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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Atelomyelie - Athabasca

und Gestikulation waren derb, das Sujet und ganze Scenen oft sehr schmutzig, die Sprache die des gemeinen Lebens. Um den Beginn des 1. Jahrh. v. Chr. wurden die A. kunstmäßig ausgebildet, von Dichtern verfaßt und von Schauspielern aufgeführt, und zwar regelmäßig als Nachspiel nach ernsten Stücken, als Schlußstück (exodium), um die Gemüter wieder zu erheitern. Es waren wahrscheinlich einaktige Possen mit operettenhaftem Anflug, mitunter Travestien von Tragödien, auch die politische und persönliche Satire scheint gelegentlich Raum gefunden zu haben. Als Verfasser sind L. Pomponius, Novius und aus der Kaiserzeit Mummius bekannt. Erhalten sind einige Bruchstücke und zahlreiche Titel, zusammengestellt nach Bothe und Munk von Ribbeck in «Scaenicae Romanorum poesis fragmenta» (2. Aufl., Bd. 2, Lpz. 1873).

Vgl. Schober, Über die Atellanischen Schauspiele der Römer (Lpz. 1825); Weyer, über die A. der Römer (Mannh. 1826); Klenze, Philol. Abhandlungen (Berl. 1839); Munk, De fabulis Atellanis (ebd. 1840); Keller, De lingua et exodiis Atellanarum (Bonn 1850); Wölfflin, Atellanen- und Mimentitel (im «Rheinischen Museum für Philologie», Bd. 43, 1888).

Atelomyelie (grch.), die unvollkommene Entwicklung des Rückenmarks.

Atem, s. Atmung.

Atemlosigkeit, s. Apnoe.

Atemmesser, s. Spirometer.

Atemnot, s. Dyspnoe.

A tempera malen, s. Tempera.

A temppo (ital.), zu gleicher Zeit; auch zur rechten Zeit; in der Musik die Bezeichnung, daß nach einer im Recitativstile oder ad libitum gehaltenen Stelle wieder strengeres Zeitmaß eintritt; a tempo giusto (spr. dschusto), in passender Bewegung; a tempo primo, im frühern Zeitmaße (s. Tempo).

Atena Lucana, Stadt im Kreis Sala Consilina der ital. Provinz Salerno, in dem vom Tanagro durchströmten Valle di Diano, hat (1881) 2554 E. A. L., im Altertum Atinum oder Atiaa, gehörte zu Lucania und lag an der Heerstraße von Salernum nach Heraclea; von der alten Stadt stehen noch Reste eines Amphitheaters, Mauern und Türme. Der Ort wurde 1857 durch ein Erdbeben fast ganz zerstört.

Atermoiement (frz., spr. -mŏammáng), Verlängerung, Aufschub der Zahlungsfrist; atermŏyieren (spr. -moaji-), die Zahlungsfrist verlängern, aufschieben; sich atermoyieren, sich mit seinen Gläubigern auf gewisse Termine vereinigen.

Aternat (neulat.), ewige Zeit, unbeschränkte Dauer. Insbesondere bezeichnet man mit A. eine Festsetzung der Friedenspräsenz (s. d.) des deutschen Heers auf unbestimmte Zeit, wie sie die Reichsregierung Anfang Febr. 1874 bei der Vorlage des ersten Reichs-Militärgesetzes vorgeschlagen hatte, im Gegensatz zu dem Septennat (s. d.).

Aternus, alter Name des Flusses Pescara (s. d.).

Atessa, Stadt im Kreis Basto der ital. Provinz Chieti, auf einem erloschenen Vulkan, 18 km vom Adriatischen Meere, hat (1881) 10111 E., Wollmanufaktur und Handel mit eingesalzenen Fischen.

