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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ascherson; Aschertag; Aschines; Äschines; Aschinow

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Ascherson - Aschinow

2) Stadt im Kreis A., in 116 m Höhe, an der unweit der Stadt zur Wipper gehenden Eine und den Linien Halle-Bienenburg-Clausthal und Cöthen-A. (43,60 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Halberstadt), Zoll- und Steueramtes erster Klasse, eines Bezirkskommandos und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1890) 22 865 (11 182 männl., 11 683 weibl.) E., darunter 663 Katholiken und 160 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph mit Fernsprecheinrichtung, 3 luth. Kirchen, darunter die got. Hauptkirche St. Stephan (15. Jahrh.), 1 reform., 1 kath. Kirche, Synagoge, ein städtisches Gymnasium mit Realprogymnasium und Vorschule (Direktor Dr. Steinmeyer, 17 Lehrer, 11 Klassen, 196 Schüler, 3 Vorklassen, 99 Schüler), das bereits 1325 als Lateinschule erwähnt wird, Bürgerknaben- und Mädchen-, 4 Volksschulen, 3 Hospitäler nebst Armen- und Siechenhaus, Kleinkinderbewahranstalt, Kreditverein, Gas- und Wasserleitung, Freimaurerloge; ferner Fabrikation von Maschinen, Blech-, Papier- und Wollwaren (Decken und Flanelle), Chemikalien, Zündhölzern, Zucker, Knochenkohlen; Eisengießerei, Dampfziegeleien, Brauereien, Wasser- und Dampfmühlen, 2 Braunkohlengruben, Kalisalzwerk Schmidtmannshall (s. d.), bedeutenden Acker- und Gartenbau, Samenzucht (Zwiebeln, Zucker- und Mohrrüben), Ausfuhrhandel mit Getreide und Kartoffeln. Ungefähr 2 km unterhalb der Stadt an der Eine das 1881 angelegte Solbad Wilhelmsbad und oberhalb derselben auf dem steil nach dem Einethal abfallenden Wolfsberge die sog. "Alte Burg", eine sehr alte Wallburg mit Turmruine, jetzt beliebter Vergnügungsort, wohl ein Überrest des Stammsitzes der Askanier, deren Grafenschloß westlich der Stadt im sog. Burggraben gelegen hat. - A., wahrscheinlich vom Grafen Esiko von Ballenstedt im 11. Jahrh. gegründet und schon 1175 als Stadt bekannt, gehörte bis 1315 dem Haus Anhalt, kam 1332 nebst der Grafschaft an das Stift Halberstadt, 1648 an Brandenburg, 1808 an das Königreich Westfalen, 1813 an Preußen.

^[Abb.]

Ascherson, Paul Friedr. Aug., Botaniker, geb. 4. Juni 1834 zu Berlin, studierte daselbst Medizin und Naturwissenschaften, war dann einige Zeit als Arzt thätig, 1860-76 Assistent am Botanischen Garten zu Berlin, wurde 1865 gleichzeitig erster Assistent, 1871 zweiter Kustos am königl. Herbarium und 1873 außerord. Professor der Botanik an der Berliner Universität, an der er schon vorher Privatdocent war. Im Winter 1873-74 begleitete er Rohlfs auf der Expedition zur Erforschung der Libyschen Wüste und erforschte 1876 allein die sog. Kleine Oase. A. beschäftigte sich vorzugsweise mit der europ. und afrik. Flora. Er veröffentlichte eine "Flora der Provinz Brandenburg" (3 Abteil., Berl. 1859-64), war Mitarbeiter an Schweinfurths "Beitrag zur Flora Äthiopiens", Abteil. 1 (ebd. 1867), und bearbeitete für Rohlfs' Werk "Kufra. Reise von Tripolis nach der Oase Kufra" (Lpz. 1881) die aus dem mittlern Nordafrika bisher bekannten Pflanzen.

Aschertag, s. Aschermittwoch.

