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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Asien (Politische Geschichte. Entdeckungsgeschichte)

bilin-Kohlenfeldern im Bau. In Palästina wurde die Eisenbahn Jaffa-Ramleh-Jerusalem 1892 fertiggestellt. Für eine Eisenbahn auf Cypern, welche den Hauptort Levcosia mit Larnaka, Famagusta und Tricomo verbinden soll, sind die Vorarbeiten beendigt. Nähere Angaben s. in den Einzelartikeln. - Vgl. Röll, Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens (Wien 1890); Archiv für Eisenbahnwesen (Berl. 1887, 1888, 1890, 1891).

Politische Geschichte. A. ist neben Ägypten der älteste Schauplatz der Weltgeschichte; seine Kraft strömte früh aus in die Nachbarkontinente (Phönizier im Ägäischen Meer und in Nordafrika, Perser in Ägypten und auf der Balkanhalbinsel). Zwar hatte die erste große europ. Invasion in A. seit Alexander d. Gr. die oberflächliche Hellenisierung Kleinasiens und Syriens und vereinzelte griech.-macedon. Kolonien bis zum Indus und Jaxartes im Gefolge, doch begann mit den Arsaciden und Sassaniden eine nachhaltige Rückflutung orient. Wesens in Religion, Staatswesen und Sprache, wodurch die abendländ. Kultur auf die röm. Provinzen Vorderasiens diesseit des Euphrats beschränkt, durch den aufstrebenden Islam aber auch hier allmählich bis zu den Küsten des Archipelagus zurückgedrängt wurde. Durch das Völkerthor im Norden des Kaspischen Meers brachen am Wendepunkt des Altertums asiat. Horden, die Hunnen ergossen sich über Europa; im spätern Mittelalter überschwemmten Dschingis Chans und Timurs Reiterscharen Osteuropa, während Araber Chalifate in drei Weltteilen gegründet hatten und in den Kreuzzügen (der zweiten europ. Invasion) das Blut der "Franken" wiederholt, wenn auch schließlich ohne bleibendes polit. Ergebnis, asiat. Gefilde tränkte. Der Schatten des Oströmischen Reichs sank vor der Schärfe des osman. Schwerts, und noch gegenwärtig beherrscht der Türke einen durch die Ereignisse seit 1877 allerdings sehr verkleinerten Teil Europas, in dem überdies seine Herrschaft erschüttert ist. Doch mit dem Erstarken des modernen Staates in Europa, mit dem Erblühen seiner geistigen Kraft wurde nicht bloß das asiat. Außenstreben gehemmt, sondern auch der abendländ. Einfluß auf die ruhenden Massen des Orients immer entschiedener. Als ruhende Massen kann man mit Recht die großen Nationen A.s bezeichnen; denn wenn auch Empörungen und Kriege in ihrer neuern Geschichte aufgezeichnet sind, so war doch das Ergebnis derselben für sie nie ein kulturgeschichtlicher Gewinn. Seitdem der Seeweg nach Ostindien europ. Schiffen geöffnet war, pflanzten Portugiesen, Spanier, Holländer, Franzosen, Dänen und Engländer ihre Banner in den nördl. Gestadeländern des Indischen Oceans auf. Die Engländer breiteten besonders schnell ihren Einfluß in Indien aus, brachten, außer mehrern einzelnen für Handel und Seeherrschaft äußerst vorteilhaft gelegenen Punkten, fast die ganze Vorderindische Halbinsel und den Westen Hinterindiens in ihren Besitz und beschränkten allmählich die Kolonien der übrigen Europäer. Portugiesisch blieben nur Macao, Diu, Daman, Goa und Ost-Timor; spanisch die Philippinen; französisch Chandarnagar, Janaon, Pondichéry, Karikal und Mahé; doch haben sich die Franzosen neuerdings in Cochinchina und Kambodscha, Annam und Tongking festgesetzt. Dagegen beherrschen die Niederländer als zweite Kolonialmacht fast ganz Australasien (Teile von Borneo, ganz Sumatra, Java, Celebes, die Molukken und die Kleinen Sunda-Inseln). Während der Süden solchergestalt von europ. Leben ergriffen worden war, erweiterte Rußland seine Macht über Sibirien, die Kaukasusländer und die turan. Chanate, dort die Schlüssel zu China, hier die Pforten zu Persien beherrschend.

