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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Archäographie; Archäologie

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Archäographie - Archäologie

2 1/2 Mill. Rubel produzieren. Der Handel mit den andern Städten Rußlands wird durch die Dwina und Onega vermittelt, auf denen Getreide, thönerne Geschirre und Eisenwaren eingeführt werden. (Über die Ausfuhr s. Weißes Meer.) Das Gouvernement hat 684 Schulen, darunter 168 Volksschulen. Es zerfällt in die 9 Kreise A., Cholmogory, Kem, Kola, Mesen, Onega, Petschora (seit 1891), Pinega und Schenkursk. - Vgl. Poschmann, Beschreibung des Gouvernements von A. (russ., 2 Bde., Archangelsk 1874).

2) Kreis im mittlern Teile des Gouvernements A., hat 30 471,3 qkm mit 51 076 E.

3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises A., lang und schmal gebaut, rechts von der Dwina, 40 km oberhalb deren Mündung, ist der wichtigste Handels- und Hafenplatz an der Nordküste Rußlands, Sitz eines Civilgouverneurs, eines Bischofs, einer Admiralität, eines deutschen Konsuls für das Gouvernement A. und hat (1885) 17802 E., Post, Telegraph, 23 griech.-kath., 1 luth., 1 röm.-kath., 2 anglikan. Kirchen, ein Kloster, ein geistliches Seminar, ein Gymnasium, eine Kreisschule, eine Schiffahrtsschule, ein Irrenhaus, zahlreiche Warenmagazine, Schiffswerfte, ein Seehospital, 1 großes steinernes Kaufhaus und meist hölzerne Häuser. Unter den Gebäuden ist die 1805 vollendete Kathedrale hervorzuheben; von Denkmälern die Statue Lomonossows. In A. bestehen bedeutende Seilerwerkstätten, Thransiedereien sowie Segeltuch-, Zucker- und andere Fabriken. Für den Handel wichtig ist der Margaritinsche Jahrmarkt vom 1. Sept. bis zum 1. Okt. - Schon seit dem 10. Jahrh. hatten Normannen in der Gegend von A. Handelsniederlassungen. Bekannter wurde der Ort, als 1553 Engländer auf einer Expedition zur Auffindung einer Nordostdurchfahrt den Seeweg nach der Dwina gefunden hatten, an der damals ein kleines Kloster des heil. Nikolaus stand. Eine mit Bewilligung Iwans II. gegründete engl. Faktorei vermittelte den Handel über Moskau nach Persien und Ostindien. Der infolgedessen sich lebhaft entwickelnde Handelsverkehr veranlaßte 1584 die Erbauung eines Forts an der Nikolausbucht, und der dabei entstehende Ort wurde nach dem von dessen Ringmauern mit eingeschlossenen Kloster des Erzengels (archelangus) Michael nun "Archangelskoi-Gorod" oder das Neue Kastell des Erzengels St. Michael genannt. 120 Jahre lang war die Stadt der einzige Seehafen und Stapelplatz für die Ausfuhr russ. Produtke und die Einfuhr europ. Waren und Kulturgegenstände nach Rußland. Infolge der Erlaubnis des Zaren Boris Godunow (1598-1605) siedelten sich auch Holländer und Deutsche an und trieben Handel; 1660 erhielten die Reformierten, 1683 die Lutheraner ihre Kirche. Von 1668 bis 1684 ließ Alexej Michailowitsch das große und feste Kaufhaus Gostinnoj-Gorod durch gefangene Tataren erbauen. Der Verkehr mit Wechseln, die damals in Rußland noch unbekannt waren, wurde 1670 zu A. eingeführt. Peter d. Gr. besuchte 1693 und 1694 die Stadt, um größere Fahrzeuge in offener See zu sehen. Als Peter seiner neuen Hauptstadt gleichen Stapel erteilte, dagegen A. mit höhern Zöllen belastete und die reichsten Einwohner dieser (1708 zur Gouvernementsstadt erhobenen) Stadt zur Übersiedelung nach Petersburg zwang, sank der Handel sehr, bis 1764 die ungünstigen Bestimmungen wieder aufgehoben und dem trefflichen Nordhafen alle Vorrechte des Petersburger Hafens eingeräumt wurden. Seitdem hat sich mit der wachsenden Bevölkerung Rußlands der Ein- und Ausfuhrhandel an der Dwina immer mehr gehoben, und A. ist jetzt für Sibirien der Hauptstapelplatz, der durch Kanäle mit Moskau und Astrachan in Verbindung steht. 1888 führte A. für 6 Mill. Rubel Waren aus, darunter für über 1 1/2 Mill. Lebensmittel, Roh- und Halbrohmaterial für 4 1/2 Mill., und für 1 Mill. Rubel ein. Gewöhnlich Mitte Mai kommen die fremden Schiffe an und segeln meist im September wieder ab. Die Hauptausfuhrartikel sind Getreide, Leinsaat, Flachs, Teer, Pech, Thran, Holz und Felle; die Haupteinfuhrartikel Wein, Maschinen und Kolonialwaren. An dem Handel nimmt auch die Bjelo-More- (Weißes-Meer-) Compagnie teil, die zugleich eine große Schneidemühle besitzt und die Dampfschiffahrt auf der Dwina und den Handel mit den Produkten des Walfischfangs betreibt. Ein großes Hindernis des Handels ist die Sandbank vor dem sonst sichern Hafen, dessen Einfahrt früher durch die 1863 aufgehobene Festung Nowodwinstaja geschützt wurde. Die Admiralitätsgebäude und Kasernen der Matrosen liegen auf der Insel Solombala, welche der Fluß Kusnetschicha bildet. Von hier gehen viele Expeditionen im Sommer auf den Fischfang, im Winter auf die Jagd bis nach Spitzbergen und Nowaja Semlja, bis zur Lenamündung und weiter. 1854 und 1855 wurde A. nebst den andern Häfen des Weißen Meers (Onega, Kem und Sumskij-Possad) von den Engländern blockiert.

