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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Aretino; Aretius Felinus; Areuse; Arezzo; Arfak; Arfe

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Aretino - Arfe

Aretino, ital. Künstler und Biograph, s. Basari.

Aretino, Leonardo, s. Bruni, Leonardo.

Aretino, Pietro, ital. Schriftsteller, der Sohn eines Schusters Luca unbekannten Familiennamens (Pietro schämte sich dieser Herkunft und nannte sich stets A.), geb. 20. April 1492 zu Arezzo, erhielt sehr geringe Bildung, kam jung nach Perugia, dann nach Rom, stand in Diensten Leos X. und des Kardinals Giulio de' Medici, spätern Clemens' VII. Seine böse Zunge, die Verse, die er für den Pasquino schrieb, zogen ihm viele Feindschaften zu. 1525 durch zwei Dolchstiche schwer verwundet, verließ er Rom, ging zu dem Condottiere Giovanni de' Medici (delle Bande nere) und wohnte seit dessen Tode (1527) in Venedig, wo er 21. Okt. 1550 starb. Gegen die Reichen und Mächtigen übte er von Venedig aus ein ausgedehntes System bettelnder Erpressung; seine zahllosen Briefe, oft voll Drohungen, häufiger voll von bombastischen Schmeicheleien, erbeuteten überall reiche Geschenke, große Summen, Pensionen, goldene Ketten, selbst von Karl V. und Franz I. Er führte in fürstl. Glänze ein Leben materiellen und künstlerischen Genusses. Prahlerisch rühmte er sich seines Genius und seiner Verdienste, und seine Zeit hielt ihn für einen großen Mann, während ihn die Nachwelt, übertreibend, als Verkörperung der Verderbnis des Jahrhunderts hingestellt hat. Als Schriftsteller besaß er die Gabe lebendig realistischer Darstellung; aber alles ist flüchtig hingeworfen, es fehlen Ebenmaß und Feile. A.s 5 Lustspiele (besonders "Cortigiana" und "Talanta") sind reich an derb-komischen Zügen, und die Tragödie "Orazia" gehört zu den besten der Zeit ("Le Commedie e l'Orazia tragedia di P. A.", Mail. 1876). Die "Ragonamenti" (1535 od. 1536) schildern das Treiben der röm. Halbwelt mit größter Treue. Seine "Lettere" erschienen (6 Bde.) 1537-57; letzte vollständige Ausg. Par. 1609. - Vgl. Giammaria Mazzuchelli, La vita di P. A. (Padua 1741); Graf, Attraverso il Cinquecento (Tur. 1888); Luzio, P. A. nei suoi primi anni a Venezia (ebd. 1888); Schultheiß, P. A. (Hamb. 1890).

Aretius Felinus, Pseudonym für Martin Bucer (s. d.).

Areuse (spr. aröhs'), s. Reuse.

Arezzo. 1) Provinz und Kreis in Mittelitalien, der östlichste Teil der Landschaft Toscana, grenzt im N. an die Provinz Forli, im NO. an Pesaro-Urbino, im SO. an Perugia, im W. an de Siena und im NW. an Florenz, hat 3309 qkm, (1881) 238 744, nach einer Berechnung (31. Dez. 1893) 243 758 E. in 40 Gemeinden. Im N. begrenzt der Etruskische Apennin mit dem Monte-Falterona (1649 m) und der Alpe della Luna (1351 m) die Provinz; im W. erhebt sich der Pratomagno (1580 m). Dazwischen und nach S. zu erstrecken sich fruchtbare Thäler und trocken gelegte Sümpfe. Hauptfluß ist der auf dem Falterona entspringende Arno, der in einem großen Bogen mit der Öffnung nach N. um den Pratomagno herumfließt; er ist durch den Kanal della Chiana mit dem Flüßchen Chiana im S. verbunden. Neben Getreide, Hülsenfrüchten und Wein werden Obst, Oliven, Maulbeeren und Kastanien gebaut; ferner besteht bedeutende Schweinezucht und Fabrikation von Wollwaren, Hüten und Leder. Von den zahlreichen Mineralquellen sind die von Chitignano (im Val Casentino) und Moncioni (im Val di Chiana) hervorzuheben. Die Eisenbahnlinie Florenz-Rom geht durch die Provinz und zweigt im Süden bei Terantola (nördlich vom Trasimenischen See) nach Perugia ab.