Äschines (Aischines), attischer Redner, geb. 389 v. Chr. zu Athen, entstammte einfachen Verhältnissen, war anfangs Schreiber, eine Zeitlang Schauspieler, ging aber dann ganz in die öffentliche Thätigkeit über. Diese bewegte sich der Zeitlage gemäß wesentlich um Athens Stellung zu Macedonien. Als entschiedener Parteigänger Philipps von Macedonien wirkte er namentlich dem Demosthenes (s. d.) entgegen, mit dem zusammen er schon 346 an der Friedensgesandtschaft an Philipp beteiligt war. Er gab durch seine kurzsichtige Politik beim Amphiktyonenbunde in Delphi 339 den Anlaß zum letzten Heiligen Kriege (s. d.), der die Schlacht von Chäronea 338 und die Unterwerfung Athens und Thebens unter Macedonien zur Folge hatte. Als der attische Patriotismus 336 dem Demosthenes einen goldenen Kranz für seine Verdienste um das Vaterland zuerkennen wollte, erhob A. deshalb Klage gegen den Antragsteller Ktesiphon. Der Prozeß kam erst 330 zur Verhandlung, in der nach einem weltberühmten Redekampfe A. unterlag und, da nicht der fünfte Teil der Stimmen für ihn war, zu der gesetzlichen Geldbuße verurteilt wurde. Er verließ darauf Athen, um nach Ephesus zu gehen. Nach Alexanders d. Gr. Tode begab er sich nach Rhodus, wo er eine Rednerschule errichtet haben soll, später nach Samos, wo er 314 starb. Eine schöne Statue des Ä. ist uns erhalten (jetzt in Neapel). Drei Reden von Ä. sind noch vorhanden, herausgegeben in den "Oratores attici" von Reiske, Bd. 3 u. 4 (Lpz. 1771; neue Ausg. 1808), Bekker, Bd. 3 (Oxford 1823; Berl. 1823), Baiter und Sauppe, Bd. 3 (Zür. 1840) und C. Müller, Bd. 2 (Par. 1858); gesondert von Bremi (2 Bde., Zür., 1823-24: deutsche Übersetzung von demselben 3 Bdchn., Stuttg. 1828-29), Benseler (mit deutscher Übersetzung, 3 Bdchn., Lpz. 1855-60), Franke (2. Aufl., ebd. 1873), Schultz (ebd. 1865), Weidner (Berl. 1872), ders., "Rede gegen Ktesiphon" (ebd. 1878". Zwölf Briefe, die des Ä. Namen tragen, hat die Kritik als unecht verworfen. - Vgl. Stechow, De Aeschinis oratoris vita, Tl. 1 (Berl. 1848); Castets, Eschine l'orateur (Nimes 1872); Marchand, Charakteristik des Redners Ä. (Jena 1876).

Aschines (Aischines), der Philosoph, Schüler des Sokrates, aus Athen. Die Alten erwähnen von ihm sieben sokratische Gespräche, die nicht erhalten sind. Sie sollen den sokratischen Geist sehr treu wiedergegeben haben; eine selbständige Bedeutung als Philosoph scheint Ä. nicht gehabt zu haben, wie er denn auch keine Schule gründete.

Aschinow (Atschinow), Nikolaj Iwanowitsch, russ. Abenteurer, genannt der "freie Kosak", führte ein wüstes Abenteurerleben und verleitete friedliche Bauern und andere leichtgläubige Menschen, sich als "freie Kosaken" am Schwarzen Meer und in den Kaukasusgegenden anzusiedeln. Durch seine Schwindeleien gewann er die russ. Presse für sich und wurde in seinem angeblich menschenfreundlichen Streben von Privatpersonen mit Geld unterstützt. Zur Ausführung seines Planes, Abessinien für Rußland und die griech.-kath. Kirche zu gewinnen, ging A. 1886 dorthin und rühmte sich bei seiner Rückkehr, an der Spitze einer Schar freier Kosaken gegen die Italiener mitgekämpft zu haben. Im Anfang 1889 ging er mit einer Anzahl von Kosaken und Mönchen unter dem Missionar Paissios wieder nach Abessinien und landete Febr. 1889 in der den Franzosen gehörenden Tedschurabai bei Obok. Die Franzosen hinderten die Russen zwar nicht, sich dort niederzulassen, verlangten aber die Auslieferung der Waffen; als A. sich dessen weigerte, wurde sein Lager bei Sa-^[folgende Seite]