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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Artusbrüderschaften; Artushöfe; Artusi; Artwin

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Artusbrüderschaften - Artwin

letztern der Minne ihren mit der aristokratischen Mode übereinstimmenden Platz an. Schon vor Mitte des 12. Jahrh. hatte diese Umgestaltung bei den Normannen Frankreichs und Englands begonnen.

A. ist der Sohn des brit. Königs Uter und Yguernens, der Gattin eines Herzogs von Cornwales. Merlins Zauberkunst hat Uter bei Yguerne in Gestalt ihres Gatten zu Tintajol (Cornwales) Aufnahme verschafft. Nach Uters Tode wird der in Verborgenheit aufgewachsene A. durch Gottesurteil König. A. besiegt die Sachsen, erobert Irland, Schottland, Island, Gottland und Gallien und versammelt einen glänzenden Hof zu Caerlleon am Usk (Grafschaft Monmouth). Eine Schar ruhmreicher Helden ohne Abstufung umgiebt ihn: Gauvain (Gwalchmai), Erec (Geraint), Lancelot, Ivain, Keu (Kai), Ither u. a. Als A. später in Gallien siegreich wider den Kaiser von Rom kämpft, sucht sein Neffe Mordret (Medraut), dessen Obhut er das Reich und seine Gattin Ginevra (Gwenhuyvar, frz. Genièvre) anvertraut, sich beider zu bemächtigen; A. kehrt zurück, besiegt und tötet den Neffen am Flusse Camlan. Er selbst, schwer verwundet, wird nach der Insel der Seligen, Avalon, entrückt, von wo seine Wiederkunft erwartet wird. Aus einer verbreiteten Version der geschichtlichen Artussage, die ihn im Ätnaberge fortleben ließ, bis die Zeit gekommen sei, sein Volk zu befreien, entwickelte sich in Deutschland die Sage vom Fortleben Kaiser Friedrichs II., die, auf Barbarossa übertragen, noch heute als Kyffhäufersage (s. d.) populär ist. So meldet nach der brit. Nationalsage der Waliser Galfried um 1130 in seiner "Historia regnum Britanniae" mit dem Schein geschichtlicher Autorität. Bearbeitungen dieses Werkes in franz. Versen, besonders "Brut" von Wace (s. d.), 1155, verschafften den Geschichten Galfrieds schnelle Verbreitung. Bei Wace wird zum erstenmal die Tafelrunde (s. d.) A.' erwähnt, um die sich die Helden versammeln; sie stammt, als Nachahmung der 12 Pairs der Karlssage (s. d.), aus der Sonderentwicklung der Artussage in der Bretagne. Da zwei gelehrte Geistliche, wie Galfried und Wace, A. als ritterliches Fürstenideal verherrlicht hatten, beachteten auch die franz. Hofdichter die Sagen, die ihnen schon aus Mären und Liedern anglonormann. und normann. Spielleute bekannt sein mochten. Mit Benutzung der gelehrten und der mehr volkstümlichen in der Bretagne heimischen Überlieferung entstehen durch jene höfischen Dichter die eigentlichen Romane der Tafelrunde: teils lebensgeschichtliche, teils episodische Erzählungen in gereimten Kurzzeilen, nur zum Teil erhalten. Jeder Roman behandelt einen Helden. A.' Hof in Carlleon (Cardigan, Carduel) bildet Ausgang und Ende der Erzählung. Der Meister des franz. Artusromans ist Chrétien (s. d.) de Troyes. In der Gralsage, die den kelt. Helden Perceval (kymr. Peredur) einführt, verbindet sich die breton. Sage mit der christl. Legende. Auch die Geschichte Tristans, ursprünglich ihr fern stehend, wird in den Kreis des A. hineingezogen. Außer Erec, Ivain, Lancelot, Perceval, den Helden Chrétiens, werden in andern franz. Romanen Gauvain, Durmart, Giglain u. a. gefeiert. Die seit dem 13. Jahrh. entstehenden Romane sind nur Wiederholungen früher erzählter Geschichten unter verändertem Namen. Seit Ausgang des 12. Jahrh. gelangen die franz. Artusromane nach England, den Niederlanden, Deutschland, Schweden, Norwegen und Island. Sie werden in die Landessprachen übertragen und umgedichtet, in Deutschland von Ulrich von Zazikhoven, Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Wirnt von Grafenberg, Ulrich von Türheim u. a. Auch nach Italien und Spanien wanderte der Stoff, in späterer Zeit von Deutschland aus nach den slaw. Ländern, ohne sich hier selbständig fortzubilden. Neben und nach den Verserzählungen entstanden in Frankreich auch Prosaromane des Artuskreises (A., Lancelot, Merlin, Roman vom Gral, Tristan), die, nachdem die Reimfassung in Vergessenheit geraten, bis ins 16. Jahrh. gelesen und (in Paris und Rouen zwischen 1480 und 1530) gedruckt wurden. In Deutschland fanden einige Artusromane im 15. und 16. Jahrh. als Prosavolksbücher neue Teilnahme. In Wales, der Urheimat der Sage, bewahren einige Märchen ("The Mabinogion", hg. von Lady Charlotte Guest, 3 Bde., Lond. 1841-50) eine Artusdichtung, die von den franz. Romanen beeinflußt ist. Von neuern Dichtern hat mit Glück Tennyson (s. d.) einige Vorwürfe der Sage erneuert. - Vgl. San-Marte, Die Arthursage (Quedlinb. 1842); ders., Beiträge zur breton. und kelt.-german. Heldensage (ebd. 1847); Graesse, Die großen Sagenkreise des Mittelalters (Dresd. und Lpz. 1842); Villemarqué, Contes populaires des anciens Bretons (2 Bde., Par. 1842); ders., Les bardes bretons, poëmes du 6e sciècle (ebd. 1850; 2. Aufl. 1860); ders., Les Romans de la Table ronde (ebd. 1861); Holtzmann, A., in Pfeiffers "Germania", XII (Wien 1867); P. Paris, Les Romans de la Table ronde (5 Bde., Par. 1868-77); G. Paris, Etudes sur les Romans de la Table ronde, in der "Romania", Bd. X fg.; Nyrop, Den oldfranske Heltedigtning (Kopenh. 1883; italienisch von Garra, Flor. 1886); Zimmer, in den "Göttingischen Gelehrten Anzeigen", 1890, S. 488 fg.und 785 fg.; Rhys, Studies in the Arthurian legend (Lond. 1891).

