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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Arabische Sprache und Litteratur

Eine Sammlung von biogr. Werken über andalus. Gelehrte gab heraus F. Codera "Bibliotheca arabico-hispana" (7 Bde., Madrid 1883-91). - Vgl. F. Wüstenfeld, Die Geschichtschreiber der Araber und ihre Werke (Gött. 1882).

Die Theologie war infolge der herrschenden Richtung der mohammed. Gesellschaft immer das am ausgiebigsten gepflegte Feld der Litteratur. Überaus zahlreich sind die Werke über den Koran (s. d.) und die Exegese dieses Religionsbuches (s. Tefsir), über die Überlieferung des Propheten (s. Hadith) und das Religionsgesetz (s. Fikh). Auch die spekulative Theologie und Dogmatik hat eine reiche Litteratur erzeugt. Die verschiedenen dogmatischen Schulen hat in polemischer Weise dargestellt der Andalusier Ibn Hazm (gest. 1063), in positiver Weise Al-Schâhrastânî (gest. 1153), dessen Werk über "Religionsparteien und Philosophenschulen" von Cureton (2 Bde., Lond. 1842-46) herausgegeben, von Th. Haarbrücker (2 Bde., Halle 1850-51) ins Deutsche übersetzt wurde. Unter den verschiedenen dogmatischen Parteien gelang es am Anfang des 12. Jahrh. den Aschariten (s. d.) die öffentliche Anerkennung zu erringen, wobei der Wirksamkeit des Ghazâlî (s. d.) das Verdienst zuerkannt werden muß. Seitdem bewegt sich die orthodoxe Dogmatik und ihre Litteratur auf dem Boden des asch'aritischen Systems. Die hervorragendsten Schriftsteller auf diesem Gebiete sind nach Ghazâlî Fachr al-dîn al-Râzî (s. d.), Baidhâwî (s. d.), Al-Idschî (gest. 1355), dessen Werk "Mawâkif" (Stationen) mit dem Kommentar des Dschordschânî (gest. 1413) in Stambul 1239 der Hidschra gedruckt wurde, in Europa nur teilweise (durch Sörensen, Lpz. 1848) herausgegeben ist. Kurze Handbücher über die Dogmatik sind in Europa gedruckt: von Omar al-Nasafî (gest. 1310), "Pillar of the creed of the Sunnites" (hg. von W. Cureton, Lond. 1843) und Al-Senusî (gest. 1490), "Begriffsentwicklung des mohammed. Glaubensbekenntnisses" (arabisch und deutsch von Wolfs, Lpz. 1848).

Die Philosophie der Araber war griech. Ursprungs. Im Sassanidischen Reiche lebten die aus Edessa am Ende des 5. Jahrh. vertriebenen Ketzer ungestört ihrer Gedankenarbeit und retteten in syr. Sprache die griech. Philosophie für die Nachwelt. Im 8. und 9. Jahrh. wurden diese Werke ins Arabische übersetzt, und damit waren die ersten Bausteine zur arab. Philosophie geliefert, die sehr bald im Osten sowie im Westen zu großer Blüte gelangte. Sie beruht völlig auf den Schriften des Aristoteles im Sinne seiner alexandrinischen Kommentatoren und zeigte von allem Anbeginn eine Tendenz zur encyklopädischen Bearbeitung des ganzen Systems menschlicher Erkenntnis. Von den philos. Schriftstellern sind zu nennen: Al-Kindî, Fârâbî, Avicenna, Ibn Bâdscha und Ibn Tupheil. Schüler des letztern ist Averroes. Eine merkwürdige Erscheinung in der Entwicklung der arab. Philosophie in Mesopotamien am Ende des 10. Jahrh. ist die Gesellschaft der Lautern Brüder (s. d.). Vorwiegend neuplatonische Gesichtspunkte vertritt Avicebron (Salomo ibn Gabirol, 1045-70) im "Fons vitae", das auf die Entwicklung des Gegensatzes zwischen Scotisten und Thomisten im Mittelalter großen Einfluß übte. Vielfach mit theol. Gesichtspunkten vermengen sich die philos. Fragen bei Ghazzâlî. Vgl. Schmö1ders, Documenta philosophiae Arabum (Bonn 1836); ders., Essai sur les écoles philosophiques chez les Arabes ect. (Par. 1842); Ritter, über unsere Kenntnis der arab. Philosophie (Gött. 1844); Munk, Mélanges de philosophie juive et arabe (Par. 1859).

