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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Äthiopien

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Äthiopien'

hatten die Könige bereits auch in Südarabien festen Fuß gefaßt. Die Oberherrschaft über Südwestarabien wurde, mehr oder weniger bestritten, bis um die Mitte des 6. Jahrh, aufrecht erhalten.

Das Christentum fand seit Mitte des 4. Jahrh. im Reiche Eingang, größere Fortschritte machte es aber erst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrh. (s. Abessinische Kirche). Jedenfalls waren von etwa 500 n.Chr. an das Königshaus und der Hauptteil des Reichs christlich. 525 fand der berühmte Krieg des christl. Abessinierkönigs gegen den jüd. König Dhu-Nuwâs von Himjar (s. Himjariten) statt. Bald darauf scheint sich die Abhängigkeit Südarabiens gelockert und allmählich aufgehört zu haben. Im übrigen ist über diese lange Periode des Axumitischen Reichs fast nichts überliefert. Als letzter König der Reihe wird in den Listen Delnaod genannt. Ihm sei das Reich von dem nichtsalomonischen Hause Zâguê geraubt und die bisherige Dynastie bis auf einen Prinzen, der in Schoa Zuflucht fand, ausgerottet worden; dieser habe das Geschlecht fortgeführt und von ihm stamme im achten Geschlecht der spätere König Jekunô-Amlâk ab. Die Dauer der Regierung derer von Zâguê (nach den meisten Berichten 11 Könige) wird auf 330 bis 376 Jahre angegeben. Aus diesem Hause erstanden mehrere durch ihren Eifer für das Christentum ausgezeichnete Herrscher, wie Jemrehana-Christos, Lalibalâ, Naakuetô-Laab; besonders der heil. Lalibalâ ist durch die vielen kunstvollen, schönen Kirchen, die er angeblich durch ägypt. Werkmeister ganz in Felsen lebendigen Gesteins aushauen ließ, berühmt geworden.

Im J. 1270 kam in Jekunô-Amlâk die alte Dynastie wieder auf den Thron und blieb nun in ununterbrochenem Besitz. Von Jekunô-Amlâk an werden die Nachrichten etwas sicherer und zusammenhängender, obgleich erst mit dem bedeutenden Herrscher Zar'a-Jacob (1434–67) die ausführlichen Annalen beginnen. Von seinen Vorgängern ist aus einheimischen Berichten Ausführlicheres nur bekannt über Amda-Zion (erste Hälfte des 14. Jahrh.) und seine Kriege gegen die Mohammedaner. Die dritthalb Jahrhunderte von Jekunô-Amlâk bis auf Zar'a-Jacobs Sohn Baëda-Marjam (1468–78) und Enkel Alexander (1478–94) bilden die zweite Blütezeit des Reichs. Die Könige wußten in diesem Zeitraume ihr Ansehen und die christl. Herrschaft zu wahren, blieben in ihren Kämpfen mit den umliegenden kleinern Reichen und Stämmen, namentlich auch mit dem moslem. Adal, siegreich und machten manche von diesen sich zinsbar.