Die seit 1881 in A. eingetretenen Gebietsveränderungen wurden überwiegend durch das stetige Vordringen der Russen in Centralasien und durch die Kolonialpolitik Frankreichs und Großbritanniens auf der Hinterindischen Halbinsel hervorgerufen. Durch den 21. Febr. 1881 zu Petersburg abgeschlossenen und 16. Aug. ratifizierten russ.-chines. Grenzvertrag wurde der größte östl. Teil des Iligebietes, welches seit 1871 von russ. Truppen besetzt war, an China zurückgegeben, wogegen letzteres ein Steppengebiet von 24 167 qkm am Schwarzen Irtysch oberhalb des Saisan-nor an Rußland überließ. Der kleine westl. Teil des Ili- oder Kuldschagebietes, der damals völlig in russ. Besitz überging, hat einen Flächeninhalt von 11 288 qkm mit einer Bevölkerung von 70 000 E. Am 9. April 1881 fand zu Askabad die förmliche Unterwerfung der Teke-Turkmenen unter die Herrschaft des Zaren statt, worauf bezüglich der Grenze des Transkaspischen Gebietes Rußland und Persien eine Vereinbarung trafen, die 21. Dez. 1881 zu Teheran unterzeichnet wurde. Am 11. Febr. 1884 erkannten auch die Turkmenen von Merw die Oberhoheit Alexanders III. an. Schon ein Jahr später rückte General Komarow an die Grenze Afghanistans vor und besetzte daselbst den von Serachs nach Herat führenden Sulfikarpaß nebst einigen andern strategisch wichtigen Punkten (Febr. 1885), und 13. Febr. 1886 fand der Einzug russ. Truppen in Pendschdeh statt. War das nordische Kaiserreich seit 1881 in der Richtung auf Afghanistan und damit auf Indien in stetem Anwachsen begriffen, so hatten die Briten auf dieser Seite bereits im Okt. 1880 ihre festen Stellungen zu Kurum, Pischin und Siwistan geräumt, womit die im Vertrag von Gandamak (26. Mai 1879) gezogene sog. wissenschaftliche Grenze Britisch-Indiens aufgegeben und die ältere westl. Grenzlinie des Indobritischen Reichs wieder in Geltung getreten war. Annam mußte im Vertrag vom 6. Juni 1884 die Schutzherrschaft Frankreichs anerkennen, während die annam. Provinz Tongking unter franz. Verwaltung kam. Kambodscha, welches bereits seit 1863 unter der Schutzherrschaft Frankreichs stand, geriet durch den Vertrag vom 17. Juni 1884 in noch größere Abhängigkeit von diesem Staate. Birma wurde nach dem Feldzug der Engländer gegen König Thibo 1. Jan. 1886 dem Indobritischen Reiche einverleibt. Jetzt ist Siam, das 1893 das linke Me-kong-Ufer an Frankreich abtreten mußte, der einzige dem Namen nach unabhängige Staat Hinterindiens von einiger Bedeutung. In Ostasien erwarb Japan durch den glücklichen Krieg mit China 1895 nicht nur die Inseln Formosa und Pong-Hu, sondern auch die entschiedene Vorherrschaft.

Entdeckungsgeschichte. Im Altertum verdanken wir den Griechen fast allein die wachsende Erkenntnis des größten Erdteils. Wie an den Ufern des Ägäischen Meers sich die Gegensätze von Morgenland (Asien) und Abendland (Europa) zuerst klarer entwickelten, so spielen auch in der mythischen Zeit die Erinnerungen an die ersten Entdeckungsfahrten nach einem fernen Goldlande (Kolchis, Argonauten) und die Kämpfe um eine Königsburg (Troja) an den Gestaden der kleinasiat. Halbinsel eine große