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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Aussatz; Ausschalter; Ausscharen; Ausschiffen; Ausschlag; Ausschlageisen

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Aussatz - Ausschlageisen

stoffe, namentlich der in Wasser löslichen Anilin- und Azofarben, technisch angewendet.

Aussatz (erst seit dem 14. Jahrh., vorher Miselsucht), auch Maalzei oder Lepra genannt, bezeichnet bei den ältern Ärzten eine Menge von langwierigen, entstellenden und mit abschreckenden Hautausschlägen oder Geschwüren verbundenen Krankheiten, welche man für ansteckend hielt, so daß man die davon Befallenen von der bürgerlichen Gesellschaft ausschloß, ans den Städten verjagte, also aussetzte, daher der Name Aussätzige oder Sondersieche (Leprosen). Als im Mittelalter die Zahl solcher Kranken zunahm, gründete man für sie besondere Aussatzhäuser (Leproserien), d.h. Hospitäler, in welchen diese Kranken verwahrt und gepflegt wurden. Vieles, was man ehedem zum A. gerechnet hat, mag wohl jetzt zu den syphilitischen oder skrofulösen Krankheitsformen gerechnet werden. Aber auch jetzt bleiben noch Krankheiten übrig, welche man unter den obigen Namen als lepröse Krankheitsformen begreift. Sie kommen hauptsächlich in Küstenländern unter der ärmern Volksklasse einheimisch (endemisch) vor. Dahin gehören besonders die tropischen Aussatzkrankheiten im Ost- und Westindien, Brasilien, Surinam u. s. w.), ferner die Aussatzformen in der Levante und Arabien, in Südeuropa, z. B. die Krimsche Krankheit, die Lova in Griechenland, die Falcadina in Dalmatien, die Asturische Rose, der Galicische A. in Nordspanien u. s. w. In Nordeuropa sind hierher zu rechnen: das norweg. Spedalske Sygdom, die Liktraa in Island, vielleicht auch die Radesyge Skandinaviens und die Dithmarsche Krankheit Holsteins. Der echte A. ist eine chronische konstitutionelle Erkrankung, welche sehr augenfällige Veränderungen (Verfärbung, Knoten- und Geschwürsbildung) auf der Haut, den Schleimhäuten, in den Nerven und Knochen veranlaßt und zumeist ein langdauerndes Siechtum mit schließlichem tödlichem Ausgang zur Folge hat. Man unterscheidet gewöhnlich zwei verschiedene Formen des A., den Knollenaussatz oder knotigen A. (Lepra nodosa), bei welchem sich große, anfangs harte Knoten unter der Haut und den Schleimhäuten bilden, die später allmählich erweichen und in fressende, die benachbarten Weichteile zerstörende Geschwüre übergehen und den glatten oder an ästhetischen, wohl auch verstümmelnden A. (Lepra anaestetica s. mutilans), wo erst einzelne Hautstellen mißfarbig (aschgrau oder rotbraun) und völlig empfindungslos werden, dann aber ein Glied nach dem andern brandig abstirbt und sich aus dem Gelenke ablöst. Die Verstümmelungen, welche der A. im Gefolge hat, sind mitunter geradezu entsetzlicher Art; bisweilen verlieren die Kranken Nase und Augen, Hände und Füße, so daß nur noch Kopf, Rumpf und ungestaltete Stümpfe von den Extremitäten übrigbleiben. Als Vorzeichen (Aussatzmäler, Morphaea) gelten seit alten Zeiten bis jetzt die sich bei solchen Kranken anfangs unter herumziehenden Schmerzen einstellenden mißfarbigen, harten, meist schuppigen, auch wohl unempfindlichen Flecke auf der Haut. Die mittlere Dauer des knotigen A. beträgt etwa 9-10, die des glatten oder anästhetischen A. 18 Jahre. Bisweilen finden sich beide Formen des A. an einem und demselben Kranken gleichzeitig vor. Über die Ursache dieser verstümmelnden Krankheit, um deren Kenntnis sich namentlich die norweg. Forscher Danielssen, Boeck und Armauer Hansen, sowie Hebra, Virchow und Baetz verdient machten, haben erst die Forschungen der neuesten Zeit genügenden Aufschluß gegeben: der A. entsteht, wie die Tuberkulose, durch eigenartige Bacillen (Leprabacillen), mikroskopisch kleinste niedrige Organismen aus der Klasse der Bakterien, die sich in großer Menge in den Knoten und Geschwüren der Kranken vorfinden.