2) A. (Arretium), Hauptstadt der Provinz A., in fruchtbarer Thalebene, am Abhange eines Hügels, in 271 m Höhe, 9 km vom Zusammenflusse der Chiana mit dem Arno, an der Eisenbahnlinie Chiasso-Florenz-Rom des Adriatischen Netzes und den Privatbahnlinien A.-Pratovecchia-Stia (45 km) und A.-Fossato (135 km), ist Sitz eines Präfekten und eines Bischofs, hat (1881) 14511, als Gemeinde 38 795, nach einer Berechnung (31. Dez. 1893) 43 400 E., in Garnison 1 Bataillon des 58. Infanterieregiments, 1 Eskadron des 6. Kavallerieregiments. Die Ringmauern (5 km Umfang) und die zahlreichen Kirchen, die der Stadt ein sehr stattliches Ansehen geben, deuten auf eine Zeit, wo sie 300 000 Seelen zählte. Erwähnenswert ist die Piazza Vasari mit einer Kolonnade, einer Loggia mit einer schönen got. Façade, und der Pieve, einer auf den Fundamenten eines heidn. Tempels erbauten Kirche. Der Dom (13. Jahrh.), mit unvollendeter Façade, hat einen um 1370 gearbeiteten Hochaltar (fälschlich dem Giovanni Pisano zugeschrieben) und wertvolle Bilder, die übrigen Kirchen Gemälde der ältern toscan. Malerschule. A. hat breite Straßen, ansehnliche Gebäude, vortreffliches Wasser, ferner 15 Pfarrkirchen, eine berühmte Akademie der Wissenschaften, eine Bibliothek, ein diplomat. Archiv, ein Antikenmuseum, eine Gemäldesammlung, einige Privatmuseen, ein Gymnasium, ein Hospital, viele Klöster und guten Wein. Die ehemals bedeutende Industrie ist gesunken; es bestehen Seidenstoff- und Tuchfabriken, Färbereien und Weißgerbereien. A. ist der Geburtsort von Mäcenas, Petrarca, Pietro Aretino, Guido von A., dem Erfinder der Noten, Lionardo von A., dem Historiker, Cesalpini, dem Botaniker, Redi, dem Arzt und Humoristen, Papst Julius II., dem Marschall d'Ancre, Vasari, dem Maler und Biographen der Künstler. - A. ist eine der ältesten Städte Toscanas und eine der 12 Hauptstädte der alten Etrusker, die alle etrusk. Städte in Thonarbeit und Bronzeguß übertraf. Sulla vertrieb im ersten röm. Bürgerkriege die Bewohner und bevölkerte den Ort mit seinen Anhängern. In den Kriegen der Ghibellinen und Guelfen war A. vorherrschend ghibellinisch gesinnt und in steter Feindschaft mit den Florentinern, von denen die Aretiner in der Schlacht bei Camaldino 1289, an der auch Dante teilnahm, entscheidend geschlagen wurden. Im 14. Jahrh. war die Stadt vorübergehend unter der Herrschaft der Tarlati und kam im 16. Jahrh. unter Großherzog Cosimo I. an Toscana.

Arfak, Gebirgszug auf Neuguinea (s. d.).

Arfe, eine Künstlerfamilie, welcher die berühmtesten Ciseleure und Silberschmiede Spaniens angehörten. Ahnherr derselben ist Henrique de A., ein Deutscher, der sich vor 1506 zu Leon niederließ. Von ihm sind die in spätgot. Stil gearbeiteten Tabernakel (Custodias) für die Kathedralen zu Leon (1506), zu Cordoba (1513), zu Toledo (1517-24) sowie für die Benediktiner zu Sahagun. - Sein Sohn Antonio de A. verfertigte die Tabernakel für die Kathedrale zu Santiago (1544) und für die Pfarrkirche Sta. Maria in Medina-de-Rioseco. - Am berühmtesten wurde des letztern Sohn, Juan de A. y Villafañe, geb. 1535 zu Leon, gest. um 1603 zu Madrid. Er war ein vielseitig gebildeter Künstler, lebte in Valladolid, dann in Segovia; 1596 berief ihn Philipp II. als Münzmeister nach Madrid. A. ist der Vertreter des streng klassischen Stils des 16. Jahrh. Von ihm sind die Tabernakel für die Kathedrale zu Avila (1564-71), zu Sevilla