Archäographie (grch.), s. Archäologie.

Archäologie (grch.) oder Altertumskunde, im allgemeinen die Kunde der Geschichte, Sitten, Gebräuche, Gesetze, Mythen u. s. w. eines Volks des Altertums. Schon Dionysius von Halikarnaß und Josephus haben in diesem Sinne ihre Werke über die Geschichte Roms und des jüd. Volks, "Archeologia Romana" und "Archeologia Judaica" überschrieben. Im neuern Sprachgebrauch wird das Wort gewöhnlich in beschränkterm Sinne nur auf die Wissenschaft von den alten Denkmalen, die nicht als Schriftwerke, sondern in festem Material von Stein, Erz u. s. w., auf uns gekommen sind, angewendet. Namentlich seit K. O. Müller wird der Name A. fast überall nur im engern Sinne von Kunstarchäologie gebraucht. Der eigentliche Begründer der modernen A. ist Winckelmann. Vor ihm hatte man sich in Bezug auf die alte Kunst entweder mit der rein künstlerischen Auffassung und Nachahmung begnügt, wie dies vor allem bei den Humanisten und Künstlern der ital. Renaissancezeit der Fall war, oder man verhielt sich zu ihr rein antiquarisch, d. h. man betrachtete, namentlich in dein Zeitraume von 1500 bis 1750, die alten Kunstdenkmale vorzugsweise wie die Inschriften als Handhaben und Hilfsmittel antiquarischer und insbesondere mytholog. Gelehrsamkeit. Die von Winckelmann geschaffene Grundlage hat die A. nicht wieder verlassen. Nach Winckelmann sind die bedeutendsten Archäologen: Visconti, Fiorelli, de Rossi in Italien, de Witte, Lenormant, Froehner, Rayet in Frankreich, Zoega in Dänemark, Newton, Murray in England, J. H. Meyer, K. A. Böttiger, F. G. Welcker, K. O. Müller, E. Gerhard, der sich namentlich durch Gründung des Archäologischen Instituts in Rom ein wesentliches Verdienst erworben hat, ferner Roß, O. Jahn, Brunn, Friederichs, Curtius, Michaelis, Conze, Kekulé in Deutschland. - Die jüngste Zeit hat besonders durch die großen Ausgrabungen in Troja, Tirvas und Mykenä, in Olympia, Pergamon und Athen der