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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Arabische Sprache und Litteratur

al-Raschîd, Mamun (s. d.) und Al-Mutaßim (833-842) freigebige Protektoren und Förderer finden. Das Studium der griech. Philosophie und der Naturwissenschaften, deren wichtigste Denkmäler mit Hilfe syr. Gelehrter ins Arabische übersetzt werden (Wenrich, "De auctorum graecorum versionibus et commentariis syriacis, arabicis, armeniacis persicisque commentatio", Lpz. 1842, und verschiedene Schriften von Steinschneider und Aug. Müller), giebt den Bestrebungen der wissenschaftlichen Kreise, selbst auf theol. Gebiete, eine neue Richtung. Was Bagdad für Asien, das war die hohe Schule zu Cordoba, neben der im mohammed. Spanien noch viele andere Schulen blühten, für Europa, wo überhaupt im 10. Jahrh. die Araber die eigentlichen Träger der Wissenschaften waren. Das Maß der Pflege der Wissenschaften wird durch die Reichhaltigkeit der Hofbibliotheken bezeichnet, von denen die des Chalifen Hâkim, durch Erwerbungen aus den entferntesten Ländern des Islam bereichert, 400 000 Bände enthalten haben soll. Ausgezeichnete Verdienste haben sich die Araber um Geographie, Geschichte, Philosophie, Medizin, Physik, Mathematik, namentlich um die Arithmetik, Geometrie und Astronomie erworben, und nicht wenige arab. Wörter, z. B. Algebra, Alkohol, Azimut, Zenith, Nadir u. s. w., wie auch die Zahlzeichen, obgleich ind. Ursprungs, die Bezeichnung des Unbekannten in den Gleichungen mit dem Buchstaben x (entspricht arab. sch, dem Anfangsbuchstaben des Wortes schej' = etwas), sind in die europ. Sprachen übergegangen.

Die Geographie verdankt ihnen im Mittelalter Werke von dauerndem Werte. Vorzüglich erweiterten sie in Afrika und Asien die Grenzen der bekannten Welt. In der nördl. Hälfte von Afrika drangen sie bis an den Niger vor, westlich kamen sie an den Senegal, östlich bis zum Kap Corrientes. Schon früh wurden von Amts wegen in Bezug auf die eroberten Länder geogr. Berichte zu Verwaltungszwecken abgefaßt. Sie erweiterten die Kenntnis von Arabien, von Syrien und Persien und verschafften wenigstens einige Aufklärung über die Große Tatarei, das südl. Rußland, China und Hindustan. Aus solchen kleinen Anfängen entwickelte sich eine imposante geogr. Litteratur, die durch das religiöse Moment der Wallfahrten und Studienreisen, sowie nicht zum wenigsten durch philol. Interessen erheblich gefördert ward. Als geogr. Schriftsteller verdienen besondere Erwähnung der Oberpostmeister Ibn Chordâdbeh (2. Hälfte des 9. Jahrh.), Ibn al-Fakîh al-Hamadânî (schrieb ungefähr 902), Al-Ißtachrî (1. Hälfte des 10. Jahrh.), Ibn Haukal (schrieb 977), Al-Mukaddasî (985). Die erhaltenen Werke dieser Schriftsteller sind durch J. M. de Goeje in der Sammlung "Bibliotheca geographorum arabicorum" (6 Bde., Leid. 1870-89) mit Einleitungen herausgegeben worden. Zu den ältesten Schriftstellern gehört Ibn Fadhlân (falsch Foßlân), der über Rußland Ende des 9. Jahrh. schrieb (hg. von Frähn, Petersb. 1823) und Al-Jakûbî, aus dessen um 890 verfaßten "Buch der Länder" de Goeje die Beschreibung Nordafrikas (Leid. 1860) herausgegeben und bearbeitet hat. Die Geographie der Arabischen Halbinsel schrieb Al-Hamdânî (gest. 945), hg. von David Heinrich Müller (Leid. 1884-91). Der berühmte Al-Birûnî (gest. 1038) verfaßte ein ausgezeichnetes Werk über Indien (hg. und bearbeitet von Sachau, Lond. 1888). An diese ältesten geogr. Schriftsteller in arab. Sprache reiht sich dann eine überaus reiche Litteratur der spätern Zeit, aus der hervorzuheben sind die Werke von Idrisi (s. d., schrieb um 1154), Al-Dimaschki (gest. 1326; hg. von Frähn, fortgesetzt von Mehren, Petersb. 1886; übersetzt von demselben, Kopenh. 1874), die umfassende Geographie von Abulfeda (s. d.), endlich Omar ibn al-Wardî (gest. 1446), dessen Werk arabisch und lateinisch von Hylander (Lund 1824) und Tornberg (2 Bde., Upsala 1835) herausgegeben wurde. Geogr. Wörterbücher verfaßten Abû Obeid al-Bekri (gest. 1094, hg. von Wüstenfeld, 2 Bde., Gött. 1876-77), Jâkût aus Hâma. - Unter den Reisebeschreibern verdienen Erwähnung zwei anonyme Reisende, die im 9. Jahrh. Indien und China besuchten ("Relation des voyages faits dans l'Inde et à la Chine", arabisch und französisch von Reinaud, 2 Bde., Par. 1845), Ibn Dschubair (Ende des 12. Jahrh., hg. von W. Wright, Leid. 1852), Ibn Batuta (gest. 1377), der die ausgedehntesten Reisen machte und beschrieb.