Parallel mit der Entwicklung der Philosophie geht die der aus denselben Quellen geschöpften Medizin und Naturwissenschaften. In der ersten Zeit der Abbâsiden sind fast ausschließlich christl. und sabische Gelehrte die Pfleger der Medizin, deren Kenntnis in Honein ibn Ishak (gest. 873) in dieser Periode ihre Vollkommenheit erlangt. In der folgenden Epoche wenden sich ihr auch außerhalb des Mittelpunktes des Chalifats, Bagdad, die mohammed. Philosophen immer mehr zu, bis sie in Avicenna (s. d.) und Abül-Kâsim (s. d.) ihren Höhepunkt erreicht. Außer den Schriften dieser letztern, die auch auf die Entwicklung der Medizin im Abendlande Einfluß übten, sind in Europa bekannt gemacht worden Schriften von Abû Bekr al-Râzi, genannt Rhazes (gest. 932), dessen "Liber Elhavi" bereits 1486 in die europ. Litteratur eindrang (vgl. Rhazes, De variolis et morbilis, arabisch und lateinisch von Channing, Lond. 1766; englisch von Greenhill, ebd. 1848); von Alî ibn Isâ (10. Jahrh.), dessen Werk über die Augenkrankheiten arabisch und lateinisch von Hille (Dresd. 1845) herausgegeben wurde; von Mesua (richtiger Ibn Mâsaweihi, gest. 1015; "Mesue opera", Vened. 1471 u. ö.); von Ibn Botlân (gest. 1052), dessen Werk "Takwim alsihha" u. d. T. "Tacuini sanitatis" bekannt, auch in deutscher Sprache von Mich. Hero (Straßb. 1533) bearbeitet wurde; von Serapion jun. (11. Jahrh.), lateinisch, Mailand 1473 u. ö.; endlich von Ibn al-Nefîs (gest. um 1290), der seit Avicenna der bedeutendste arab. Mediziner war; sein Hauptwerk ist in 2 Bänden (Kalkutta 1828) gedruckt worden. Die Biographien der bedeutendsten arab. Ärzte und Naturforscher sind in den Werken von Ibn Abî Useibi'a (s. d.) gesammelt. - Vgl. Wüstenfeld, Geschichte der arab. Ärzte und Naturforscher (Gött. 1840); Leclerc, Histoire de la médicine arabe (2 Bde., Par. 1875-76). - Über materia medica schrieb Ibn al-Baithâr, der vorzüglichste Botaniker der Araber (gest. 1248), dessen Werke deutsch von Sontheimer (Stuttg. 1840), französisch von Leclerc (2 Bde., Par. 1877-83) bearbeitet wurden. Ein Mineralog. Werk schrieb im 13. Jahrh. Al-Teifâschi, es wurde von Elément Mullet (Par. 1868) bearbeitet. Über die Tiere schrieb Al-Kazwînî, dessen Werk wenig wissenschaftlichen Wert besitzt. Das "Leben der Tiere" von Damîri (gest. 1505) verfolgt nicht so sehr zoolog. Zwecke, als den Nachweis der Tiere in der religiösen und poet. Litteratur und die Überlieferung des an die Tiere sich knüpfenden Volksaberglaubens (2 Bde., Bulak 1248, 1292 der Hidschra). Über Landwirtschaft schrieb der andalus. Naturforscher Ibn al-awâmm im 12. Jahrh., arabisch und spanisch von Banqueri (2 Bde., Madr. 1802; französisch bearbeitet von Elément Mullet: "Le livre de l'agriculture", 2 Bde., Par. 1865-67).

Erhebliche Verdienste haben sich arab. Gelehrte in der Mathematik erworben. Viele mathem. Werke der Griechen sind bloß durch die Araber in Übersetzung erhalten worden; die Entdeckung derselben knüpfte sich vorzüglich an den Namen Wöpkes (gest. 1863). Europa lernte die Algebra (das Wort ist arab. Ursprungs) zuerst aus der lat. Übersetzung (16. Jahrh.) des Handbuchs von Chowârizmi (820). Den Arabern verdanken wir die Ziffern (auch das Wort ist arabisch) und verschiedene mathem. Operationen und Methoden, sowohl in der Algebra als