Papst kann gratiae expectativae verleihen. Dies gilt auch für Bistümer; doch kommt hier ausnahmsweise die Erteilung von A. in der Form der Anstellung als coadjutor cum jure succedendi vor. Das evang. Kirchenrecht kennt A. überhaupt nicht; A. auf Staatsämter, welche früher wohl erteilt wurde, ist heute allgemein verboten.

Anweiler, s. Annweiler.

Anweisung, die Aufforderung, welche der Anweisende an den Angewiesenen ergehen läßt, dem Anweisungsempfänger eine Leistung für Rechnung des Anweisenden zu machen. Der Anweisungsempfänger wird dadurch befugt, die Leistung in eigenem Namen zu fordern und zu erheben. Die A. wird auch Assignation, der Anweisende Assignant, der Angewiesene Assignat, der Anweisungsempfänger Assignatar genannt. In der Regel wird die A. schriftlich erteilt, dann nennt man auch die Urkunde selbst A.; nach Preuß. Allg. Landrecht muß die A. bei Beträgen über 150 M. schriftlich geschehen, der Deutsche Entwurf §. 619 fg. hat Bestimmungen nur über die schriftliche A., ohne die Gültigkeit einer mündlichen, die auch sonst nicht zu beanstanden ist, auszuschließen. Der gewöhnliche Gegenstand der angewiesenen Leistung ist Geld; nach Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch und Preuß. Allg. Landrecht auch andere Sachen, nach dem Deutschen Entwurf Geld, vertretbare Sachen, Wertpapiere. Die Veranlassung zur A. kann sein, daß der Anweisende eine Schuld an den Anweisungsempfänger tilgen und zugleich eine Forderung an den Angewiesenen einziehen will, oder eins von beiden. Das Preuß. Allg. Landrecht hat den zweiten Fall zur Voraussetzung, I, 16, ß. 251: "Wenn jemand einem andern den Auftrag macht, etwas, welches der Auftragende von einem Dritten zu fordern hat, bei demselben für seine eigene Rechnung zu erheben". Umgekehrt hält sich das Österr. Bürgerl. Gesetzbuch bei §. 1400 an den ersten Fall: "wenn der Schuldner an seine Stelle einen Dritten als Zahler stellt, und den Gläubiger an ihn anweist, ohne den andern zu ignorieren". Die A. kann aber auch erfolgen, um dem Anweisungsempfänger zu kreditieren (§. 1403) und zugleich sich von dem Angewiesenen kreditieren zu lassen, oder weil der Anweisende dem Anweisungsempfänger schenken will, oder aus andern Gründen. Der Angewiesene braucht die A. nicht anzunehmen, auch wenn er Schuldner des Anweisenden ist. Nach Preuß. Allg. Landr. §. 256 ist er bei Vermeidung der Haftung für Schadenersatz schuldig die A. anzunehmen, wenn er dadurch nicht zu mehr verpflichtet