Ath, Hauptstadt des Arrondissements A. der belg. Provinz Hennegau, früher Festung, an der schiffbaren Dender, 22 km nordwestlich von Mons, an den Linien Denderleeuw-A. (40 km), Jurbise-Tournai, Hal-A. (38 km) und St. Ghislain-A. (23 km) der Belg. Staatsbahnen, hat 9868 E., bedeutende Leinwandmanufakturen, Kattundruckereien, Färbereien, Spitzen-, Handschuh-, Seifen- und ansehnliche Messerfabriken, Eisenhämmer und lebhaften Handel. Die Festungswerke wurden 1781 geschleift, 1815 wiederhergestellt, aber nach 1830 völlig abgetragen. A. ward mehrmals belagert und erobert, namentlich 1697 von Catinat und Bauban, der hier die Parallelen zuerst systematisch in Anwendung brachte, ebenso 1706 von den Alliierten unter dem holländ. General Ouwerkerk und 28. Sept. eingenommen. Die Franzosen eroberten A. 8. Okt. 1745 nach kurzer Belagerung und besetzten es 8. Nov. 1792 abermals.

Athabasca (Athapasca), indian. Name eines der bedeutendsten Ströme im brit. Nordamerika, früher von den Franzosen Rivière la Biche, von den Engländern Elk-River genannt, eigentlich nur der Oberlauf des Mackenziestroms, entspringt aus einem Gebirgssee (Punch Bowl) in einem der höchsten Teile der Rocky-Mountains, in der Nähe des Mount-Hooker(4785m) und Mount-Brown (4880m) unter 52° 10' nördl. Br., nimmt links den Abfluß des Kleinen Sklavensees auf und mündet nach einem im allgemeinen nach NNO. gerichteten Laufe von 1040 km in den über 7700 qkm großen Athabascasee. Letzterer erstreckt sich, etwa 30 km von N. nach S. breit und an 330 km lang, unter 59° nördl. Br. und 107-112° westl. L. von Greenwich von O. nach W. und empfängt an feinem östl. Ende den Tutaunay, der in Verbindung mit dem Wollastonsee, dem Deer- und dem Indianersee und dem die beiden letztern durchfließenden Churchill die Hudsonsbai, in die sich der letztere ergießt, mit dem Mackenzie verbindet. Der A. nimmt nach seinem Austritte aus dem Athabascasee den Namen Strong-River an, vereinigt sich bald nachher mit dem aus W. kommenden Undschiga oder Friedensfluß (Peace-River) und führt nun seine Gewässer als Großer Sklavenfluß in den Großen Sklavensee, von dem aus er dann weiter als Mackenzie (s. d.) in den Arktischen Ocean geht. Unweit der Quelle des A. führt die Athabasca Portage (über 2200 m), ein von Gletschern umgebener, von den nordamerik. Pelzhändlern viel benutzter Paß zwischen Mount-Hooker und Mount-Brown westlich in das Thal des in den Stillen Ocean sich ergießenden Columbia, mithin aus den Hudsonsbailändern nach Britisch-Columbia hinüber.

Athabasca, Distrikt des Dominion of Canada, 1882 organisiert, zwischen 55° und 60 nördl. Br., sowie zwischen 111° 30' und 120° westl. L. von Greenwich, grenzt im S. an den Distrikt Alberta, im W. an die Provinz Britisch-Columbia und wird von dem zum Sklavenfluß gehenden Peace-River, dem A. und dem zum Großen Sklavensee gehenden Hay-River bewässert. Der Distrikt hat 274000 qkm und ist in seinem östl. Teile eine unbewohnbare Sumpf- und Felsenwüste, die den Biberjägern reiche Jagdbeute, jährlich bis 8000 Felle liefert. Die fruchtbaren, 50000 qkm großen Gebiete liegen auf dem vom Fuße der Felsengebirge zum Athabascasee sich hinneigenden Hochplateau, in das der Peace-River ein bis 270 m tiefes Thal eingeschnitten hat. Üppiger Graswuchs bedeckt diese wasserreiche Ebene, die in ihren südlichsten Teilen Weizenbau ermöglicht; der schon im August eintretende Winter verhindert in den nördl. Teilen den Weizenbau, gestattet aber den Anbau von Gerste, Hafer und andern Feldfrüchten; am besten wird sich jedoch die Landschaft zur Viehzucht eignen.