Der Leprabacillus, von Hansen und Neißer 1880 entdeckt, von Bordoni-Uffredazzi künstlich kultiviert, gleicht an Form und sonstigen Eigenschaften dem Tuberkelbacillus aufs genaueste; nur seine charakteristische Färbung geschieht etwas leichter, und seine Kulturen haben ein etwas anderes makroskopisches Aussehen. Bei diesen Analogien ist die Veränderung, welche von beiden Bacillenformen im Gewebe hervorgerufen wird, zwar in vielen Stücken verschieden (so fehlt z. B. die Verkäsung im Lepraknoten), im wesentlichen aber doch gleicher Natur.

Ein specifisches Heilverfahren des A. ist bis jetzt noch nicht bekannt; man muß sich auf eine rein symptomatische Behandlung, auf Hebung der Ernährung, Linderung der Schmerzen, örtliche Behandlung und Ausschneidung der Knoten und Geschwüre u. s. w. beschränken. Nur in den Anfangsstadien der Krankheit scheint eine Heilung möglich, wenn der Kranke die Gegend, in welcher er vom A. ergriffen wurde, rechtzeitig und für immer verläßt. Neuerdings sind wiederholt günstige Erfolge durch Einspritzungen mit Tuberkulin erzielt worden.

Vgl. Danielssen und Boeck, Traité de la Spédalskhed ou Eléphantiasis des Grecs (aus dem Norwegischen, mit Atlas, Par. 1847); Zur Geschichte des A. und der Spitäler in Virchows «Archiv für pathol. Anatomie», Bd. 18-22 (Berl. 1860-62); Virchow, Die krankhaften Geschwülste, Bd. 2 (ebd. 1865); Häser, Lehrbuch der Geschichte der Medizin. Bd. 2 (3. Aufl., Jena 1881); Münch, Die Zaraath (Lepra) der hebr. Bibel (Hamb. 1893); Marsden, Reise zu den Aussätzigen in Sibirien (deutsch Lpz.1894).

Über den A. der Schweine s. Finnenkrankheit.

Ausschalter, Vorrichtung zum Offnen und Schließen von elektrischen Stromkreisen.

Ausscharen, s. Scharen.

Ausschiffen, Personen von Bord eines Schiffs an das Land schaffen, während für das Ausladen der Güter der Ausdruck Löschen üblich ist.

Ausschlag, soviel wie Gutgewicht (s. d.), hier und da aber auch noch eine besondere Gewichtsvergütung von gewöhnlich ½ bis 1 Proz., die dem Käufer außer dem Gutgewicht gewährt wird. Ursprünglich ist A. der kleine Überschuß an Ware, durch welchen die Wagschale zu Gunsten des Käufers zum Sinken gebracht wird.

Ausschlag oder Exanthem, diejenigen Hauterkrankungen, bei welchen sich mehr oder minder zahlreiche umschriebene sog. Hautblüten oder Efflorescenzen (Flecken, Knötchen, Knoten, Quaddeln, Bläschen oder Pusteln) auf der Haut bilden. Sofern der Ausbruch derselben von einem Fieber begleitet ist, heißen sie hitzige A., während man das Fieber selbst als exanthematisches Fieber bezeichnet, z. B. Masern, Scharlach, Pocken, gewisse Typhusformen u. s. w. Die Hauptheilmittel gegen A. bilden Bäder und Waschungen, Seifen, Teerpräparate, Bleisalben und Ätzmittel. (S. Hautkrankheiten.)

Ausschlageisen oder Locheisen, ein kurzer Hohlcylinder von gehärtetem Stahl, am untern