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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Arnim

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Arnim (Dietlof Friedr. Adolf, Graf von) - Arnim (Hans Georg von)

nung ihm zur Last legte (z. B. Ausweisung Heckers und Itzsteins 1845), brachten ihn um seine anfängliche Popularität. 1845 trat er von seinem Ministerposten zurück. Infolge der Märzrevolution übertrug ihm der König nach Bodelschwinghs Rücktritt 19. März 1848 die Leitung des Ministeriums; den Befehl zum Rückzuge der Truppen am Vormittag des 19. März hat hauptsächlich A. dem Könige angeraten. Schon 29. März schied er wieder aus. Zum Mitglied der Deutschen Nationalversammlung gewählt, legte er nach kurzer Zeit sein Mandat nieder, weil ihm die damals dort herrschende antipreuß. Strömung widerstrebte. Als Vertreter der Interessen des Grundadels gegen die Steuerpläne Hansemanns beteiligte er sich an den Beratungen des in Berlin versammelten "Junkerparlaments". Seit 1849 war A. Mitglied der Zweiten Kammer und seit 1854 erbliches Mitglied des Herrenhauses, wo er zur liberalisierenden Bureaukratie hinneigte. Erst seit 1858 wandte er sich mehr und mehr der feudalen Reaktion zu und steigerte namentlich durch seinen Einfluß im Herrenhause den Verfassungskonflikt 1862-66. Zur Rechtfertigung dieses Verhaltens veröffentlichte er "Das Recht des Herrenhauses bei Festsetzung des Staatshaushalts" (Berl. 1863). In den letzten Jahren seines Lebens zog er sich vom polit. Schauplatz zurück und starb 8. Jan. 1868 auf seinem Gute Boitzenburg in der Ukermark.

Arnim, Dietlof Friedr. Adolf, Graf von, Politiker, ältester Sohn des vorigen, geb. 12. Dez. 1832 auf Schloß Boitzenburg, studierte seit 1851 die Rechte in Göttingen, Bonn und Berlin und trat 1855 als Auskultator bei der Regierung zu Potsdam ein. Während des Feldzugs gegen Dänemark nahm er als Ordonnanzoffizier an dem Übergange nach Alsen teil. Im Aug. 1864 wurde A. Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern, 1866 Landratsamtsverweser und 1868 Landrat des Kreises Templin. Nach dem Tode seines Vaters (1868) übernahm er die Bewirtschaftung der Arnimschen Güter, behielt aber die Verwaltung des Kreises bei und wurde als Majoratsnachfolger in das preuß. Herrenhaus berufen. Während des Feldzugs gegen Frankreich war er Ordonnanzoffizier bei dem Kommando des 3. Armeekorps. Im März 1873 zum Bezirkspräsidenten von Elsaß-Lothringen in Metz ernannt, nahm er im Sept. 1874 seinen Abschied. Aber schon 7. Dez. erfolgte A.s Berufung zum Oberpräsidenten von Schlesien. Nach Verurteilung seines Schwagers, Grafen Harry von A. (1877), zog er sich gänzlich aus dem Staatsdienst zurück. A. war 1867-84 Mitglied des Reichstages, wo er sich später der Deutschen Reichspartei (Freikonservative) anschloß und 1879 und 1880 zum Präsidenten gewählt wurde, und bekleidete seit 1878 das Amt des ersten Vicepräsidenten des preuß. Herrenhauses. Auch in der ersten ordentlichen Generalsynode (1879) fungierte er als Präsident. 1884 wurde er in den Staatsrat berufen und 1886 zum Wirkl. Geheimrat ernannt. Er starb 15. Dez. 1887 auf Schloß Boitzenburg.