Die ersten Anfänge auf dem Gebiete der Geschichte sind die im Kreise der alten Araber überlieferten Nachrichten über die "Tage der Araber" (ajjâm al-'arab), d. h. die kriegerischen Ereignisse inmitten des heidn. Stämmelebens. Sie wurden von den Genealogen, Philologen und Historikern der ersten beiden mohammed. Jahrhunderte fleißig gesammelt und an die Erklärung der alten Poesie und Sprichwörter angeknüpft. Bereits zu Beginn der omajjadischen Dynastie beginnt man sich mit den genealog. Nachrichten aus der altarab. Zeit systematisch zu beschäftigen. Im 2. Jahrh. der Hidschra waren die berühmtesten Sammler solcher Nachrichten über alte Geschichten Ibn al-Kelbî (gest. um 820), Al-Aßmaî (gest. 831), Abu Obeida (gest. um 825) u. a. Die Ereignisse des Islam führten auf die Sammlung von Nachrichten über das Leben des Propheten und die Eroberungszüge der ältesten Zeit des Islam (maghâzî); mit diesen Stoffen beschäftigen sich die ältesten vorhandenen Denkmäler der mohammed. Geschichte. Die Form der Aufbewahrung solcher Nachrichten ist völlig dieselbe, die im Hadith (s. d.) üblich ist. Die ältesten vorhandenen histor. Darstellungen dieser Ereignisse auf Grund der Überlieferung stammen von Mohammed ibn Ishâk (gest. 768), dessen Werk von Ibn Hischâm (s. d.) bearbeitet wurde. Die größte Berühmtheit als Historiograph der ältesten mohammed. Zeit und der Eroberungszüge erlangte Al-Wâkidi (gest. 822) durch seine "History of Muhammad's Campaigns ed. by Kremer", Kalkutta 1856 (vgl. Wellhausen, "Muhammed in Medina", Berl. 1882). Der nachfolgenden Periode mohammed. Geschichtschreibung gehören an Al-Azraki (gest. 858) mit seiner Monographie Mekkas ("Die Chroniken der Stadt Mekka", hg. von Wüstenfeld, 1. Bd., Lpz. 1858), Al-Balâdsorî (gest. 892), dessen Schriften von de Goeje ("Liber expugnationis regionum", 3 Bde., Leid. 1864-66) und Ahlwardt ("Anonyme arab. Chronik", Greifsw. 1883) herausgegeben sind. Mit hervortretend schi'itischer Tendenz beschrieb die Geschichte bis zum Chalifat des Mutamid (869) der auch unter den Geographen bereits erwähnte Al-Jakubi (hg. von Houtsma, 2 Bde., Leid. 1883). Das Werk'des Abû Hanîfa al-Dinawerî (Ende des 9. Jahrh.), das die Omajjadenzeit und die Geschichte der drei Abbâsiden bis Al-Mutassim in aphoristischer Weise behandelt, ist von Wladimir Girgaß (Leid. 1888) herausgegeben worden; Ibn Kuteiba (gest. 889) lieferte ein übersichtliches "Handbuch der