Von König David (Lebna-Dengel, 1508–40) an beginnt das Reich zu sinken. Zu diesem Verfalle wirkten der Reihe nach die Moslems, die heidn. Gallavölker und die portug.-röm. Bekehrungsversuche zusammen. Die alten Feinde der Abessinier, die Moslems von Adal, bekamen durch die Hilfe der Türken und deren bessere Schießwaffen in der ersten Hälfte des 16. Jahrh, das Übergewicht über die Abessinier. Namentlich war es Achmed, genannt Granje, Sultan von Adal, der unter Lebna-Dengel die abessin. Provinzen der Reihe nach eroberte, Kirchen, Klöster und Dörfer, besonders in Tigre, verwüstete, Schätze raubte, so daß der König nur noch in unzugänglichen Schlupfwinkeln Zuflucht fand. Gegen diesen Feind schickte auf die Bitte Davids der König von Portugal Christoph de Gama mit 450 Musketieren und einigen Geschützen zu Hilfe. Sie trafen unter Davids Nachfolger Claudius ↔ (Atznâf-Sagad, 1540–59) ein, und mit ihrer Hilfe gelang es nach und nach, sich des Vordringens der Moslems und des Sultans Granje zu erwehren (1543). Doch alle Provinzen konnten auf die Dauer nicht geschützt werden, und einige Punkte der östl. Grenze, namentlich Häfen, gingen bald ganz an die Türken verloren. Noch mehr aber als diese Kriege trugen zur Schwächung des Reichs bei die räuberischen Einfälle der Nomaden vom Gallavolk aus dem Süden her. Während der Kriege mit den Moslems waren sie schon gefährlich geworden; ihre Einfälle begannen in bedeutenderm Maßstabe in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., besonders von König Sartza-Dengel (Malak-Sagad 1563–97) an. Dem Andrang dieser Gallastämme war der Süden des Reichs bis tief in das Innere hinein nun über ein Jahrhundert lang ausgesetzt, und wie ein Stamm von ihnen das Reich Adal zu Grunde richtete, so überschwemmten andere allmählich die schönsten und reichsten Provinzen Abessiniens und nahmen sie in Besitz. Erst am Anfang des 18. Jahrh. wurde ihre Kraft gebrochen, so daß Galla in abessin. Provinzen zum Teil wieder dem Könige zinsbar wurden, teilweise sich mit der christl. Bevölkerung vermischten. Endlich kamen dazu noch die innern kirchlichen Streitigkeiten und Bürgerkriege infolge der wiederholten Bekehrungsversuche der röm. Kurie. Schon unter Lebna-Dengel, der die Portugiesen zu Hilfe rief, nahm die röm. Kirche Anlaß, ihre Missionare dorthin zu schicken. Zwar die erste größere jesuitische Mission, mit Nonius Barretus und Andreas Oviedus an der Spitze, die 1556 dorthin abging, konnte unter den Königen Claudius, Minas (1559–63) und Sartza-Dengel keinen rechten Boden gewinnen und war am Ende des 16. Jahrh. ganz fehlgeschlagen. Erst unter König Susneus (1607–32) gelang es den Jesuiten, festen Fuß zu fassen. Susneus unterwarf sich dem röm. Stuhle, nahm Alfons Mendez als röm. Patriarchen von Abessinien bei sich auf und suchte mit Gewalt die einheimische Religion zu unterdrücken und das röm. Bekenntnis einzuführen. Doch sah selbst er durch den offenen Aufstand seines Volks sich schließlich genötigt, die Religionsübung wenigstens freizugeben, und unter seinem Nachfolger Fasiladas (1632–67) wurden die Jesuiten mit ihrem Anhange aus dem Lande geschafft und der röm. Kirche dort ein Ende gemacht.

Die Geschichte der Könige des folgenden Jahrhunderts: Johannes (1667–82), Jasus I. (1682–1706), Takla-Haimanôt I. (1706–8), Theophilus (1708–11), Justus (1711–16), David III. (1716–21), Bakafa (1721–30), Jasus II. (1730–55), bietet wenig Bemerkenswertes. Am Ende dieses Zeitraums, unter Joas (1755–69), waren nicht bloß schon einzelne Provinzen ganz abgerissen, sondern auch die Macht des Königs über die übrigen ganz gesunken, und ein Ras Michael (ursprünglich Statthalter von Tigre) hatte thatsächlich die wirkliche Königsmacht an sich gerissen, die er auch unter dem folgenden Könige Johannes II. (1769) und eine Zeit lang unter Takla-Haimanôt II. (1769–77) behauptete. Die Könige waren nur noch Namenkönige und Spielbälle in der Hand der Ras (Häuptlinge), die sich um die Oberherrschaft und Bevormundung des Königs stritten. Die Hauptprovinzen wurden meist selbständig und unabhängig voneinander, und die Geschichte des Reichs verlief sich in eine Reihe von fortwährenden blutigen Bürgerkriegen, bis es 1854 dem Häuptling Kâsa als

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 33.