Arnim, Elisabeth von, gewöhnlich Bettina genannt, Schwester Clemens Brentanos, Tochter des kurtrierischen Residenten bei der Freien Stadt Frankfurt Peter Ant. Brentano und der Maximiliane, der Tochter von Sophie Laroche, geb. 4. April 1785 zu Frankfurt a. M., verlebte ihre Jugend teils im Kloster zu Fritzlar, teils bei Verwandten in Offenbach und Marburg, teils in Frankfurt und heiratete 1811 Achim von A. (s. Arnim, Ludw. Joachim). Ihre Liebe zur Natur ging, besonders seit sie mit Karoline von Günderode (s. d.) bekannt geworden, in einen phantastischen Kultus über und nahm schließlich krankhaften Charakter an. Nach dem Selbstmord der Günderode faßte sie zu Goethe, den sie 1807 auch persönlich kennen lernte, eine schwärmerische Neigung, die, obwohl er sich mit ihr in einen Briefwechsel einließ, unerwidert blieb; 1811 ward das Verhältnis ganz abgebrochen, ohne daß ihre Verehrung für Goethe nachließ. Aus dieser Zeit stammt ihr merkwürdiges Buch "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde" (3 Bde., Berl. 1835; 4. Aufl., hg. von H. Grimm, 1890; vgl. dazu: "Briefe Goethes an Sophie von La Roche und Bettina Brentano, nebst dichterischen Beilagen", hg. von Löper, ebd. 1879). Der angebliche Briefwechsel mit Goethe beginnt im März 1807 und wurde lange für echt gehalten, ist aber größtenteils ein freies Erzeugnis ihrer schrankenlosen Einbildungskraft. Später erschien in ähnlicher Weise ihr Briefwechsel mit der Günderode u. d. T. "Die Günderode" (2 Bde., Grünberg und Berl. 1840; neue Ausg. Berl. 1890). In eine neue Richtung wurde ihr beweglicher Geist durch die socialpolit. Erscheinungen der vierziger Jahre geworfen, so in: "Dies Buch gehört dem Könige" (2 Bde., Berl. 1843), in dessen Mittelpunkt Frau Rat Goethe steht und in dem die sociale Frage gelöst werden soll, "Ilius Pamphilius und die Ambrosia" (2 Bde., ebd. 1848), welche Schrift ihren exaltierten Briefwechsel mit Phil. E. von Nathusius (s. d.) enthält, "Gespräche mit Dämonen" (ebd. 1852), dem unklaren 2. Teile des Königsbuchs. Phantastisch in Gedanken und Form, neigt sie in allen diesen Schriften zu mystischer Verschwommenheit, so daß sie "die Sibylle der romantischen Litteraturperiode" genannt worden ist. Mit Schleiermacher, den Humboldt und Grimm war sie eng befreundet. Jahrzehntelang bis zum Tode arbeitete sie an einer Kolossalstatue Goethes, deren Vollendung sie als Lebensaufgabe ansah. Sie starb 20. Jan. 1859 zu Berlin. Ihre "Sämtlichen Schriften" erschienen in 11 Bänden (2. Aufl., Berl. 1853); Auswahl von M. Koch in Kürschners "Deutscher Nationallitteratur"(Stuttg. 1891).- Vgl. H. Grimm im "Goethe-Jahrbuch", Bd. 1 (1880); Alberti, Bettina von A. (Lpz. 1885); Scherer, Aufsätze über Goethe (Berl. 1886); Carriere, B. von A. (Bresl. 1887).- Von ihren Töchtern hat Gisela, geb. 30. Aug. 1827, vermählt mit Herm. Grimm, gest. 4. April 1889 in Florenz, "Dramat. Werke" (4 Bde., Bonn und Berl. 1857-75) veröffentlicht; ihr bestes Drama: "Altschottland", gab nach ihrem Tode H. Grimm (mit Biographie) heraus.

Arnim, auch Arnheim, Hans Georg von, General im Dreißigjährigen Kriege, von den kath. Soldaten wegen seiner Nüchternheit der "Lutherische Kapuziner" genannt, wurde 1581 zu Boitzenburg in der Mark geboren. Er focht 1613 unter Gustav Adolf gegen Rußland, wurde dabei Oberst, trat 1621 in poln., 1626 in kaiserl. Dienste. Als Wallensteins Vertrauter belagerte er 1628 Stralsund vergebens, führte ein Hilfskorps für die Polen gegen Gustav Adolf und wurde 1628 Feldmarschall. Da er Protestant war, bewog ihn die im Restitutionsedikt auf die Spitze getriebene kath. Reaktionspolitik des Kaisers, dessen Dienst zu verlassen, persönliche Reibungen kamen hinzu. Er trat in die Dienste des Kurfürsten Johann Georg von Sachsen und befehligte als sächs. Feldmarschall bei Breitenfeld (1631) den linken Flügel unter Gustav Adolf, drang