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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Armeria; Arme Ritter; Armer Konrad; Arme von Lyon; Armfeilen; Armfelt

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Armeria - Armfelt

Die Privatarmenpflege wird sich, wenn sie wahrhaft wohlthätig wirken soll, immer den durch die staatliche und kommunale Armenpflege gegebenen Schranken anbequemen müssen, während diese ihr Augenmerk darauf zu richten hat, den engsten Zusammenhang mit der Privatwohlthätigteit und deren ausgiebigste Ergänzung zu suchen. Die amtliche Armenpflege muß sich auf das Dringendste beschränken, während doch darüber hinaus vieles wünschenswert erscheint, was nur durch freie Mildthätigkeit, wenn auch keineswegs durch blindes Almosengeben, erreichbar ist. Ohne organisatorische Einrichtungen wird die Privatarmenpflege fast immer so gut wie wirkungslos bleiben. Dazu drängt schon der Umstand, daß für solche Einrichtungen sich Verhältnismäßig leichter Teilnahme im Volke erwecken läßt als für Almosenspenden. Bisher sind beispielsweise durch Privatwohlthätigkeit für die Jugend Krippen oder Säuglingsbewahranstalten, Kinderhorte, Sonntags-, Nachhilfe- und Erwerbsschulen, Anstalten zur Versorgung mit Schulbüchern und Bekleidung, Taubstummen- und Blindeninstitute, für erwachsene Leute Arbeits- und Arbeitsnachweisungsanstalten, Leih- und Rentenanstalten, Wasch- und Badehäuser, Rettungsinstitute und Vorschußkassen, Suppenanstalten, Einrichtungen zur billigen Beschaffung der Lebensbedürfnisse, Baugesellschaften zur Herstellung guter Wohnungen, für ältere Leute Alters- und Invalidenheime und andere Einrichtungen begründet worden. In der Regel wirkt die Privatwohlthätigteit durch freie Vereine für bestimmte Zwecke; seltener sind allgemeine Armenpflegevereine. Außerdem beteiligen sich an ihr Vereine und Genossenschaften, und namentlich haben in neuerer Zeit auch in Deutschland die kirchlichen Gemeinden eine eigene kirchliche Armenpflege, welche materielle Unterstützung mit sittlicher und religiöser Hebung verbindet, hervorzurufen gesucht. So dürfte in dem Zusammenarbeiten des Staates und der Gemeinde mit der Kirche und der Privatwohlthätigkeit die Zukunft der Armenpflege liegen.

Aus der umfänglichen Litteratur über A. sind hervorzuheben: de Gérando, De la bien-faisance publique (4 Bde., Par. 1839); Aschrott, Das englische A. (Lpz. 188ss); ders., A. und Wohlthätigkeit in den Vereinigten Staaten von Nordamerika (Jena 1889); Ratzinger, Geschichte der kirchlichen Armenpflege (2. Aufl., Freiburg 1884); Uhlhorn, Die christl. Liebesthätigkeit (Stuttg. 1882, 1884, 1890); Böhmert, Das A. in 77 deutschen Städten u. s. w. (2 Bde., Dresd. 1880-88); ders., Die Armenpflege (Gotha 1690); Roscher, System der Armenpflege und Armenpolitik (Bd. 5 des "Systems der Volkswirtschaft", 2. Aufl., Stuttg. 1894"; die Artikel A., Armenstatistik und Armenlast im "Handwörterbuch der Staatswissenschaften", Bd. 1 (Jena 1890), wo auch ausführliche Litteraturübersicht.