Artusbrüderschaften, s. Artushöfe.

Artushöfe oder Junkerhöfe hießen im Mittelalter die namentlich in Preußen vorkommenden Gebäude der Artusbrüderschaften, wo sich deren Mitglieder, d. h. die vornehmere Bürgerschaft, mit ihren Gästen, nach Art von Artus' (s. d.) Tafelrunde, abends zu fröhlichen Gelagen versammelten. In Danzig ist ein solches im Innern reich geschmücktes Gebäude aus dem Ende des 15. Jahrh. erhalten. - Vgl. Hirsch, über den Ursprung der preußischen A., in der "Zeitschrift für preuß. Geschichte und Landeskunde", I (Berl. 1864).

Artusi, Giovanni Maria, musikalischer Theoretiker im Anfang des 16. Jahrh., durch seine Angriffe, auf Monteverdi gerichtet, bekannt. Sein Hauptwerk war die Betrachtung "Overo delle imperfettioni della moderna musica ragionamenti duo" (2 Tle., Vened. 1600-3). A. war ein Mann von großem und gründlichem Wissen, aber von beschränktem Kunstverstande. Er sah von der großen geistigen Umwälzung, die sich in der Musik seiner Zeit vollzog, nichts als die Schäden, die sie zunächst in dem bisherigen Harmoniegebäude anrichtete.

Artwin, türk. Liwane. 1) Bezirk im Gouvernement Kutais im russ. Transkaukasien, sehr gebirgig, im Flußgebiet des Tschoroch, hat 3907,5 qkm mit 73 402 E., meist Türken, dann Lasen, Armenier, russ. Kolonisten. - 2) Bezirksstadt von 1, links am Tschoroch, hat 3 Vorstädte, (1891) 6451 E., Post und Telegraph, eine armenisch-gregorianische Kirche, 3 armenisch-kath. Kirchen, 6 Moscheen; Lederfabriken und Ziegelbrennereien. Auf einem hohen Hügel liegen die Ruinen einer Festung.