Armeria W., Grasnelke, Pflanzengattung aus der Familie der Plumbagineen (s. d.) mit etwa 10 Arten, die sehr variabel sind, weshalb die Artenzahl häufig viel zu hoch angegeben wird; es sind perennierende Kräuter mit lauter grundständigen, linealen, gras- oder nelkenartigen Blättern, die einen dichten Büschel bilden, und mit einfachem, blattlosem Stengel, der auf seiner Spitze ein halbkugeliges oder kugeliges Köpfchen kleiner, meist rosenroter, seltener weißer Blüten trägt. Einige südspan. und portug. Arten sind auch Halbsträucher oder Sträucher, welche die Blätter in dichten Büscheln an der Spitze des Stammes und der Äste tragen. Die Grasnelken sind hübsche Pflanzen und namentlich in Südeuropa und Nordafrika zu Hause. Eine Art, A. vulgaris Willd. (s. Tafel: Primulinen, Fig. 6), wächst auch in Deutschland auf Sandboden häufig. Eine andere, mit niedrigern Stengeln, wahrscheinlich bloß eine Abart der vorigen, A. maritima Willd., am Seestrande wild wachsend, wird allgemein unter dem Namen Seenelke zum Einfassen der Gartenbeete benutzt. Die schönste Gartenform ist A, Laucheana; ausgezeichnet durch leuchtendrote Blumen, dankbares Blühen und einen niedrigen rasenartigen Wuchs. Auch die südeurop. Arten können als Zierpflanzen dienen. Sie gedeihen, die strauchigen ausgenommen, im freien Lande, verlangen Sandboden und lassen sich durch Zerteilung der Wurzelstöcke vermehren.

Arme Ritter, Mehlspeise aus Weißbrotscheiben, die man in Ei und Milch einweicht und in Butter bäckt.

Armer Konrad, s. Bauernkrieg.

Arme von Lyon, s. Waldenser.

Armfeilen, vierkantige Grob- oder Schrubbfeilen, die gröbste, bis 60 cm lange Art der Feilen.

Armfelt, Gust. Moritz, Baron, später Graf, schwed., später finn.-russ. General und Staatsmann, geb. 1. April 1757, trat als Fähnrich in die Garde zu Stockholm, zeichnete sich 1788-90 im Kriege gegen Rußland aus und schloß als Generalmajor 1790 den Frieden zu Werelä ab. Auf dem Sterbebette ernannte Gustav III. ihn zum Oberstatthalter von Stockholm und zum Mitgliede der Regentschaft während der Minderjährigkeit Gustavs IV. Doch der Bruder des Königs, Herzog Karl von Södermanland, später König Karl XIII., erkannte diese Verfügung nicht an, verabschiedete A. und schickte ihn als Gesandten nach Neapel. Hier entwarf A. den Plan zu einer Hofrevolution gegen den schwed. Prinz-Regenten. Die Verschwörung wurde jedoch entdeckt, A. entfloh von Neapel und wurde in contumatiam zum Tode verurteilt. Nachdem Gustav IV. Adolf die Regierung übernommen, hob er 1799 das Urteil auf, rief A. nach Schweden zurück und ernannte ihn erst zum Gesandten in Wien, dann zum General der Infanterie. Als solcher befehligte er 1807 die Truppen in Pommern und 1808 das schwed. Heer gegen Norwegen. Nach der Absetzung Gustavs IV. Adolf wurde A. 1809 nach Stockholm berufen und zum Präsidenten des Kriegskollegiums ernannt. Doch legte er schon 1810 dieses Amt nieder und begab sich 1811 nach Finland. In Rußland mit Auszeichnung empfangen, wurde er 1812 in den Grafenstand erhoben, zum Kanzler der Universität Åbo und zum Präsidenten des Komitee für finn. Angelegenheiten sowie zum Mitglied des russ. Senats ernannt. Eine kürzere Zeit war er auch Generalgouverneur von Finland. A. starb 19. Aug. 1814 zu Zarskoje-Selo. - Vgl. E. Tegnér, Gustav Mauritz A. (Bd. 1-3, Stockh. 1883-87).

Armfelt, Karl Gust., schwed. General, geb. 9. Nov. 1666 in Ingermanland, trat 1685 in franz. Kriegsdienste und zeichnete sich bei verschiedenen Gelegenheiten aus. Er kehrte 1700 nach Schweden zurück und nahm seit 1713 als Oberbefehlshaber in Finland Anteil an Karls XII. Kampf gegen Rußland. Er kämpfte tapfer gegen die russ. Übermacht unter Galitzin bei Stor-Kyro im Febr. 1714, mußte sich aber mit großem Verluste nach dem nördl. Österbotten zurückziehen und endlich das Land räumen. Im Sept. 1718 schickte ihn Karl XII. mit etwa